"Wir rechnen mit dem Tesla-Effekt"

Die AMAG Gruppe hat ein neues Tochter-Unternehmen, die Noviv Mobility AG, gegründet. Welche Angebote sollen hier künftig gebündelt werden?
Frank Böhmerle: Hier wollen wir künftig unsere neuen Mobilitätsangebote und neue Marken bündeln. Aus Transparenzgründen bewusst außerhalb der bisherigen Strukturen. Die Zusammenarbeit mit Microlino ist dabei der Anfang.

Was macht den Microlino für die AMAG spannend?
Er ist ein neues Produkt und ergänzt sehr gut unser bestehendes Portfolio und ist ein Bestandteil unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Volkswagen hat derzeit kein ähnliches Angebot. Der Microlino ist nochmals deutlich kleiner als der E-Up, sein Energieverbrauch liegt 50 Prozent darunter.

Der Microlino ist ein Leichtfahrzeug. Was erwarten Sie davon?
Wir haben in der Schweiz eine große Nachfrage. Es gibt bereits 3500 Vorbestellungen.

Welches jährliche Potenzial sehen Sie für den Microlino in der Schweiz?
Wir rechnen mit rund 750 Fahrzeugen in 2022 und deutlich mehr in 2023.

Da reichen die nun eröffneten drei Standorte aber nicht aus.
Wir starten mit Showrooms in Dübendorf bei Zürich, Bern und Genf. Hier sammeln wir erste Erfahrungen. Strategisch sinnvoll ist eine Erweiterung Richtung Basel und ins Tessin. Bis Jahresende wollen wir acht Standorte haben.

Und der Service?
Serviceleistungen und Probefahrten bieten wir zum Start an diesen drei Standorten an. Bei Bedarf können wir zusätzliche Servicestandorte eröffnen.

Wie groß soll das Netz insgesamt werden?
Das hängt von der Nachfrage ab.

Wer kauft das Fahrzeug?
Wir rechnen mit dem Telsa-Effekt: Viele werden den Microlino als Zweit- oder Drittwagen nutzen. Als alleiniges Fortbewegungsmittel wird er anfangs nur bei wenigen zum Einsatz kommen. Wir rechnen mit Kundenzuwachs „von oben“, die den Microlino statt eines Autos nutzen werden. Und zudem „von unten“, also jene Kunden die beispielsweise von einer Vespa umsteigen.

Wie sieht ein Microlino-Showroom aus?
Es reichen 20 Quadratmeter Das reicht um die Fahrzeuge entsprechend zu präsentieren. Zusätzlich gibt es ein Element um Ausstattungsdetails zu präsentieren.

Sie sagten eingangs, dass der Microlino für die Noviv Mobility erst der Anfang ist. Derzeit kommen zahlreiche asiatische Hersteller nach Europa. Sind die für Sie interessant?
Auf jeden Fall. Entscheidend ist, dass der Hersteller unserer Nachhaltigkeitsstrategie entspricht. Wir arbeiten nur mit vollelektrischen Playern zusammen. Wir haben beispielsweise bereits seit Jahren eine Kooperation mit Tesla im Bereich Karosserie und Lack. Aber wir wollen mit Noviv Mobility auch Mobilitätsdienstleistungen über das Automobil hinaus anbieten.

An was denken Sie?
Wir gehen weit über das Vierrad-Fahrzeug hinaus. E-Bikes und Lastenräder werden wir künftig auch anbieten. Unser Ziel ist „Mobility as a Service“. Wir möchten beispielsweise den Mobilitätsbedarf für Wohnareale abdecken. Dafür braucht es ganzheitliche Mobilitätskonzepte.

Läuft das erste Projekt bereits?
Es stehen erste Pilotprojekte an.

Mit ubeeqo und Europcar sind sie bereits im Carsharing und der Fahrzeugvermietung vertreten. Integrieren Sie die Angebote in die Modelle?
Ja, das können Teile in unserem MaaS Angebot sein. Wir haben in der Schweiz rund 80 Autohäuser. Fahrzeuge wie Werkstattersatz- oder Vorführwägen, die am Wochenende beispielsweise nicht gebraucht werden, können wir problemlos in Mobilitätsdienstleistungen integrieren.

VW will das Europcar-Angebot ebenfalls zur Mobilitätsplattform ausbauen. Ist dies ein ähnliches Angebot?
Volkswagen ist in der Planung, wir setzen bereits um. Aber es kann natürlich sein, dass wir dieselbe Richtung einschlagen, auch gemeinsam.

Bieten Sie dann beide Mobilitätsdienste?
In dem Fall schlagen zwei Herzen in unserer Brust. Ich denke allerdings nicht, dass Volkswagen den Fokus zuerst auf ein verhältnismässig kleines Land wie die Schweiz legt.

Dient Ihnen die Noviv Mobility um von Volkswagen unabhängiger zu werden?
Mit der Volkswagen AG hat die AMAG Gruppe eine langjährige, starke Partnerschaft, gestern, heute und auch morgen. Mit der Noviv Mobility AG schaffen wir ein Gefäß, um ergänzende, markenunabhängige Dienstleistungen am Markt zu platzieren.

Aus dem Datencenter:

Die größten Autohausgruppen in Europa