Herr Duesmann, Audi hatte vor knapp einem Jahr angekündigt, das erste Artemis-Modell 2024 "auf die Straße" zu bringen. Jetzt sagen Sie, das Modell soll Ende 2024 vorgestellt werden. Kommt es dann erst 2025 auf den Markt?
Wir werden ihn Ende 2024 vorstellen. Dann wird der Verkaufsstart 2025 sein.
War der ursprünglich Zeitplan doch zu ehrgeizig?
Der Zeitplan ist mega-ehrgeizig und extrem sportlich angelegt. Keine Frage. Doch von nichts kommt nichts. Uns ist es wichtig, dass das Auto ein Riesensprung wird, technologisch ein sehr großer Hub. In Sachen Batterie, Assistenzsysteme und Innenraum-Design. Dafür liegt Ende 2024 ziemlich nah, wenn man bedenkt, dass wir erst vor kurzem Konzeptfreeze hatten und bereits die Vorserien-Entwicklung gestartet haben. Dieses Auto ist der Technologievorreiter für eine ganze Serie von Fahrzeugen. Deshalb hatten wir das Projekt im Juni dank Artemis deutlich vorgezogen. Spannend finde ich die neue Art der Zusammenarbeit der Marken, die seither entstanden ist. Mit Blick auf die Skalierbarkeit steuern wir auf eine gemeinsame E-Plattform im Konzern zu.
Sie hatten angekündigt, dass Sie schon in diesem Jahr eine erste Vision zu Artemis zeigen wollen. Bleibt es dabei?
Ja, in diesem Jahr werden Sie dazu noch etwas sehen. Wir hoffen ja noch, dass die IAA im September stattfinden kann. Dort soll ein Modell, das richtungsweisend ist für Artemis, unser Highlight werden. Sollte die IAA nicht stattfinden können, werden wir ein anderes Format finden.
Denken Sie denn, die IAA kann im September stattfinden?
Ich wünsche es mir. Weil ich das neue Format sehr gut finde. Das ist sehr modern und bindet die Öffentlichkeit sehr gut ein. Ein wirklich tolles Konzept, das eine Chance verdient hat. Ich bin im Moment aber nicht sehr zuversichtlich, dass die Corona-Lage eine Massenveranstaltung wie die IAA im September zulassen wird.
Und dann?
Ich würde das direkt im nächsten Jahr machen und nicht bis zum nächsten regulären IAA-Termin 2023 warten.
In Changchun in China bauen Sie ab Mai zusammen mit FAW ein neues Werk. Ab 2024 sollen dort bereits mehrere Elektro-Modelle auf der PPE-Plattform gebaut werden. Sind die alle nur für den chinesischen Markt oder auch für den Export, womöglich auch nach Deutschland?
In China produzieren wir rein für den chinesischen Markt. Es wird keinen Export von China nach Europa geben. Und ungefähr die Hälfte der Modelle ist speziell für den chinesischen Markt konzipiert, die werden nur dort gebaut und nur dort erhältlich sein.
Die E-Mobilität kommt schneller in Fahrt als bisher gedacht. Müssen Sie Ihre Planung anpassen?
Wir haben unser Produktprogramm deutlich überarbeitet und noch stärker elektrifiziert. Mehr als die Hälfte unserer Neuanläufe dieses Jahr ist elektrifiziert. Und bis Jahresende haben wir doppelt so viele Elektroautos wie im Vorjahr im Programm, sieben starke Modelle. Wir gehen davon aus, dass Ende des Jahrzehnts zwei Drittel unseres Produktionsvolumens in Europa batterieelektrische Fahrzeuge sein werden. Zwei von drei Autos, das finde ich gewaltig! Und schon Mitte des Jahrzehnts wird es knapp die Hälfte sein. Das ist ein rasanter Wandel, der sich superschnell vollzieht. Innerhalb von ganz wenigen Jahren dreht sich alles um. Und damit wir 2030 zwei Drittel E-Anteil haben, müssen wir jetzt die Weichen stellen. Heute kaufen noch viele unserer Kunden Verbrenner und lieben sie. Wir sehen aber, dass die Zahl der Kunden, die Elektroautos kaufen, rasant steigt. Darauf stellen wir uns jetzt ein.
Sie haben gerade angekündigt, keine neuen Verbrennungsmotoren mehr zu entwickeln, die bestehenden Motoren nur noch weiterzuentwickeln. Wie lange können Sie denn dann noch Verbrenner bauen? Kann man mit einer Weiterentwicklung eines heutigen Verbrenners 2030 oder 2035 noch antreten?
Audi-Motoren sind heute sehr wettbewerbsfähig und haben viel Substanz. Wir werden alles dafür tun, dass auch unsere letzten Verbrennerfahrzeuge hocheffizient und wettbewerbsfähig sein werden. Weiter entwickelt aus der Substanz der heutigen Motoren.
Welche Modelle werden Sie denn auf jeden Fall weiter als Verbrenner anbieten?
In unserem Volumenkern, also A4, A6, Q5, werden wir schon noch eine Weile Verbrenner anbieten. Die nächste Generation dieser drei Baureihen wird auf jeden Fall noch Verbrenner haben. Darunter viele Plug-in- und Mild-Hybride. Umgekehrt gibt es in wenigen Jahren kaum mehr eine Baureihe ohne Elektrifizierung. Der Kunde kann also umsteigen, wenn er dafür bereit ist.
VW hat mit dem Projekt Trinity für 2026 eine neue Elektro-Plattform angekündigt. Wird die dann auch bei Audi Einzug halten?
Ja. Diese neue Plattform, die Scalable Systems Platform (SSP) heißen wird, wird die konzernweite E-Plattform für alle Fahrzeuge aller Marken. Die wird es in verschiedenen Größen geben, um alle Segmente abdecken zu können. Das wird die Nachfolgeplattform sowohl für PPE als auch für MEB.
Der Q4 e-tron wird bei VW in Zwickau gebaut, zusammen mit den MEB-Modellen von VW und Cupra. Angesichts der anziehenden Nachfrage nach E-Autos: Wird die Kapazität dort ausreichen für alle sechs Modelle, die dort gebaut werden sollen? Denken Sie schon darüber nach, einen eigene Q4-Produktion aufzubauen?
Nein, im Moment fühlen wir uns mit der Produktion in Zwickau sehr wohl. Derzeit gibt es keine Pläne, den Q4 e-tron zusätzlich in einem Audi-Werk zu produzieren. Wir fertigen ihn ausschließlich in Zwickau. Beim Nachfolger werden wir uns das allerdings noch einmal neu anschauen. Die Nachfrage nach Elektromobilität entwickelt sich so schnell, dass wir den Nachfolger wohl nicht mehr in der Produktionskapazität von Zwickau unterbringen werden.
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