Die Mobilität der Zukunft wird für Marcus Willand, Partner bei der Unternehmensberatung MHP, über digitale Plattformen organisiert und konsumiert. Verständlich, dass daher alle auf der Jagd nach der Kundenschnittstelle sind.
Und die Entwicklung ist schon weit vorangeschritten. Willand verweist auf eine Untersuchung, wonach im Jahr 2030 etwa 60 Prozent aller Level-5-Fahrzeuge mit einem Betriebssystem von der Google-Schwesterfirma Waymo laufen werden. Ähnlich dominante Player gebe es in China.
Heute reiche die klassische Wertschöpfungskette im Geschäft der Fahrzeughersteller vom Hardwareproduzenten, dem Fahrzeughersteller, bis zum Kunden. Dazwischen geschaltet liegen die Händler und Flottenbetreiber. Doch nun kommen digitale Player hinzu, die sich zwischen die Hardware und den Vertrieb der Hardware schieben.
Willand verweist darauf, dass Didi Chuxing, das chinesische Pendant zum US-Fahrdienstvermittler Uber, täglich 30 Millionen Fahrten vermittelt. Doppelt so viele wie Uber. Damit sei ein digitaler Gigant entstanden, der auf 500 Millionen registrierte Nutzer zurückgreifen kann. "Das zeigt die Vehemenz mit der diese digitalen Player in die Wertschöpfungskette eindringen."
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, ist er von der Notwendigkeit einer industrieübergreifenden Zusammenarbeit überzeugt. Zwar rechnet er damit, dass mit der Hardware wohl noch in den nächsten zehn bis 20 Jahren Geld verdient wird. Aber die Renditen werden abnehmen, fürchtet er. Als relevanter sieht er das Thema Plattformen an, worüber verschiedene Mobilitätangebote offeriert werden. Dabei werde das Geschäft im urbanen Raum künftig in erster Linie in Personen pro Kilometern abgerechnet und nicht mehr in verkauften Fahrzeugen. Er schätzt, dass künftig ein Drittel der Umsätze über Mobilitätsservices und Fahrzeuge erzielt werden und zwei Drittel über Serviceplattformen.
Das locke sogar neue branchenfremde Anbieter an. Beispielsweise denke das US-Medienunternehmen Disney darüber nach, die Schulbusflotten in den USA zu digitalisieren, um in den Bussen eigene Inhalte zu streamen. "Auch Disney hat verstanden, dass man mit Mobilität in Zukunft Geld verdienen kann", so Willand.
Um die richtigen Services anbieten zu können, müsse der Kunde und sein Bedürfnis konsequent in den Mittelpunkt gestellt werden. Als Beispiel nennt er das Start-up Flaschenpost.de aus Münster, das Getränke innerhalb von zwei Stunden nach Hause liefert. In Mannheim sei das Unternehmen beispielsweise mit 150 Lieferwagen gestartet. Inzwischen beschäftige das Unternehmen rund 2000 Mitarbeiter und sei in mehreren Städten aktiv.
Willand stellt sich dabei die Frage, warum nicht beispielsweise ein Retailer wie der Lebensmittelhändler Rewe gemeinsam mit einem Fahrzeughersteller auf solche Ideen kommt Der MHP-Manager ist jedenfalls davon überzeugt, dass mit solchen Services künftig Geld verdient wird. "Wir müssen vom Kunden ausgehend denken, nicht vom Fahrzeug aus", so Willand. Das sei ein Fehler, der heute noch gemacht werde.
Die Plattformen der Zukunft müssen für ihn offen sein und sowohl Fahrzeughersteller wie auch den öffentlichen Personen-Nahverkehr umfassen, aber auch benachbarte Branchen wie der Taxisektor müssen eingebunden werden. Wenn diese Möglichkeiten hierzulande nicht genutzt werden, fürchtet er, dass Anbieter aus China oder den USA das Geschäft machen werden.
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