Der kriselnde Zulieferer setzt auf China: ZF präsentiert auf der Messe Auto Schanghai neue Technologien. Womit ZF wachsten will.
ZF-Vorstandschef Holger Klein präsentiert auf der Auto Shanghai.
Der kriselnde Zulieferer ZF hat den chinesischen Markt fest im Blick. Neben Innovationen um das sogenannte Chassis 2.0 zeigt das Unternehmen auf der Messe Auto Schanghai einen neu entwickelten Range Extender.
Das System realisiert Generator- und Fahrmodus mit einem einzigen elektrischen Antriebssystem und wird in der ersten Hälfte 2026 in Produktion gehen.
Das von ZF in Schanghai vorgestellte elektrisches Range-Extender-System realisiert Generator- und Fahrmodus mit einem einzigen elektrischen Antriebssystem und wird in der ersten Hälfte 2026 in Produktion gehen. Elektrofahrzeuge mit Range Extender kombinieren einen Elektroantrieb mit einem Verbrennungsmotor, der als Generator fungiert.
Der Zulieferer proklamiert für seinen Range Extender mehrere Alleinstellungsmerkmale: Zum einen ist es für den Allradantrieb mit erweiterter Reichweite geeignet, ohne dass ein zweites Antriebssystem erforderlich ist. ZF verspricht dadurch eine deutliche Kostenersparnis.
Zum anderen sei das hoch kompakte System einfach in den Motorraum zu integrieren. Des Weiteren sollen sich Elektro- und Verbrennungsmotor jeweils mit hohem Wirkungsgrad für Stromerzeugung beziehungsweise Antrieb betreiben lassen.
Nach Einschätzung der Unternehmensberatung Alix Partners wächst der Markt für solche Fahrzeuge, insbesondere in China, mit einer jährlichen Rate von 50 Prozent, während westliche OEMs diese Technologie bislang kaum verfolgen würden.
"Das E-Auto mit Range Extender kann ein echter Gamechanger werden für den Wechsel zur Elektromobilität, auch in Deutschland“, sagte Xing Zhou, Automobilexperte beim Beratungshaus AlixPartners in einem Zeitungsinterview.
Die jährliche Stückzahl für solche Fahrzeuge werde sich bis Ende der Dekade bei rund 3,2 Millionen Fahrzeugen einpendeln. Der Hauptmarkt ist China. Dort wurden demnach 2023 insgesamt 8,41 Millionen elektrifizierte Fahrzeuge verkauft.
Für die Jahre 2024 und 2025 geht die Beratung in China von einen Range-Extender-Anteil von mindestens zehn Prozent in den nächsten beiden Jahren aus – Tendenz überproportional steigend. Sofern westliche OEMs ihren Fokus bei der Elektrifizierung mit Range Extender erweitern würden, sieht die Beratung gute Chancen auch für europäische Zulieferer.
Zudem hat ZF in Schanghai seine Lösung Chassis 2.0 mit By-Wire-Technologien vorgestellt. Vorstandschef Holger Klein betonte, dass das Unternehmen "in den letzten Jahren kontinuierlich in innovative Technologien für den chinesischen Märkte investiert hat". Auch die Produktions- und Entwicklungsprozesse habe der Konzern auf die Anforderungen der chinesischen Kunden angepasst „und erfüllen damit sprichwörtlich China-Speed“.
In den Fokus des Messeauftritts stellt das Unternehmen sein Chassis 2.0: Laut ZF müsse das Fahrwerk künftig in der Lage sein, sich innerhalb seiner Architektur und mit seiner Umgebung zu vernetzen. Beim Chassis 2.0 soll die fahrwerkspezifische ZF-Software cubiX für ein perfekt abgestimmtes Zusammenspiel aller Aktuatoren wie Lenkung, Bremse und Dämpfer in jeder Fahrsituation sorgen.
ZF ist davon überzeugt, dass By-Wire-Technologien beim Chassis 2.0 eine Schlüsselrolle spielen. Laut einer Analyse des Marktforschungsunternehmens Fortune Business Insights wird der weltweite Markt von zuletzt rund 15 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2032 einen Wert von zirka 26 Milliarden Dollar erreichen. Neben ZF sind beispielsweise auch große Zulieferer wie Bosch, Nexteer oder Schaeffler mit By-Wire-Technologien aktiv.
Bei Fahrwerksystemen konnte ZF kürzlich einen Prestigeauftrag in China verbuchen. Der Zulieferer stattet dort das Elektro-Flaggschiff ET9 des chinesischen Herstellers NIO mit der neuesten Generation seines Steer-by-Wire-Systems aus. Bereits Anfang des Jahres verkündete ZF zudem einen bedeutenden Großauftrag im Bereich Brake-by-Wire-Bremssysteme und liefert die elektromechanische Bremstechnologie (EMB) an fast fünf Millionen Fahrzeuge eines Fahrzeugherstellers.
Im Chassis 2.0 unterbindet eine aktive Fahrwerktechnologie Nicken und Wanken des Fahrzeugs bei Lenk-, Beschleunigungs- und Bremsmanövern. Das aktive Fahrwerksystem sMOTION beruht auf dem adaptiven ZF-Dämpfungssystem CDC (Continuous Damping Control) mit zwei externen Ventilen, die jeweils unabhängig die Druck- und die Zugrichtung des Dämpfers regeln.
Die neuen Porsche-Modelle Panamera und Taycan greifen bei der Realisierung des Porsche "Active Ride"-Luftfederfahrwerks bereits auf einen Teil des Fahrwerksystems sMOTION von ZF zurück – und zwar auf die Dämpfer- und Ventiltechnologie des Technologiekonzerns. sMOTION stößt laut Zulieferer darüber hinaus auch bei chinesischen Kunden auf großes Interesse.
ZF ist seit über 40 Jahren in China aktiv und verfügt über mehr als 50 Produktionsstandorte und fünf Zentren für Forschung und Entwicklung. Laut Renee Wang, President ZF China hat der Konzern in den letzten fünf Jahren Milliarden Euro in China investiert.
Im Pkw-Bereich habe ZF die Geschäftsbeziehungen zu chinesischen Fahrzeugherstellern ausgebaut, so dass der Anteil der Neuaufträge von Jahr zu Jahr steige. In der Nutzfahrzeug- und Industrietechnik komme der Großteil der Neuaufträge derzeit von chinesischen Kunden.
