Analyse: Absatz sinkt – wie Porsche gegensteuert

Viele Jahre schwamm der Sportwagenbauer Porsche auf einer Erfolgswelle. Innerhalb der letzten zehn Jahre haben sich sowohl Umsatz als auch die Zahl der Mitarbeiter mehr als verdoppelt. Der wirtschaftliche Erfolg wurde 2022 gekrönt mit dem Börsengang, gleichzeitig übernahm Porsche-Chef Oliver Blume auch die Rolle des CEO im Volkswagen-Konzern.

Doch inzwischen hat auch Porsche mit einer Reihe von Problemen zu kämpfen. Es herrscht Alarmstimmung. Der chinesische Markt bricht weg, 2024 ging der Absatz dort um 28 Prozent zurück. Weltweit sanken die Verkaufszahlen um drei Prozent. Hinzu kommt: Die Elektrostrategie erweist sich als zu ambitioniert, die Doppelrolle Blumes wird zur Belastung. 2025 wird ein Jahr der Herausforderungen, in dem es wichtige Entscheidungen zu treffen gilt.

Im September vergangenen Jahres entsendete Porsche seinen bisherigen Deutschland-Chef Alexander Pollich nach China. Sein klarer Auftrag lautet, das Geschäft in dem einst größten und wichtigsten Markt wieder auf Vordermann zu bringen. Es ist eine schwierige Mission.

Nach langen Jahren des stetigen Wachstums bröckelt der Absatz der Sportwagen seit einigen Jahren massiv. 2024 verkaufte Porsche in China nur noch 56.887 Einheiten, ein Minus von 28 Prozent. 2021 waren es im ganzen Jahr noch 95.671 verkaufte Sportwagen und China der weltweit größte Markt.

Steigende Absatzzahlen sind vorerst nicht mehr zu erwarten. Der Markt für Verbrenner im Luxus-Segment wie Panamera, Cayenne oder 911 schrumpft. Die reinen Elektroautos wie Taycan oder Macan sind zu teuer, um am steilen Hochlauf der New Energy Vehicles in China teilzunehmen.

Die lokale Konkurrenz verkauft Autos mit ähnlichen Leistungsdaten für den halben Preis oder weniger. So hat Xiaomi von seinem ersten Elektroauto SU7, das auf der Messe in Peking werbewirksam gegen Porsche positioniert worden war, im ersten Jahr bereits mehr als 130.000 Exemplare absetzen können.

In diesem Jahr muss es für Porsche darum gehen, das Händlernetz zurechtzustutzen, Kosten zu sparen und neue Märkte im angrenzenden asiatischen Raum zu erschließen. Für Porsche-Chef Oliver Blume hat die Strategie "Value over Volume", also wertschaffendes Wachstum statt reinem Absatz oberste Priorität. Lieber mit weniger Autos Geld verdienen als sich einem ruinösen Preiskampf zu unterwerfen.

Der schnelle Umstieg auf Elektroantrieb bei Macan und der Baureihe 718 mit Boxster und Cayman (2025) fällt in eine Phase schleppender Nachfrage nach Elektrofahrzeugen. Der Taycan wird trotz umfassenden Facelifts inzwischen nur noch in einer Schicht gefertigt.

Deshalb werden bei Porsche verschiedene Szenarien diskutiert, um bei den verbleibenden Modellen wie Cayenne, Panamera, 911 und das bereits angekündigte Luxus-SUV K1 möglichst lange flexibel zu bleiben.

So könnte der Cayenne, der für 2026 rein elektrisch geplant war, auch nochmals eine komplette Überarbeitung der Verbrenner-Variante erhalten. Ursprünglich war nur ein Facelift geplant, das nach wenigen Jahren auslaufen sollte. Da es sich beim Cayenne um das aktuell meistverkaufte Modell handelt, scheint diese Anpassung dringend geboten.

Außerdem könnte der Cayenne auch als Basis für die Verbrenner-Version des K1 dienen, damit dieser nicht nur rein elektrisch auf der SSP-Plattform angeboten wird. Obwohl der Panamera gerade erst frisch auf den Markt gekommen ist, wird auch hier über eine Verlängerung nachgedacht.

Von seinem ambitionierten Ziel, im Jahr 2030 bereits 80 Prozent der Neuwagen als mit reinem Elektroantrieb oder als Plug-In-Hybrid zu verkaufen, ist Porsche-Chef Oliver Blume jedenfalls längst abgerückt. „Unsere Antriebsstrategie ist bewusst flexibel gestaltet“, sagt er nun. Doch dafür müssen in diesem Jahr entscheidende Weichen für die neuen Modelle gestellt werden.

Schon jetzt ist klar, dass die Anpassung der Elektrostrategie erhebliche Investitionen in neue Motoren und Plattformen erforderlich macht. Die Fokussierung auf Elektroantriebe sollte auch helfen, die Entwicklungskosten zu senken. Dieses Ziel ist nun in weite Ferne gerückt.

Weil gleichzeitig der Absatz insbesondere in China schwächelt, dürfte auch Porsche in diesem Jahr wie viele andere Hersteller zu drastischen Sparmaßnahmen greifen. Porsche-Finanzchef Lutz Meschke hatte bereits angekündigt, die Kostenstrukturen im Unternehmen auf einen Absatz von 250.000 Fahrzeugen anzupassen.

Bezogen auf den Absatz von 320.000 Einheiten im Jahr 2023 bedeutet dies ein Minus von gut 20 Prozent. Der Spardruck dürfte alle Bereiche vom Einkauf über die Produktion bis zum Vertrieb erfassen. 2024 wurde noch 310.000 Sportwagen verkauft, die Tendenz zeigt also nach unten.

Insbesondere aber würde dies auch den Abbau von gut 8000 der über 42.000 Beschäftigten im Konzern bedeuten. Zwar lässt sich dies zum Teil über die demografische Kurve, Leiharbeiter oder Vorruhestandsregelungen erreichen.

Nicht ausgeschlossen ist aber, dass auch bei Porsche erstmals seit vielen Jahren Mitarbeiter mit Abfindungsprogrammen zum freiwilligen Ausscheiden bewegt werden. Die Stimmung in der Belegschaft dürfte daher 2025 angespannt bleiben.

Mit dem Börsengang hat sich Porsche vor zwei Jahren ehrgeizige Ziele bei der Profitabilität gesetzt. So versprachen CEO Oliver Blume und sein Finanzchef Lutz Meschke den Investoren langfristig eine Marge von 20 Prozent. Davon ist der Sportwagenbauer im Moment aber weit entfernt.

Prognostiziert ist eine Marge von 14 bis 15 Prozent, und schon die erfordert enorme Kraftanstrengungen. Neben Einsparungen will Porsche daher auch neue Ertragsquellen erschließen.

Neben einem optimierten Produktmix und dem Verkauf von möglichst viel Sonderausstattung im Fahrzeug sieht Porsche auch noch Potenzial bei der Individualisierung. Vor allem beim 911 sind Kunden bereit, viel Geld für ein eingesticktes Logo auf dem Nappa-Ledersitz oder besondere Lackierungen auszugeben.

Nachgedacht wird deshalb über einen deutlichen Ausbau des Manufaktur-Betriebs, wie es auch Mercedes im vergangenen Jahr gemacht hat. Derzeit reichen die Kapazitäten nur für rund 500 Fahrzeuge im Jahr. Gut möglich ist daher, dass der Porsche Taycan aus der Produktion am Stammsitz in Stuttgart abgezogen wird und nach Leipzig geht.

Damit würde Platz geschaffen für eine deutlich erweiterte Manufaktur, mit der dann mehrere Tausend Sportwagen pro Jahr individuell veredelt werden können. Vor allem Finanzchef Lutz Meschke verspricht sich dadurch einen deutlichen Beitrag zur Profitabilität.

Erwartet wird, dass zum Taycan noch in diesem Jahr eine Entscheidung fällt. Dass Leipzig dieses Fahrzeug fertigen kann, hatte Produktionschef Albrecht Reimold in der Vergangenheit bereits mit einer kleinen Überlaufproduktion bewiesen.

Seit Oliver Blume im September 2022 auch den Vorstand des Volkswagen-Konzerns anführt, gibt es Kritik an dieser Doppelfunktion. In den zwei Jahren hat Blume zahlreiche Posten bei den Wolfsburgern mit Porsche-Leuten besetzt. Prominentestes Beispiel ist Audi-Chef Gernot Döllner, der zuvor viele Jahre lang die Produktstrategie von Porsche leitete.

Auf diese Weise sind dem Sportwagenbauer viele jüngere Top-Manager abhandengekommen, die wiederum ersetzt werden mussten. Dass einige der besten Führungskräfte jetzt für den VW-Konzern arbeiten, stößt in Zuffenhausen nicht nur auf Verständnis.

Investoren kritisieren zudem die schiere Arbeitsbelastung von Blume, der sich eine Sechs-Tage-Woche verordnet hat. Außerdem führt die Doppelrolle zwangsweise zu Interessenskonflikten.

„Der CEO in Wolfsburg war immer in der ­Rolle, zwischen den Marken auszugleichen, etwa bei Budgets für Audi und Porsche. Das funktioniert jetzt nicht mehr“, sagt etwa Aktionärsvertreter Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment, dem Wertpapierhaus der Sparkassen.

Zwar betont Blume stets die Vorteile seiner Rolle, etwa bei der Schaffung von Synergien. Doch ein Tag hat nun mal nur 24 Stunden. So mehren sich die kritischen Stimmen im Unternehmen, die auf die ständige Abwesenheit und lange Entscheidungsprozesse hinweisen. Dabei ist Blume angesichts der Vielzahl der Probleme von Porsche geforderter denn je.

Für den Sportwagenbauer wäre es daher wichtig, in diesem Jahr Klarheit zu schaffen. Da Blume im Volkswagen-Konzern unbestritten viele Reformen angestoßen hat und das Sparprogramm der Kernmarke erfolgreich verabschiedet hat, könnte er sich auf seine Rolle bei Porsche zurückziehen.

Es stellt sich allerdings die Frage, wer dann in Wolfsburg an die Konzernspitze rücken soll. Oder aber Blume konzentriert sich voll auf den Konzern, dann muss er seinen Posten in Stuttgart räumen.

Als Übergangschef könnte Finanzvorstand Lutz Meschke das Unternehmen führen, bis ein geeigneter Kandidat für eine längerfristige Lösung gefunden ist. Dass bisher kein Nachfolger für Blume in Stuttgart in Sicht ist, mag als größtes Versäumnis der vergangenen Jahre gelten.