Strategiewechsel: Auf welche Modelle Porsche jetzt setzt und wie wichtig Verbrenner werden

Bei Porsche gab es über Jahrzehnte hinweg eine einfache Erfolgsformel. Sobald der Sportwagenbauer ein neues Modell ins Rennen schickte, waren die Kunden gierig darauf, dieses auch zu kaufen.

Das galt bei der Einführung der Baureihe 718 mit Boxster und Cayman in den 90er Jahren, das galt später auch bei den SUVs Cayenne und Macan oder der Reiselimousine Panamera. Sie alle sorgten für immer neue Absatzrekorde und ein fast schon explosives Wachstum bei Porsche seit der Jahrhundertwende.

Doch diese Erfolgsformel gilt mit dem Vormarsch der Elektromobilität nicht mehr. Der elektrische Taycan konnte die Erwartungen ebenso wenig erfüllen wie der elektrische Macan es tun wird.

Obwohl Porsche nach den Worten von Vorstandschef Oliver Blume im vergangenen Jahr die größte Produktoffensive aller Zeiten startete, ging der Absatz um drei Prozent auf 310.718 Einheiten zurück.

Vor allem in China hat der Sportwagenbauer ein  Problem, da Wirtschaftskrise und heimische Konkurrenz das Luxus-Segment unter Druck setzen. Auch 2025 soll der Absatz nochmals sinken – trotz der vielen erneuerten Modelle.

Die Reaktion ist eine umfassende Anpassung der Modell-Strategie, die Porsche-Chef Oliver Blume bei der Jahrespressekonferenz näher erläuterte. Dazu gehört, dass der 911 als Ikone des Sportwagenbauers weiter gestärkt werden soll.

Neben einer Kleinserie im Stil der 70er-Jahre für Sammler soll es auch ein neues Topmodell geben, das laut Blume "die Messlatte im Sportwagensegment weiter nach oben legen wird". Es könnte gegen Ende der Dekade kommen.

Ebenso kündigte Blume ein völlig neues SUV im Segment des Macan an. Der wird derzeit in Europa nur noch elektrisch angeboten, die Verbrenner-Variante soll auch für die anderen Märkte im Jahr 2026 auslaufen. Das neue Modell soll zwar "im Umfeld" des Macan angesiedelt sein, aber womöglich etwas höher positioniert werden.

"Das Modell könnte gegen Ende des Jahrzehnts auf den Markt kommen", heißt es in der Mitteilung. Dazu sollen Synergien innerhalb des Konzerns genutzt werden. So wurde bereits spekuliert, dass die Konzernschwester Audi dafür eine Plattform zur Verfügung stellt.

Bestätigt ist nun auch, dass sowohl Cayenne als auch die Reiselimousine Panamera nochmals mit Verbrennungsmotor in die Verlängerung gehen sollen – "bis weit in die 30er Jahre hinein". Dies bedeutet, dass beide Modelle entgegen der ursprünglichen Planung umfassend überarbeitet werden und eine moderne Motorengeneration Einzug hält.

Geschuldet ist diese Kehrtwende dem verlangsamten Elektrohochlauf. "Die Modellpalette würde einen Anteil von 80 Prozent elektrischer Fahrzeuge im Jahr 2030 hergeben, doch das ist aktuell unrealistisch", sagte Blume.

Dazu passt, dass vom Projekt K1 praktisch keine Rede mehr war. Das Elektro-SUV mit sieben Sitzen im Luxus-Segment soll auf Basis der konzernweiten SSP-Plattform in Leipzig gebaut werden und war für das Jahr 2027 geplant. Die Bauarbeiten auf dem Werksgelände sind schon weit fortgeschritten.

Wann das Modell kommen wird, ist offen. Im Nachgang der Pressekonferenz sagte Oliver Blume der Automobilwoche: „Der rein elektrische K1 wird kommen. Wir kalibrieren gerade die Abfolge der Modelle und analysieren die Märkte. Davon abhängig entscheiden wir über den Zeitpunkt der Markteinführung.“

Das K1 war speziell für China und die USA gedacht, doch ist der Markt für ein derartiges Fahrzeug derzeit kaum vorhanden. Jetzt genießen die Verbrenner höchste Priorität, mit dem Siebensitzer ist wohl nicht vor Ende des Jahrzehnts zu rechnen.

Ebenfalls verzögert ist die Einführung der elektrischen Baureihe 718. Die sollte ursprünglich noch vor dem für 2026 geplanten elektrischen Cayenne auf den Markt kommen, zumal auch hier die Verbrennermodelle nicht mehr innerhalb der EU verkauft werden dürfen. Jetzt aber hat sich das Fahrzeug wegen der Pleite des Zellherstellers Northvolt nach Informationen der Automobilwoche auf das Jahr 2027 verschoben.

„Bei der elektrischen Baureihe im 718-Segment können auch wir uns dem Thema Verfügbarkeit von hochleistungsfähigen Zellen nicht entziehen", sagte Blume der Automobilwoche. Hier baue das Unternehmen gerade Alternativen auf.  "Deshalb werden wir das Fahrzeug nun nach dem elektrischen Cayenne bringen. Außerhalb der EU-Länder sind der 718 Boxster und Cayman heutzutage mit Verbrennungsmotor zum Beispiel in Großbritannien weiter erhältlich.“

Immer wichtiger wird für Porsche die Möglichkeit zur Individualisierung von Fahrzeugen. Wie bereits berichtet, sollen dafür am Stammsitz in Zuffenhausen Kapazitäten geschaffen werden.

Obwohl Porsche dies offiziell noch nicht bestätigt hat, dürfte dafür der elektrische Taycan aus Zuffenhausen nach Leipzig abgezogen werden. Schon in der Vergangenheit sei der Umsatz mit Sonderwünschen und den Angeboten der Manufaktur wie individuellen Farben deutlich erhöht worden, es gebe weiteres Potenzial. Dabei habe die Wirtschaftlichkeit der angebotenen Optionen oberste Priorität.

Für den Strategieschwenk in der Modellpolitik muss Porsche in den nächsten Jahren viel Geld in die Hand nehmen. Allein für 2025 hat das Unternehmen zusätzliche Entwicklungskosten in Höhe von 800 Millionen Euro angekündigt.

Dies dürfte analog für die kommende Jahre bis 2030 gelten. Kompensieren will Porsche dies durch ein weiteres Sparprogramm. So kündigte der neue Finanzchef Jochen Breckner Gespräche mit dem Betriebsrat für die zweite Jahreshälfte an.

Auch die Personalkosten sollen erneut Thema sein. Porsche hat bereits den Abbau von 1900 Stellen beschlossen, außerdem wurden Verträge von 2000 Leiharbeitern nicht verlängert.

In diesem Jahr geht Porsche von einer Rendite von nur zehn bis zwölf Prozent aus. Die mittelfristigen Ziele wurden einkassiert. Statt 17 bis 19 Prozent, wie beim Börsengang 2022 kommuniziert, sollen es nun 15 bis 17 Prozent sein.

Wann diese wieder erreicht werden können, ist aber noch offen. Finanzchef Jochen Breckner dämpfte bereits die Erwartungen. "Der Umbau wird etwas brauchen", sagte er und verwies wie bei vielen anderen Themen auf das "Ende des Jahrzehnts".