Es ist gut möglich, dass sich Herbert Diess verzockt hat. Der VW-Chef hat stets hoch gepokert, hat immer wieder provoziert und damit Beteiligte gegen sich aufgebracht. Das ist seine Methode, die vielen nicht schmeckt, von der er aber überzeugt ist. Nur: Im Alleingang ist das in einem Konzern wie Volkswagen nicht möglich.
Nun steht sein Job auf dem Spiel. Diess muss nicht einmal Unrecht haben mit dem, was er fordert. Natürlich wird es einen radikalen Umbruch geben müssen, der auch Stellenstreichungen, die von ihm kolportierten, berühmten 30.000, nach sich zieht. Doch es ist die Frage nach dem "Wie", die Art und Weise, die im Konzern für Unmut sorgt. Das Management by Barschheit kommt nicht gut an, nicht bei der im Aufsichtsrat sitzenden Politik (Stephan Weil) und dem Betriebsrat (Daniela Cavallo), und mittlerweile auch nicht mehr bei jedem Familienmitglied der Piechs/Porsches (Sven Oliver Porsche). Und unter den Führungskräften stieg zuletzt der Frust, weil Diess einen Elon Musk eben in den Himmel lobt und damit manchen im eigenen Lager kränkt.
Volkswagen hat genug gute Leute, die den CEO-Posten übernehmen könnten. Da ist Oliver Blume, der die Parteien befrieden kann. Er ist nicht nur Porsche-Chef, sondern auch bereits im Konzernvorstand. Und da ist Ralf Brandstätter, der VW-Pkw-Chef, der ebenfalls einen anderen Managementton trifft als sein jetziger Chef. Betriebsratschefin Cavallo möchte, dass Brandstätter in den Konzernvorstand aufrückt, was als gutes Zeichen gewertet wird, wenn es darum geht, dass die beiden Parteien die Friedenspfeife rauchen.
Diess‘ Verdienste beim Umbruch auf die E-Mobilität stehen außer Frage, sind aber nun nicht Thema. Der Aufsichtsrat, der am 9. Dezember tagt, muss für Ruhe im Konzern sorgen. Denn die ist selten geworden.
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