Wie Google, Amazon und Ebay den Autohandel umkrempeln wollen

Seien es Turnschuhe, Fernseher, Spielzeug oder der Entkalker für den Kaffeevollautomaten: So gut wie jeder Gegenstand des täglichen Bedarfs wird mittlerweile online gekauft. Nur bei Autos kam der Onlinehandel bisher nicht recht in Schwung.

Doch das könnte sich sehr bald ändern. Denn auf der Suche nach immer neuen Geldquellen richten US-Tech-Giganten ihren Blick auf die Autobranche. Sowohl Google als auch Amazon und Ebay treiben ihre Pläne voran, sich auch in Europa zwischen Händler und Kunde zu zwängen.

Google etwa testet derzeit sein Anzeigenformat "Google Vehicle Ads" in Deutschland, Amazon hat für Hyundai einen "Brand Space" eingerichtet und auf Ebay gibt es seit September nicht mehr nur Teile, sondern auch gleich die Reparatur zu kaufen.

Dass der Angriff der Tech-Riesen jetzt erfolgt, ist kein Zufall, meint Philipp Kranich, Senior Manager bei der Retail-Unternehmensberatung rpc: "In Zeiten von schwacher Nachfrage und intensivem Wettbewerb sind die Chancen für Dienstleister größer." Die Geschäftsmodelle der Tech-Riesen seien auf die Generierung von Leads ausgerichtet.

Und in schwierigen Zeiten seien Hersteller und Händler eher geneigt, in zusätzliche Kaufanreize zu investieren. Zumal gerade letztere beim Online-Vertrieb bisher eine offene Flanke haben.

Der große Vorteil der neuen Angreifer ist dabei vor allem deren Strahlkraft. "Google, Ebay und Amazon haben bekannte Marken, eine große Reichweite und einen Bestell- beziehungsweise Suchprozess, mit dem viele Verbraucher vertraut sind", ergänzt rpc-Partner Matthias Braun.

Die neuen Angebote setzen an sehr unterschiedlichen Stellen der Wertschöpfung an. Amazon etwa zielt vor allem auf Neuwagenkunden. Diese können in den USA direkt auf Amazon vom Hyundai-Händler Fahrzeuge kaufen und sich diese dann nach Hause liefern lassen – "mit der vertrauten Amazon-Experience", so das Versprechen.

In Deutschland geht das noch nicht. "Die Zusammenarbeit dient im ersten Schritt dazu, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen und die Marke sichtbarer zu machen. Im zweiten Schritt wollen wir auch konkret in die Leadgenerierung gehen", sagt Hyundai-Deutschland-Chef Ulrich Mechau.

Doch das muss nicht so blieben. Hyundai hat sich in seinen aktuellen Händlerverträgen ausdrücklich das Recht auf Direktvertrieb gesichert. Man wolle das Geschäft aber unbedingt gemeinsam mit den Händlern machen, beteuert Mechau.

So oder so: Amazon wäre als Kanal dafür wie gemacht. Und Hyundai ist nur der "Official Launch Partner", weitere Marken dürften folgen. Gerade auch für chinesische Marken könne Amazon eine Möglichkeit sein, in den europäischen Markt zu drängen, meint Kranich.

Googles Vehicle Ads dagegen dürften vor allem – aber nicht nur – bei der Vermarktung von Gebrauchtwagen zum Einsatz kommen. Sucht ein Autokäufer etwa einen Einser-BMW Baujahr 2022, gibt er dies in die Suchleiste ein.

Daraufhin werden ihm direkt in den Suchergebnissen entsprechende Autos aus seiner Region angezeigt. Klickt man auf eine der Anzeigen, landet man direkt beim Anbieter – etwa dem Händler.

In den USA ist das Angebot bereits etabliert, in Deutschland läuft derzeit die so genannte Closed-Beta-Phase, in der ausgewählte Händler das Angebot testen dürfen. Wird das Angebot hierzulande freigeschaltet, hat das Angebot Potential, das Duopol der Gebrauchtwagen-Platzhirsche Mobile.de und Autoscout24 aufzubrechen.

"Sollten Vehicle Ads in Deutschland eingeführt werden, bin ich überzeugt, dass das für Händler eine echte Revolution sein wird. Autohändler werden sich so mittelfristig von externen Fahrzeugbörsen unabhängig machen können", erklärt Andreas Kühnen.

Die gleichnamige Agentur des Marketingprofis ist als Google-Partner in die Beta-Testphase eingebunden. "Mit Google Vehicle Ads wird der Markt für Gebrauchtplattformen neu gemischt", sagt auch Matthias Braun.

Dafür muss der Handel aber selbst aktiv werden. Denn Vehicle Ads sind kein Selbstläufer. Ohne Online-Marketing-Strategie und eine Webseite mit integrierter Fahrzeugsuche geht es nicht.

"Ein Großteil der Händler ist derzeit noch nicht auf digitales Marketing eingestellt", so Kühnen. Aus diesem Grund sei die Abhängigkeit von den Fahrzeugbörsen überhaupt erst entstanden. Wollten sich die Händler aus der Abhängigkeit lösen, müsse sich das ändern.

Zielgruppe bei Ebay wiederum sind weniger Händler als vielmehr freie Werkstätten. Kaufen Verbraucher auf der Plattform Autoteile, können sie seit Kurzem den dazugehörigen Werkstattservice gleich mitbuchen und bezahlen. "Für uns ist Transparenz und Vertrauen entscheidend. Die Kunden zahlen den Preis, der ihnen angezeigt wird.

Die Partnerwerkstätten drängen die Kunden vor Ort nicht in Zusatzgeschäfte", sagt Lennart Trautmann, Head of Installation for Parts & Accessories bei eBay Motors Deutschland. Ziel sei, dass 80 Prozent der Käufer nicht weiter als zehn Kilometer von der nächsten E-Bay-Werkstatt entfernt sind. Vermittelt werden die Partner über das Werkstatt-Portal repareo.

Doch Philipp Kranich ist skeptisch: "Ein entscheidender Aspekt für die teilnehmenden Betriebe ist die Rechtssicherheit: Verbaut eine Werkstatt ein Teil aus einer dubiosen Quelle, haftet sie dafür." Hinzu kommt, dass viele Werkstätten bis zum Anschlag ausgelastet sind – ohne dass sie dabei einen Teil ihres Ertrags an den Dienstleister Ebay abgeben.

"Für mich ist das Angebot mit großen Fragezeichen verbunden. Geht die Nachfrage für Werkstattleistungen in einigen Jahren aufgrund von Elektromobilität zurück, kann dies eine Chance sein, zusätzliches Volumen zu bekommen", sagt Kranich.