Das US-Start-up Nikola hat dem Diesel den Kampf angesagt und setzt im Schwerlastverkehr stattdessen auf rein batterieelektrischen Antrieb und Brennstoffzelle. Der für Europa gedachte Truck Nikola Tre wird im Joint Venture mit Iveco in Ulm gebaut. Im Interview mit der Automobilwoche erklärt Iveco-Chef Gerrit Marx, wie es zur Zusammenarbeit kam, was das Fahrzeug kann und was Nikola-Chef Trevor Milton mit Robert Bosch und Gottlieb Daimler verbindet.
Herr Marx, wie ist die Partnerschaft von Iveco mit Nikola eigentlich entstanden?
Die strengen CO2-Vorgaben der EU für Nutzfahrzeuge sind ohne emissionslose elektrische Antriebe nicht zu erreichen. Wer heute eine solche Plattform für Schwerlastwagen modular sowohl mit rein batterieelektrischem als auch Brennstoffzellen-Antrieb serienreif auf die Beine stellen will, der braucht als Hersteller je nach Einbeziehung von Lieferanten 1,5 Milliarden Euro oder mehr. So etwas kann sich Iveco allein nicht leisten.
Deshalb haben Sie sich umgeschaut?
Daher haben wir uns Anfang 2019 gezielt auf die Suche nach einer komplementären Partnerschaft in diesem Feld gemacht. Nicht-lineares, unkonventionelles Denken war gefragt. Genau das haben wir mit Nikola Motor und seinem Gründer Trevor Milton gefunden.
Wie sieht die Arbeitsteilung aus?
Wir steuern unseren neuen Schwerlastwagen, den Iveco S-Way, bei. Nikola übernimmt das Design des modularen elektrischen Antriebsstrangs, die Software-Architektur samt Infotainment sowie das Thermomanagement und mehr. Bei den vielen Gesprächen im Sommer 2019 haben wir schnell herausgefunden, dass das gut zusammenpasst. Derzeit bauen wir die ersten seriennahen Prototypen auf, die im Herbst erstmals in den Testbetrieb gehen sollen. Parallel zum Fortschritt im Produkt haben wir bereits die beiden Produktionshallen saniert und bereiten diese für den Produktionsanlauf im kommenden Jahr vor.
Wer bringt welche Kompetenzen mit?
Am Anfang sind wir gemeinsam alle Subsysteme in der Hard- und insbesondere Software durchgegangen, was schnell zum Ergebnis führte. Iveco und FPT Industrial bringen das Lkw-Chassis und Kabine ein, dazu die Produktionskompetenz, die Zulieferer und die Erfahrung unserer Top-Ingenieure. Von Nikola kommt neben dem Design das System für die Auslegung und Steuerung der Batterien und Brennstoffzelle, das neue Infotainment sowie Innovationen in der Konnektivität, die gemeinsam mit unserem Digital-Team abgestimmt werden. Eine solche High-Tech-Company wie Nikola Motor kann das Kapital und die benötigten Talente in neuen Themen viel leichter akquirieren als wir. Außerdem bringt Nikola auch Experten und Technologien im Ökosystem der Wasserstoffproduktion, -distribution sowie -betankung mit, ohne die diese Energiewende im Nutzfahrzeug zeitnah nicht funktionieren wird.