Premiere Mercedes CLA: Diese Innovationen schaffen es in die Serienversion

Selten ist ein neues Modell von Mercedes mit derart großer Spannung erwartet worden wie der neue CLA. 2023 hatten die Stuttgarter auf der IAA in München das Showcar vorgestellt. Nun erfolgte in Rom die Premiere mit Hunderten Journalisten und Influencern, die aus aller Welt dafür in die italienische Hauptstadt eingeflogen wurden.

Zwar handelt es sich beim CLA um eine sportliche Limousine und damit nicht um den großen Volumenbringer. Doch es ist das erste Fahrzeug, das auf der neuen MMA-Plattform für die Einstiegsmodelle von Mercedes basiert und vollgestopft ist mit Innovationen. „Als Technologie-Vorreiter wird er das Spiel auf eine andere Ebene heben“, schwärmte Mercedes-Chef Ola Källenius.

Dabei haben Designer und Ingenieure versucht, möglichst nahe an der vor zwei Jahre präsentierten Studie zu bleiben. Das war mitunter nicht einfach. So gibt es beispielsweise in Europa genaue Vorschriften, bis zu welcher Größe etwa ein Markenemblem in das Lichtkonzept integriert werden kann.

Also mussten die Ingenieure lange tüfteln, bis für die Rückleuchten ein klar erkennbarer Stern mit drei Zacken integriert werden konnte, ohne die Vorgaben zu verletzen.

Ebenfalls in die Serie geschafft hat es der komplett beleuchtete Frontgrill mit 142 LED-Sternen und einem zentralen Stern, der den Fahrer in verschiedenen Szenarien begrüßt und verabschiedet. Allerdings ist die Lichtsignatur im Gegensatz zum Audi A6 e-tron nicht per App individualisierbar. 

Die Frontscheinwerfer sind durch ein dünnes Leuchtband miteinander verbunden. Gleiches gilt für die Rückleuchten, die ebenfalls bei Einstieg und Verlassen des Fahrzeugs in unterschiedlicher Abfolge angesteuert werden. Design-Chef Gorden Wagener zog Vergleiche mit dem Bauhaus-Stil, um den Kern der Mercedes-Formgebung zu umschreiben. Am Ende gehe es bei Autos aber immer um Emotionen, so Wagener.

Wie schon bei der E-Klasse ist auch der neue CLA noch mehr auf Sportlichkeit getrimmt. Die Silhouette mit der nach hinten abfallenden Dachlinie wirkt coupéhafter als beim Vorgänger und erinnert stark an den CLE. Dazu kommen ein langer Radstand und kurze Überhänge vorn wie hinten. 

Der robuste Auftritt wird von großen Rädern unterstützt. Von der Designanpassung für neue Modelle, die in Zukunft wieder mehr auf traditionelle Elemente wie den markanten Kühlergrill aus den 70er oder 80er Jahren setzt, sind der CLA und alle weiteren Modelle der MMA-Plattform noch ausgenommen.

Noch mehr als außen hat sich innen getan. Wer erstmals im CLA sitzt, wähnt sich mindestens in einer C-Klasse. Auch hinten können größere Passagiere problemlos sitzen. Mercedes-Entwicklungschef Markus Schäfer spricht von einem deutlich verbesserten Raumgefühl, das vom serienmäßigen Panorama-Glasdach unterstützt wird. 

Die Fokussierung auf die Materialien Glas, Leder und Metall soll dem CLA eine reduzierte und zeitlose Eleganz verleihen. Hier stand die Design-Philosophie eines Zen-Gartens Pate.

Der CLA will in seiner Klasse Maßstäbe beim elektrischen Antrieb setzen. Obwohl die Batterie mit 85 Kilowattstunden nicht übermäßig groß ist, verspricht Mercedes eine WLTP-Reichweite von 792 Kilometer, in China sind es über 850 Kilometer. Dies wird durch einen besonders effizienten Antriebsstrang und eine neue Zellchemie mit erhöhtem Silizium-Anteil an der Anode ermöglicht. 

Das 800-Volt-Bordnetz erlaubt besonders schnelles Laden. So können innerhalb von zehn Minuten rund 300 Kilometer Reichweite nachgetankt werden, was längere Fahrten in den Urlaub erleichtert. In der Version mit 260 Kilowatt Leistung beschleunigt der CLA in unter fünf Sekunden auf Tempo 100.

Bei den Assistenzsystemen setzt Mercedes auf das Level 2++, das Fahrten in der Stadt von Punkt zu Punkt ermöglicht. Das Auto übernimmt dabei alle Aufgaben, erkennt auch Ampelsignale oder querende Fußgänger. Der Fahrer muss lediglich alle paar Sekunden bestätigen, dass er weiterhin aufmerksam ist. 

Anders als bei Level 3 des Drive Pilots von Mercedes bleibt er jedoch in der Verantwortung. Während das System in China und den USA bereits mit Markteinführung erhältlich sein dürfte, wird es in Europa aufgrund rechtlicher Unsicherheiten wohl noch einige Zeit dauern.

Der CLA ist das erste Modell von Mercedes, dass mit dem eigens entwickelten Betriebssystem MB.OS ausgestattet wird. Das ermöglicht eine radikale Reduktion der Steuergeräte, stattdessen bildet ein Supercomputer mit hoher Rechenleistung das neue Hirn des Fahrzeugs.

Aktualisierungen der Software über das Internet sind jederzeit möglich. Das Infotainment MBUX erreicht eine neue Stufe bei der Sprachassistenz, in dem es verschiedene KI-Agenten von Microsoft oder Google kombiniert. Die Grafik der Navigation erinnert an 3D-Spiele. 

Ausgestattet ist der CLA auf Wunsch mit einem Superscreen, der sich über die gesamte Cockpitbreite zieht und es dem Beifahrer ermöglicht, Filme zu schauen oder Angry Birds zu spielen. Dutzende von Apps von der Sportschau bis zu Disney Plus sind integriert.

Nach dem elektrischen CLA schickt Mercedes zum Ende des Jahres auch eine Verbrenner-Version mit einem sparsamen 1,5 Liter-Hybrid-Motor ins Rennen, der sich durch eine besonders kompakte Bauweise auszeichnet. Die Motoren kommen dabei erstmals aus der Kooperation mit Geely und werden in China für die Welt hergestellt. 

So will Mercedes die Kosten für die Kompaktklasse weiter drücken. Auch die Zahl der wählbaren Antriebs- und Ausstattungsvarianten wurde deutlich reduziert. Ein Diesel-Aggregat ist gar nicht mehr in Angebot. Auch auf einen Plug-In-Hybrid wurde verzichtet. Mercedes-typische Details wie die Handgriffe am Dachhimmel über den Türen fehlen ebenso wie Tasten für die Fensterheber hinten. 

Nach dem CLA folgen mit dem CLA Shooting Brake, dem GLA und dem GLB drei weitere Fahrzeuge auf der MMA-Plattform. Ebenso ist die kleine g-Klasse unterwegs, die wohl zumindest Teil der Architektur mit den Kompaktmodellen teilt. Es ist der Auftakt einer beispiellosen Modelloffensive. 

Weggefallen sind die A- und die B-Klasse, die vor allem in Europa eine gewisse Bedeutung als Einstieg in die Marke Mercedes hatten. Mit ihnen wollte der ehemalige Mercedes-Chef Dieter Zetsche vor allem jüngere Kunden ködern, mit dem Kalkül, dass diese später zu einer teureren C- oder E-Klasse greifen.

Im Rahmen der Luxusstrategie opfert Källenius diese Zielgruppe, um die Preise der Fahrzeuge und damit auch die Marge anheben zu können. Er argumentiert, dass Kunden dafür auch ein wesentlich hochwertigeres Produkt erhalten. Zudem sollen perspektivisch mehr Top-End-Modelle wie S-Klasse, G-Klasse oder AMG-Sportwagen und weniger Kompakte verkauft werden, weil in diesem Segment mehr Geld verdient wird. 

Der CLA wird somit auch ein Gradmesser, inwiefern dieser Plan des Konzernchefs aufgeht. Er muss sich in China gegen die lokale Konkurrenz behaupten und ebenso gegen BMWs Neue Klasse, die ebenfalls in diesem Jahr an den Start geht.

Ein entscheidendes Kriterium für den Erfolg des CLA und der kommenden Kompaktmodelle dürfte daher der Preis sein. Liegt dieser jenseits der 50.000 Euro und damit zu hoch, dann drohen weitere Jahre der Stagnation beim Absatz. Zum Vergleich: Die A-Klasse startete bisher bei einem Listenpreis (ohne Rabatte) von rund 38.000 Euro, der CLA ab 43.000 Euro, das CLE Coupé ist für 53.000 Euro zu haben, eine E-Klasse ab 59.000 Euro. 

Läuft der neue CLA nicht, könnte das deutsche Werke wie Rastatt, wo das Auto gebaut wird, mittelfristig in Gefahr bringen, da sich die Zahl der gebauten Modelle mit der neuen MMA-Plattform reduziert. Zumal Mercedes-Finanzchef Harald Wilhelm angekündigt hat, in Zukunft verstärkt Modelle ins ungarische Werk Kecskemet vergeben zu wollen.

Auch mancher Mercedes-Händler ist skeptisch, was die Wachstumsperspektiven für die Zukunft angeht. Die A-Klasse sei etabliert gewesen. "Wenn das Einstiegssegment künftig der CLA ist, dann fehlen uns kleinere Fahrzeuge, um die Kunden zu erreichen“, sagte Peter Pixner, Geschäftsführer der Pappas Holding und Sprecher des Mercedes-Agentenverbands Österreich, der Automobilwoche.

Er betreibt in Österreich und Ungarn 21 Standorte mit dem Stern und hofft, dass sich Mercedes künftig wieder stärker auf den europäischen Markt fokussiert.

Trotzdem ist er zuversichtlich, dass die deutschen Premium-Autobauer im Wettbewerb bestehen. "In Deutschland wird zu viel krankgejammert. Wir trauen den Herstellern zu, dass sie auf Sicht wieder in die Erfolgsspur zurückfinden.“