Herr Rosenfeld, Schaeffler hat Anfang des Jahres einen eigenen Bereich für Elektromobilität geschaffen. Was ist die Idee dahinter?
Rosenfeld: Das ist für uns ein wichtiger Schritt, um unsere Strategie "Mobilität für Morgen" umzusetzen. Das funktioniert nur mit einem nachhaltigen Ansatz. Und nur in Schritten.
Und wie reagieren die Kunden?
Rosenfeld: Die Resonanz ist positiv. Unsere Kunden kommen zu uns, weil wir mithelfen, Probleme zu lösen. Und das geschieht nicht allein über Software, sondern über ein ausgeprägtes Systemverständnis von mechatronischen Zusammenhängen.
Die mechanische Kompetenz ist also die Grundlage?
Rosenfeld: Ja. Das ist so. Und wir bekommen das Geschäft, weil der Kunde weiß, dass wir sein Produkt mit ihm in Serie bringen können. Diese Industrialisierungskompetenz ist für uns ein wichtiger Erfolgsfaktor. Als Schaeffler-Gruppe haben wir über viele Jahre nachgewiesen, dass wir von einem Teil oder einem System auch eine Million Stück mit derselben Genauigkeit produzieren können. Das kann nicht jeder. Mechanik, Elektromotor und Leistungselektronik zu verstehen und so zu kombinieren, dass sie auch dauerhaft funktioniert, das ist eine Kunst für sich.
Sie haben kürzlich ein Hybridmodul vorgestellt. Sieht die Zukunft nicht eher vollelektrisch aus
Zink: Vor zwei Jahren haben die meisten gesagt, dass die Hybridphase übersprungen wird und gleich alle vollelektrisch fahren. Wir erleben im Hybridgeschäft gerade genau das Gegenteil. Am Ende wird es darauf ankommen, was der Endverbraucher denkt und wie er sich in Zukunft fortbewegen will.
Welchen Anteil hat die Elektromobilität an Ihrem Geschäft?
Zink: Beim Auftragseingang reden wir, bezogen auf die Laufzeit, über einen Umsatz von mindestens einer Milliarde Euro, der sich aus acht neuen Projekten ergibt. Dabei geht es um Hybridmodule und E-Achsen. Zum Vergleich: Insgesamt erreicht unser Automotive-Umsatz ohne das Aftermarket-Geschäft etwa neun Milliarden Euro. Wir konzentrieren uns mit den Entwicklungen aber nicht nur auf Hybrid- und Elektrofahrzeuge, sondern kombinieren diese E-Achsen und Hybridmodule auch mit klassischer Getriebetechnologie.
Welchen Umsatz deckt der neu geschaffene E-Mobilitätsbereich ab?
Zink: Wenn es diesen Bereich 2017 schon gegeben hätte, wäre hier ein Umsatz in der Größenordnung von 500 bis 600 Millionen Euro erzielt worden. Aber dabei wird es nicht bleiben. Der Bereich wird über die nächsten Jahre deutlich wachsen. Wenn alle Projekte, die wir aktuell sehen, so kommen, mache ich mir über das Wachstum keine Sorgen.
Sie gehen in Ihrem beschleunigten Szenario für das Jahr 2030 von weltweit 30 Prozent reinen E-Autos, 40 Prozent Hybriden und 30 Prozent Verbrennern aus. Stimmt das noch so?
Rosenfeld: Unser Szenario ist langfristig gedacht und ambitioniert. Welches Szenario sich tatsächlich wann und wie durchsetzt, ist noch offen. Viele Fragen sind noch ungeklärt. Zum Beispiel: Sind wir uns wirklich sicher, wo die erforderlichen Rohstoffe für die ganzen Batterien herkommen? Wir stellen uns bewusst auf ein ambitioniertes Szenario ein. Denn eines ist auch klar: Wir dürfen nicht zu kurz springen.
Schaeffler will innerhalb von fünf Jahren 500 Millionen Euro in die E-Mobilität investieren. Was steht dabei im Vordergrund?
Rosenfeld: Das Thema E-Mobilität ist für uns von strategischer Bedeutung. Mit der neuen Struktur, den drei globalen Kompetenzzentren und dem neuen Leiter sind wir 2017 ein großes Stück vorangekommen. Wir werden weiter investieren und unsere Kompetenz ausbauen. Dabei ist wichtig, dass das neu entstehende Geschäft mittelfristig einen nachhaltigen Ergebnisbeitrag beisteuert.
Eine neues Feld, in das Sie eingestiegen sind, sind E-Achsen. Da gibt es schon viel Wettbewerb. Was zeichnet Ihre Lösung aus?
Zink: Unsere Stärken sehen wir im Bauraum, in der Modularität und in der Leistungsdichte. Wir haben beispielsweise eine bestimmte Bauart für ein Differential entwickelt, die wir auch patentiert haben. Und es ist natürlich auch die intelligente Kombination von Elektromotor, Leistungselektronik und Getriebe. Es geht also um ein wirkungsgradoptimiertes Gesamtsystem. Und das trauen wir uns zu.
Welche Rolle spielt bei Ihnen das autonome Fahren?
Zink: Uns interessiert, wie man ausgehend vom Fahrwerk mechatronische Kompetenz aufbauen kann, um einen Beitrag zum autonomen Fahren zu leisten. Und da spielen Sensorik und Aktuatorik eine beachtliche Rolle. Neben dem Aspekt Fahrwerk richten wir uns darauf ein, dass die Automatisierung im Antriebsstrang durch das autonome Fahren definitiv zunehmen wird.
Hat der Preisdruck nachgelassen?
Zink: Preisdruck ist in unserer Branche nichts Ungewöhnliches. Damit wissen wir umzugehen. Gleichwohl muss man nüchtern sehen, dass der Aufbau unserer E-Mobilität-Aktivitäten mit Einmalkosten verbunden ist, die wir natürlich auch margenmäßig verarbeiten müssen.
Bleibt da noch Geld für Zukäufe?
Rosenfeld: Unsere M&A-Strategie ist auf kleinere additive Zukäufe ausgerichtet. Wir wollen uns so selektiv verstärken. Die Pipeline ist gut gefüllt. Wir haben sieben Suchfelder definiert. Dabei gelten unsere Suchfelder für alle drei Sparten: Automotive OEM Geschäft, Automotive Aftermarket und Industrie.
Wie stehen Sie zu möglichen Joint Ventures?
Rosenfeld: Kooperationen und Joint Ventures sind nach meiner Erfahrung erfolgreich, wenn sie nach klaren Regeln funktionieren und sich die Partner gut ergänzen. Wir sind offen für Kooperationen, vor allen Dingen im Bereich der Forschung und Entwicklung. Mit Joint Ventures haben wir bisher relativ wenig Erfahrung. Wenn ein Joint Venture Sinn macht und funktioniert, dann kann das eine interessante Sache sein. Am Ende zählt, wer beim Kunden in der ersten Reihe sitzt.
Ist Für Schaeffler eine Aufspaltung des Unternehmens ein Thema, wie es gerade bei anderen Konzernen diskutiert wird?
Rosenfeld: Es wäre aus meiner Sicht unklug, wenn die Bereiche getrennte Wege gehen würden. Wenn wir ein Lager produzieren, das in einem Getriebe sitzt, dann ist das nicht sehr viel anders als ein Lager, das in eine Industrieanwendung geht. Letztlich geht es um ein technisch anspruchsvolles, hochpräzises Verarbeiten von Stahl und das Verständnis komplexer mechatronischer Systeme.
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