ABBA, Algorithmen und bisschen Auto

Auf der Bühne in den Hallen des alten Messegeländes am Nacka Strand sitzt Björn Ulvaeus. Der Musikproduzent, der einst Mitglied der schwedischen Popgruppe ABBA war, unterhält sich Universal-Europachef Frank Briegmann über die Zukunft der Musikindustrie und schafft es spielend, das Publikum in seinen Bann zu ziehen. "Wenn ein Algorithmus einen Song schreiben kann, der mich zu Tränen rührt, dann muss ich diese Manipulation akzeptieren", sagt Ulvaeus. In Zukunft sei es durchaus möglich, dass ein Computer aus Daten von Songtexten und Melodien einen Welthit produziere.

Einen Tag nach der Premiere des Elektro-Mercedes EQC geht es auf der von Daimler ausgerichteten Tech-Konferenz me Convention in Stockholm nicht mehr um Autos, sondern um nichts geringeres als die Zukunft in all ihren Facetten. In den Hallen des Industriekomplexes geben sich rund 100 Redner die Klinke in die Hand. "Wie Blockchain die Ozeane retten kann", fragt etwa Marie Wieck, Blockchain-Managerin bei IBM. Und Linkin-Park-Gründungsmitglied Mike Shinoda spricht über "Storytelling and Tech".

Nach der IAA in Frankfurt und dem Festival South by Southwest (SXSW) in Austin, Texas ist dies bereits die dritte me Convention. "Wir waren schon in der vorletzten Jahrhundertwende bei einer Automesse in der Frankfurter Festhalle. Das ist ein lang anhaltendes Format. Deshalb haben wir nach Möglichkeiten gesucht, wie wir mit unserer Kundschaft auf andere Weise ins Gespräch kommen können", sagt Dieter Zetsche über die Beweggründe, dieses Format aus der Taufe zu heben. Die Wahl fiel dabei in diesem Jahr auf Stockholm, weil die Stadt als eine der innovativsten weltweit gilt und eine hohe Dichte von Start-ups aufweist.

Tatsächlich ziehen sich viele Autohersteller von den klassischen Messen zurück. Die Liste der Absagen für den Anfang Oktober stattfindenden Pariser Autosalon ist lang. So hat die Marke VW erstmals keinen Stand, auch Ford, Volvo und viele japanische Importeure werden nicht mehr vertreten sein. Die Hersteller versuchen stattdessen mit eigenen Veranstaltungen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu gewinnen. Zudem sind die Messeauftritte ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor.

In Stockholm sind zwar viele der rund 1800 Teilnehmer auf irgendeine Weise mit dem Daimler-Konzern verbunden oder Journalisten, die zuvor der EQC-Premiere beigewohnt haben. Doch es finden sich auch schwedische Besucher. "Wir haben ein ähnliches Festival, doch das Flair hier ist viel internationaler", sagt etwa Anja Melander von der School of Entrepreneurship in Stockholm, deren Aufgabe es ist, die akademische Welt der fünf Unis mit dem Geschäftsleben zu vernetzen. "Das Networking" bezeichnet sie daher auch als ihre Hauptmotivation für den Besuch der me Convention.

Als einziger Vertreter des Daimler-Vorstands sitzt am Morgen Entwicklungschef Ola Källenius auf dem Podium. Mit Kommunikationsexperte Per Schlingmann analysiert er die schrumpfende Haltbarkeit von Wissen in der Forschung. Auch hier geht es um die Frage, wie sehr Daten die Zukunft der Menschen bestimmen und wo Manager überhaupt noch Bauchgefühl brauchen. Källenius verweist auf die Entscheidung über das Design eines neu entwickelten Autos. "Schönheit und Ästhetik sind vor allem eine Frage von Emotion und Erfahrung", sagt der Entwicklungschef. "Ich glaube nicht, dass dies in Zukunft ein Algorithmus übernehmen kann."

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