Analyse: Warum sich Tesla den Krisenmodus noch länger leisten kann

Dass Tesla keine guten Zahlen vorlegen wird, war erwartet worden. Doch mit den am Dienstagabend veröffentlichten Daten für das erste Quartal liegt der Autobauer sogar noch unter den verhaltenen Schätzungen der Analysten. Die gingen von einem Umsatz von rund 21 Milliarden Dollar (18,4 Mrd. Euro) aus und von rund 600 Millionen Gewinn. 

Am Ende des ersten Quartals stehen 19,3 Milliarden Dollar Umsatz (minus neun Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum) und nur 409 Millionen Dollar Reingewinn in den Büchern – ein Minus von 71 Prozent. 

Drastische Zahlen, die Tesla-Chef Elon Musk sicher nicht gefallen. Allerdings: Der Autobauer kann sie verschmerzen. Tesla verfügt über eine Nettoliquidität von knapp 37 Milliarden US-Dollar (32,4 Mrd. Euro). Das ist ähnlich viel, wie Volkswagen zuletzt ausgewiesen hat und 38 Prozent mehr als noch im ersten Quartal 2024. Das Plus resultiert vor allem aus niedrigeren Investitionen (CAPEX). Zum Vergleich: BMW hat rund 15 Milliarden Euro weniger auf der hohen Kante.

Tesla könnte es sich also leisten, noch länger im Krisenmodus zu fahren. Doch Musk zieht Konsequenzen: Er hat nach einigem hin und her angekündigt, sich ab Mai wieder mehr um Tesla und weniger um die US-Politik kümmern zu wollen. Schon ab Mai wolle er die Arbeit für die DOGE-Behörde deutlich reduzieren und sich nur noch "ein oder zwei Tage pro Woche" mit Regierungsangelegenheiten befassen. 

Dass er damit die gegen sich aufgebrachten, ehemaligen Tesla-Fans wieder befrieden kann, ist fraglich. An Musks politischer Haltung dürfte der Rückzug nichts ändern, wenngleich der Unternehmer seine Meinung schon in der Vergangenheit öfters geändert hat.

Analysten gehen inzwischen davon aus, dass Musks Handeln die Nachfrage nach Teslas dauerhaft um bis zu 20 Prozent drücken könnte.  

Tesla selbst macht für die schlechten Zahlen vor allem die Umstellung des Model Y in allen vier Fabriken auf die Facelift-Version verantwortlich, was zu einem vorübergehenden Produktionsstopp und damit zu gesunkenen Verkäufen geführt hat: Die 13 Prozent weniger Fahrzeuge, die Tesla im Q1  gegenüber dem Vorjahr verkauft hat (insgesamt 336.681 Fahrzeuge), gehen nahezu ausschließlich auf das Konto der Bestseller Model Y und 3.  

Aber auch niedrigere Preise belasten laut Q1-Bericht das Geschäft: Aufgrund von Kunden-Incentives und einem veränderten Verkaufsmix – sprich: mehr Kunden haben zu günstigeren Fahrzeugen gegriffen – sank der durchschnittliche Fahrzeugpreis und damit die Einnahmen.

Mit dem Autogeschäft selbst hat Tesla im ersten Quartal 13,97 Milliarden Dollar umgesetzt – dem gegenüber stehen Umsatzkosten von 11,7 Milliarden Dollar. Die Autosparte kommt damit immerhin noch auf einen Brutto-Gewinn von knapp 2,3 Milliarden Dollar. 

Vor allem niedrigere Produktionskosten für das neue Model Y und den Cybertruck machen sich positiv bemerkbar. Aber: Knapp 600 Millionen Dollar des Automotive-Gewinns gehen allein auf das Konto des Emissionshandels, den US-Präsident Trump jedoch abschaffen will.  

Gut läuft das Geschäft mit Batterien und Energie-Lösungen: Knapp 800 Millionen Dollar Brutto-Gewinn brachte die Energiesparte ein. Weitere 100 Millionen Dollar kommen zudem aus dem Bereich Services mit Reparaturen und Wartung, Merchandising und den Superchargern – gegenüber dem Vorjahr ist das Ladenetz um weitere 1800 Stationen gewachsen, insgesamt wurden 1,4 Terrawattstunden Strom verkauft.  

Insgesamt erzielte Tesla im Q1 einen Brutto-Gewinn von 3,2 Milliarden Dollar – gut 500 Millionen weniger als im Q1/2024 und deutlich weniger als beispielsweise im dritten Quartal: Hier standen knapp fünf Milliarden in den Büchern. 

Demgegenüber stehen sogar leicht gestiegene Betriebskosten: knapp 2,8 Milliarden Dollar. Vor allem die R&D-Kosten liegen mit 1,4 Milliarden Dollar höher als sonst. Geld, das vor allem in die Entwicklung von KI-Projekten für das autonome Fahren geflossen ist. Tesla setzt anders als andere Hersteller weiterhin ausschließlich auf Kameralösungen und aufwändige Bildverarbeitung.

Tesla will an seinen Plänen festhalten, 2026 in der Gigafabrik in Texas mit der Serienfertigung seines Robotaxis Cybercab zu beginnen. Schon im Juni sollen in Austin die ersten Prototypen auf die Straße kommen. Schon heute fahren in den US-Fabriken Model 3, Model Y und Cybertruck autonom vom Band zur Verladestation.

Zurück zu den Zahlen: Mit einer operativen Marge von nur 2,1 Prozent rangiert Tesla derzeit in der Autobranche ziemlich weit unten. VW Pkw liegt mit 2,9 Prozent leicht darüber, BMW kommt auf 6,3 Prozent, Porsche auf 14 Prozent.

Eine Prognose, wie sich das Ergebnis entwickeln wird, gibt Tesla nicht ab: Der Hersteller kündigt lediglich an, die Herstellungskosten weiter senken zu wollen. Zum zu erwartende Absatzvolumen für 2025 will Tesla sich erst nach dem zweiten Quartal äußeren, Analysten erwarten allerdings einen weiteren Rückgang. 

Stoppen könnte den Rückgang neue Modelle, die der Autobauer dringend benötigt. Vor allem die Oberklasse-Typen Model S und X sind in die Jahre gekommen und spielen wirtschaftlich kaum mehr eine Rolle. Gleiches gilt für den Cybertruck, den Tesla noch in diesem Jahr aber immerhin erstmals auch außerhalb der USA verkaufen will: in Saudi-Arabien.

Wie gut Tesla seine Produktionspläne einhalten kann, ist unklar. Zuletzt musste der Hersteller den Import von wichtigen Teilen für Cybercab und die Serienfertigung des Semi Trucks (ebenfalls für 2026 geplant) aus China verschieben, da die Zoll-Last zu hoch wurde. 

Fest eingeplant hat Tesla allerdings, noch in der ersten Hälfte des Jahres die Produktion von "günstigeren Modellen" zu starten; zuletzt gab es auch Gerüchte, dass sich die Einstiegs-Modelle verzögern könnten. Details nennt Tesla nicht, verraten wird lediglich, dass die neuen Modelle sowohl Teile einer bestehenden wie auch einer neuen Plattform nutzen sollen.  

Bei den Low-Budget-Teslas dürfte es sich um Spar-Versionen des Model Y und eventuell auch des Model 3 handeln. Die neue Plattform, die zum Teil zum Einsatz kommen soll, könnte der Unterbau des Cybercab sein. Früheren Berichten nach sollen die Herstellungskosten für die neue Plattform 50 Prozent unter denen der aktuellen Basis liegen. 

Durch die nur anteilige Nutzung der bestehenden Plattform kann Tesla zwar nicht das gesamte Sparpotenzial entfalten, dafür lassen sich die Modelle leichter und vor allem deutlich günstiger in die bestehende Fertigung integrieren als eine komplett neue Baureihe. Und: Ausgelastet sind die Fabriken derzeit bei weitem nicht.

Die Gigafabrik in Kalifornien hat auf der Linie für Model 3 und Y, die dann auch die neuen Fahrzeuge nutzen werden, eine Kapazität von über 550.000 Fahrzeugen pro Jahr, in Texas können mehr als 250.000, in Berlin über 375.000 Einheiten hergestellt werden. Spitzenreiter ist Shanghai mit einer Kapazität von über 950.000 Fahrzeugen. 

Ob die geplanten günstigeren Modelle reichen, um Tesla wieder auf Kurs zu bringen, ist fraglich. Gerade weil sich der Wettbewerb zuspitzt – mit chinesischen Herstellern, europäischen Anbietern und neuen Plattform-Strategien etwa bei Volkswagen – wird der Druck auf Tesla zunehmen, sich wieder stärker über Innovationen zu definieren.

Das Cybercab könnte eventuell den Turnaround einleiten. Doch das Robotaxi ist derzeit vor allem ein Versprechen für die Zukunft und noch lange keine Antwort auf die Herausforderungen der Gegenwart. 

Somit bleibt der Spagat zwischen visionärer Technologieentwicklung, aggressiver Preispolitik und politischer Polarisierung weiterhin eine Zerreißprobe für das Unternehmen.