Autonome Shuttles: Zukunftsträchtig, aber teuer

Der Markt für fahrerlose Transportsysteme bewegt sich zwischen großen Erwartungen und enormen Vorentwicklungskosten. Auf ein Partnernetzwerk mag dabei keiner der Akteure verzichten.

Beispiel Renault: Der Fahrzeughersteller entwickelt eine elektrisch und autonom fahrende Shuttlebus-Plattform, die mit Automatisierungslösungen verschiedener Partner ausgerüstet ist. Während sich Renault im Individualverkehr auf die Fahrlevel 2 und 2+ konzentriert, will das Unternehmen im öffentlichen Nahverkehr autonome Fahrzeuge anbieten. Allein in Europa werden laut Renault mehr als 400 Großstädte schrittweise zu Niedrigemissionszonen.

Der französische Hersteller ist auch an dem Projekt "Mach2" beteiligt, bei dem ab 2026 eine Flotte automatisierter elektrischer Kleinbusse in das öffentliche Verkehrsnetz der französischen Stadt Châteauroux integriert werden soll. Ziel ist es, Erfahrungen zu sammeln, um eine elektrische Minibus-Plattform auf Basis des Renault Master anzubieten. Diese soll Automatisierungslösungen von spezialisierten Partnern wie EasyMile, Milla und WeRide aufnehmen können.

Renault rechnet damit, dass die Mehrkosten der Robotisierung durch den Wegfall des Fahrpersonals ausgeglichen werden. Für den Betrieb einer solchen Fahrzeugflotte genüge ein einfaches Fernüberwachungssystem.

Die im Mai gestarteten Partnerschaft mit WeRide zielt auf den kommerziellen Einsatz von Fahrzeugen mit Level 4 ab. WeRide hat weltweit mehr als 700 autonome Fahrzeuge im Einsatz, darunter 300 Minibusse. Die WeRide-Flotte hat in Asien, dem Nahen Osten und Nordamerika mittlerweile mehr als 28 Millionen Kilometer zurückgelegt. In Europa baut das Unternehmen nun seine Aktivitäten aus.

Laut Technikchef Gilles Le Borgne wird Renault auch dank der Kooperation in der Lage sein, "noch vor Ende des Jahrzehnts eine Reihe von autonomen, kohlenstoffarmen Kleinbussen anzubieten, die den wachsenden Anforderungen unterschiedlicher Regionen gerecht werden". Fest an das Shuttle-Geschäft glaubt auch der Zulieferer Benteler. Das hat Tasaru Mobility Investments überzeugt.

Der Finanzinvestor beteiligte sich mit einem dreistelligen Millionenbetrag an der Benteler-Tochter Holon. Tasaru soll bis zu 38 Prozent übernehmen. Laut Benteler-CEO Ralf Göttel soll die Mehrheit bei Benteler bleiben, weil das Unternehmen die industrielle Expertise mitbringt, um ein solches Shuttle-Projekt realisieren zu können. Mit den Finanzmitteln von Tasaru sind "die Serienentwicklung und Industrialisierung des Holon Mover nun gesichert", sagte Göttel im Gespräch mit der Automobilwoche.

Gebaut werden sollen die Shuttles an drei Standorten, davon einer in Europa. Auch Deutschland kommt dafür in Betracht. Allein schon aus Nachhaltigkeitsgründen will der Zulieferer nah am Absatzmarkt produzieren. "Da wir mit einem Pilotprojekt in der Stadt Hamburg starten, ist Deutschland als einer der ersten Produktionsstandorte in Europa eine naheliegende Option", sagt Göttel.

Voraussichtlich Ende 2026 soll die Serienproduktion starten. Zuvor werden die Serienentwicklung und Industrialisierung vorangetrieben. 2024 stehen ein Prototyp und erste Testfahrten im Fokus. 2025 sollen die ersten Fahrzeuge im Rahmen von Pilotprojekten im Einsatz sein.

Laut Göttel gibt es weltweit immer mehr Anwendungsbereiche für autonome Fahrzeuge. Die Nachfrage steige stärker als das Angebot. Insbesondere in Städten sei der Bedarf an Kleinsttransportern für mehrere Personen enorm. Er verweist auf Studien, wonach der adressierbare Markt für den Einsatz von autonomen Fahrzeugen in zehn Jahren bei weit über 700.000 Stück liegt. Benteler plant auch, Services rund um das Fahrzeug anzubieten, wie etwa die Ersatzteilversorgung oder die Wartung.

Ähnliche Pläne hatte einst auch der Zulieferer ZF Friedrichshafen. Die ZF-Aftermarket-Organisation sollte Service und Wartung übernehmen. Der weltweite Markt für People Mover wurde auf über 200 Milliarden Euro taxiert. Der Bereich der Cargo Mover sei sogar noch größer.

Doch Ende 2023 gab ZF seine Pläne für die Shuttles auf. Der Konzern verfolgt nicht länger das Ziel, komplette autonome Transportsysteme einschließlich Shuttles und deren Flottenmanagement anzubieten. Als einen Grund für die Entscheidung nannte ZF hohe Vorinvestitionen. Fortan wolle sich der Zulieferer auf seine Rolle als Technologieanbieter für das autonome Fahren konzentrieren.

Auch Continental aus Hannover trieb seine Entwicklungsplattform CUbE (Continental Urban Mobility Experience) nicht weiter voran. "Unsere Entwicklungsplattform CUbE war ein Vorentwicklungsprojekt für Technologien rund um das automatisierte Fahren", teilt der Zulieferer mit. Die Kompetenzen und Erkenntnisse aus dieser Forschung würden heute in aktuellen Produkten eingesetzt und hätten zur kontinuierlichen Optimierung der Entwicklungsprozesse geführt.

Die Entwicklungsplattform von Conti basierte auf einem Fahrzeug des Partners EasyMile. Die heutigen Shuttles von EasyMile werden mit Continental-Komponenten in Serie produziert und weltweit in öffentlichen und privaten Projekten eingesetzt.

Conti rechnet damit, dass kommerzielle Systeme in der Breite in den kommenden Jahren vor allem in zwei Bereichen wachsen: fahrerlose Taxis im städtischen Umfeld und große fahrerlose Lastwagen im Fernverkehr. In diesem Zusammenhang hebt der Zulieferer die Partnerschaft mit dem US-Unternehmen Aurora hervor. Gemeinsam werden autonome Lkw-Systeme entwickelt, die ab 2027 in den USA in Serie gehen sollen.