Nach Trump-Sieg: Was auf deutsche Hersteller zukommt

Viele hatten mit einer tagelangen Hängepartie wie 2020 gerechnet. Doch bei der US-Präsidentschaftswahl 2024 steht der Sieger schon am Morgen danach fest: Donald Trump wird der 47. Präsident der Vereinigten Staaten.

Im Januar kommenden Jahres zieht er offiziell ins Weiße Haus ein und tritt sein Amt an. Deutschlands Autohersteller dürften aber schon jetzt damit anfangen, sich vorzubereiten. Denn Trump hat mehrfach deutlich gemacht, dass er eine protektionistische Wirtschaftspolitik plant und  Einfuhrzölle erheben will.

Fragezeichen gibt es auch bei der künftigen Förderung von Elektroautos in den USA unter Trump, wenngleich der prominenteste Unterstützer Trumps, Elon Musk, zugleich Chef des E-Auto-Pioniers Tesla ist.

Die Biden-Harris-Regierung hatte Vorschriften eingeführt, um die Autohersteller zur Reduzierung von Emissionen ihrer Flotten zu ermutigen, etwa im Rahmen des Inflation Reduction Acts von 2022.

Dieser zielt darauf ab, die CO2-Emissionen der USA bis 2030 um 40 Prozent zu senken und Investitionen in die inländische E-Auto-Produktion zu erhöhen, indem entsprechende Kaufanreize geschaffen werden.

Der Markt für Elektroautos in den USA ist derzeit noch relativ klein. Der Anteil reiner E-Autos bei den Neuzulassungen liegt bei rund neun Prozent, in Deutschland ist er höher mit etwa 15 Prozent.

Allerdings erkennen US-Hersteller den Bedarf, die Elektrifizierung voranzutreiben, meinte Philippe Houchois, Analyst bei Jefferies, im Oktober: "Wir haben während der Trump-Regierung gesehen, dass die Unternehmen wissen, in welche Richtung sich die Branche entwickelt, und dass sie an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, wenn sie bei strengeren CO2-Vorgaben nicht mitziehen."

Problematischer dürften aber die Zölle werden, wenn diese auch auf europäische Autohersteller angewendet werden und möglicherweise eine Reaktion der Europäischen Union provozieren.

Ein Anstieg der Steuern würde die Gewinne der Hersteller schmälern, erklärte Pedro Pacheco, Vizepräsident für Forschung bei Gartner. Für BMW, Mercedes und Audi ist das besonders problematisch, brechen doch gerade die Gewinne im wichtigen China-Geschäft ein. Dies mit einem stärkeren US-Geschäft zu kompensieren, dürfte jetzt schwieriger werden. 

Gleichzeitig erwartet Pacheco, dass europäische Hersteller möglicherweise dazu ermutigt werden könnten, mehr Produktionsstätten in den USA aufzubauen oder bestehende Werke umzurüsten, um ihre Wettbewerbsposition auf dem US-Markt zu stärken.

Trump würde "versuchen, die Autohersteller in die USA zu holen, damit sie ihre Belegschaft dort vergrößern und innerhalb der USA produzieren", sagte Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach, der Automobilwoche-Schwester Automotive News Europe im Oktober. 

Während einer Wahlkampfrede in Savannah, Georgia, verkündete Trump, dass er einen dreistelligen Prozentsatz an Zöllen auf importierte Autos einführen würde, um die Anzahl der in den USA gebauten Fahrzeuge zu steigern. Schon während seiner ersten Amtszeit hatte Trump Strafzölle eingeführt, auch auf Waren aus der EU.

"Hier ist das Angebot, das ich jeder großen Firma und jedem Hersteller weltweit machen werde: Ich werde ihnen die niedrigsten Steuern, die niedrigsten Energiekosten, die geringste regulatorische Belastung geben. Und freien Zugang zum besten und größten Markt der Welt", hatte  Trump im Wahlkampf gesagt.

"Aber nur, wenn sie ihr Produkt hier in Amerika herstellen. All das entfällt, wenn Sie nicht hier produzieren und amerikanische Arbeitskräfte einstellen. Wenn Sie nicht hier produzieren, müssen Sie einen sehr hohen Zoll bezahlen", fügte er hinzu. "Ich will, dass deutsche Autohersteller zu amerikanischen Autoherstellern werden. Ich will, dass sie ihre Werke hier bauen." 

Deutsche Autohersteller waren schon während Trumps erster Amtszeit unbeliebt. "Trump hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er alles unternimmt, um deutschen Premiumherstellern das Leben schwer zu machen, die er offenbar hasst", sagte Autoanalyst Jürgen Pieper vor der Wahl.

Derzeit produzieren BMW, Mercedes und Volkswagen bereits einen erheblichen Teil ihrer Fahrzeuge in großen Werken in den USA. So beschäftigt das BMW-Werk in Spartanburg 11.000 Mitarbeiter und produziert 1500 SUVs pro Tag für die USA sowie 120 Exportmärkte. Sollten die deutschen Hersteller ihre Produktion in den USA ausweiten, könnten sie gezwungen sein, die Produktion in Deutschland zu reduzieren.

Trump-Freund und Tesla-Chef Elon Musk dürfte jetzt frohlocken: Falls Trump strenge Zölle auf chinesische Importe einführt, würde das die Expansion von Teslas chinesischen Konkurrenten Nio und BYD in den Vereinigten Staaten ausbremsen.

Pacheco rät europäischen Autoherstellern, sich nicht allein von der US-Politik abhängig zu machen. "Es gibt ein Element, das den Erfolg ausmachen kann: das richtige Produkt für den Markt zu haben." Autohersteller sollten ihren Fokus auf die beiden wichtigsten Treiber der Transformation legen: Digitalisierung und Software.

Europäische Hersteller sollten auch nach China schauen, um aus dortigen Entwicklungen zu lernen und diese auf den US-Markt anzuwenden, sagte Bratzel. "Die Chancen stehen für die Chinesen unter Trump nicht gut. Sie müssten in die USA kommen."

Der europäische Branchenverband Acea betonte vor der Wahl den freien und fairen Handel, um eine wettbewerbsfähige europäische Autoindustrie zu schaffen. "Unabhängig vom Ergebnis der US-Wahl wird freier und fairer Handel eine wesentliche Säule der transatlantischen Beziehungen sein. Wir freuen uns darauf, dass die Politiker beider Seiten des Atlantiks zusammenarbeiten", sagte ein Sprecher.

Anmerkung der Redaktion: Die Experteneinschätzungen in diesem Artikel wurden vor der US-Wahl vorgenommen.