Diese Sprünge macht die Batterietechnik gerade

Nach der jünsten Autoshow in Peking und zahlreichen Ankündigungen von Autobauern, Batteriezellenherstellern und StartUps wird klar: Elektroautos werden schon bald die durchschnittliche Reichweite von Verbrennerautos übertrumpfen. Nur noch im Schwerlastbereich werden starke Dieselmotoren noch längere Zeit gegenüber dem E-Antrieb im Vorteil sein.

Galten vor fünf Jahren elektrische Reichweiten von 300 Kilometern noch als beachtlich, so haben inzwischen mehrere Unternehmen Batterien kurz vor der Serienreife, die einen durchschnittlichen Pkw mehr als 1000 Kilometer weit antreiben dürften.

Dabei werden sehr große, schwere, kostspielige und auch umweltbelastende Batterien für die meisten Anwendungen immer weniger wichtig – denn die Ladetechnik macht ebenfalls enorme Fortschritte. Das Aufladen von mehreren hundert Kilometern Reichweite in zehn Minuten Ladezeit rückt in greifbare Nähe. Wir haben eine Reihe von Innovationen unter die Lupe genommen.

Selbst Fahrzeuge, die bis vor kurzem noch als "un-elektrifizierbar" galten wie etwa die G-Klasse von Mercedes können mit Batterien der neuesten Generation auf praxistaugliche Reichweiten kommen.

Mercedes stellte vor wenigen Tagen in Peking den G580 mit der Technik der EQ-Baureihe vor. Damit kann sogar dieser Fahrzeug-Saurier in die technische Gegenwart katapultiert werden. Der Strom kommt aus einer 116 kWh-großen Batterie, die aus 216 Zellen besteht. Sie sind in zwei Lagen übereinander angeordnet und werden rundum gekühlt.

Lohn der Mühe: Das fast drei Tonnen schwere Allrad-Fahrzeug kommt auf eine WLTP-Reichweite von bis zu 473 Kilometern. Beim Schnell-Laden mit bis zu 200 kW Gleichstrom sollen die Batterien des G580 in 32 Minuten ihre von zehn auf 80 Prozent wiederaufgeladen sein. Das bedeutet eine rasante Ladezeit von 2,5 kWh pro Minute.

Vor wenigen Tagen präsentierte der weltgrößte Batteriezellenhersteller CATL eine Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie (LFP), die einem durchschnittlich schweren Pkw eine Reichweite von mehr als 1000 Kilometern ermöglichen soll. Die Batterie namens "Shenxing Plus" ist nach Angaben des Unternehmens damit die weltweit erste LFP-Batterie, die solche Reichweiten erreichen soll.

Das Besondere an der LFP-Zellchemie sind vor allem deutlich geringere Kosten und zugleich einfacher zu beschaffende Rohstoffe. CATL hat bereits eine LFP-Batterie "Shenxing" im Angebot, die eine Reichweite von rund 700 Kilometern schafft und derzeit in China bereits von mehreren Herstellern verbaut wird.

Schlagzeilen machte auch das koreanische Forschungsinstitut Korea Institute of Science and Technology (KAIST). Die Koreaner entwickelten im Labor eine Batterie, die in wenigen Sekunden vollständig geladen werden kann.

Revolutionieren könnte dagegen eine Batterietechnik die Autolandschaft durch die Entwicklung eines israelischen StartUp, an dem unter anderem auch Volvo Cars und Daimler beteiligt sind.

Das Unternehmen StoreDot aus Tel Aviv hat ein Serienfahrzeug von Polestar mit einer extrem schnell aufladbaren Batterie ausgerüstet. Die Fahrbatterie des Polestar 5 mit einer Kapazität von 77 kWh ist den Angaben zufolge in nur zehn Minuten zu 80 Prozent geladen. Dabei würde keine Überhitzung auftreten, das System arbeite stabil.

Die beiden Unternehmen sprechen von einem "Meilenstein in der Batterieladetechnik." Die so genannte XFC-Technik (extrem fast charging) sei reif für den Serieneinsatz.

Einen anderen Weg beschreitet Toyota mit der Entwicklung einer massentauglichen Festkörper-Batterie (Solid State Battery, SSB). Ab 2027 wollen die Japaner Batterie in größeren Mengen für erste Serienanwendungen produzieren. Ihre Vorteile sind die größere Kapazität, die deutlich bessere Sicherheit gegenüber Entzündung und auch eine längere Lebensdauer.

Die Festkörper-Batterie hat zwar grundlegende Vorteile gegenüber den aktuellen halbflüssigen oder gelartigen Lithium-Ionen-Batterien, allerdings ist ihre Herstellung weit komplexer und kostspieliger.

Ab 2028 soll die Produktion ausgeweitet werden und auch für Fahrzeuge aus günstigeren Fahrzeugsegmenten zur Verfügung stehen. Toyota verspricht dann Batterien mit einer Aufladezeit von rund zehn Minuten für 80 Prozent Kapazität und einer Reichweite für einen Pkw von rund 1200 Kilomentern.

Technologischer Partner von Toyota bei diesem Projekt ist der japanische Mineralölkonzern Idemitsu Kosan. Idemitsu arbeitet bereits seit 2001 an Festkörperbatterien und hat bereits eine Pilotanlage für die Herstellung dieses Batterietyps am Laufen.

Idemitsu soll insbesondere noch dabei helfen, ein gravierendes Problem bisheriger SSBs zu lösen: Bei häufigem Be- und Entladen kommt es dort zu Rissen zwischen den Elektroden und dem Festelektrolyt.

Nochmals einen anderen Weg beschreitet der chinesische Autobauer Nio. Das Unternehmen hatte im Februar bekannt gegeben, eine halb-feste Batterie für ein Batteriepack mit einer sehr großen Kapazität von 150 kWh zu bauen. Damit sollen diverse Automodelle rund 800 WLTP-Kilometer weit kommen.

Dass in der Batterieentwicklung auch scheinbar kleine Details viel bewirken können, zeigt BMW in seinem "Battery Cell Competence Center" (BCCC) in Parsdorf. Das Zentrum entwickelte eine neue Rundzelle, die allein durch ihre Bauart und ein effizientes Kühlmanagement ein um 30 Prozent schnellers Laden und 20 Prozent mehr Energiedichte ermöglicht hat.

Dadurch kann BMW bei seiner "Neuen Klasse" der E-Autos die Reichweite um rund 30 Prozent steigern gegenüber der aktuellen prismatischen Batterie der 5. Generation. 

Nicht zuletzt bietet die neue Rundzelle bessere Möglichkeiten für das kompaktere Verbauen der Batteriepacks - Experten sprechen von einer "Cell-to-pack" und "Pack-to-open-body"-Technik.

Zudem blickt BMW auch auf die Festkörperbatterie. Ab Sommer wollen die Bayern diese Batterietechnik in Parsdorf auf einer ersten Produktionslinie in Kleinserie herstellen. Unterstützt wird der Autobauer dabei vom Festkörper-Batterie-Experten Solid Power. Allerdings spricht BMW noch von "mehreren Jahren" bis zu einer Serienproduktion im größeren Maßstab.