Erfolgreich durch die Branchenkonsolidierung

Die Konsolidierung im Handel ist im vollen Gange. Viele kleine und mittelgroße Händler gehen dabei in den Branchenschwergewichten auf. Erst jüngst wurde bekannt, dass sich die Emil Frey Gruppe den BMW-Händler Vogel einverleibt. Zuvor gaben bereits die May & Olde Gruppe, die Ernst-, die Pfohe- oder die Torpedo-Gruppe ihre Unabhängigkeit auf. Doch es gibt auch mittelgroße Händler, die sich stattdessen ihrerseits zu Branchenschwergewichten zusammenschließen, etwa die Avemo-Gruppe im Rhein-Main-Gebiet oder die Harz-Leine Gruppe in Südniedersachsen.

Dort zieht Geschäftsführer Jürgen Falkenhain ein Jahr nach der Fusion eine überaus positive Bilanz des Zusammenschlusses der beiden VW-Konzernhändler Riebold-Rösner-Raith sowie Wentorf & Schenkhut zu einem neuen Top-100-Händler: "Wir werden von Händlern, Herstellern und Kunden seit der Fusion anders wahrgenommen. Wir haben mehr Gewicht", so Falkenhain. Die Automobilgruppe Harz-Leine etabliere sich in der Region bereits als Marke. "Wir sind selbst überrascht, wie schnell das geht", so Falkenhain. Auch wirtschaftlich läuft es: "Wir werden unseren Umsatz und Ertrag 2023 steigern."

Durch die höheren Fahrzeugvolumina etwa bekomme die Gruppe vom Hersteller im Rahmen der Mengenstaffeln deutlich bessere Boni und Preise bei Neuwagen. Zudem hätten Kunden durch den gemeinsamen Bestand nun deutlich mehr Auswahl. Hilfreich für die Erträge dürfte daneben auch sein, dass es durch den Zusammenschluss in der gesamten Region keine anderen VW-Konzernpartner mehr gibt, und damit der verlustreiche Intrabrand-Wettbewerb im Geschäftsgebiet weitgehend ausgeschaltet ist. Im vergangenen Jahr kam die Gruppe auf rund 1800. Neu- und 4.000 Gebrauchtwagen. Diese Marke will die Gruppe in diesem Jahr übertreffen.

Zu den Skaleneffekten durch die Größe kommen daneben Einsparungen durch die Zusammenlegung der Verwaltungsabteilungen und schlankere Prozesse. Unter anderem hat die Gruppe massiv in die IT investiert und den gesamten Neu- und Gebrauchtwagenprozess digitalisiert.

Hilfreich ist die Fusion auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel. Von 2022 auf 2023 gelang es der Gruppe, die Zahl ihrer Azubis von 60 auf 87 zu steigern. "Unsere Größe hilft uns enorm, neue Mitarbeiter zu gewinnen. Wir werden dadurch sichtbarer und zugleich attraktiver", sagt Falkenhain.

Einfach ist der Prozess des Zusammenwachsens indes nicht: "Vor allem das zweite Quartal 2023 war für die Belegschaft eine gewaltige Belastung. Wir konnten jedoch all unsere Pläne wie vorgesehen umsetzen und sind jetzt abgesehen von ein paar Kleinigkeiten auf einem guten Weg", sagt Falkenhain. Die Struktur aus sieben Gesellschaftern und vier gleichberechtigten Geschäftsführern habe sich zudem bewährt.

Mit Blick auf die Zukunft plant die Harz-Leine Gruppe nun, die bisher outgesourcten Bereiche Fahrzeugaufbereitung und Smart Repair zurückzuholen sowie das Vermietgeschäft auszubauen. Ziel ist eine Flotte von 140 Fahrzeugen, vor der Fusion waren es 80. Das Geschäft sei ein wichtiger Ertragsbringer und zugleich eine wichtige Quelle für Gebrauchtwagen, erklärt Falkenhain. Letzteres ist vor allem im Hinblick auf den Agenturvertrieb im VW-Konzern wichtig. "Wir sind sehr besorgt, ob das Geschäftsmodell Agentur bei VW auf Dauer funktioniert. Wir haben sehr knappe Provisionen und obendrein keinen Zugriff mehr auf Gebrauchtwagen. Die müssen wir vom Hersteller kaufen. Die Margen, die bei diesen Autos dann noch bleiben, sind häufig viel zu gering." Nötig sei ein Bruttoertrag von mindestens zehn Prozent.

Aber auch kurzfristiger erwartet die Gruppe schwierigere Geschäfte. "Ich bin mir nicht sicher, ob wir 2024 wieder 1.800 Neuwagen schaffen werden", sagt der Autohauschef. Die Hersteller müssten endlich Verkaufsprogramme auflegen und die mauen Auftragseingänge ankurbeln.