Honda gilt als der "japanische BMW." Die Ingenieure des drittgrößten japanischen Autobauers nach Toyota und Nissan haben schon immer nach besonderen Lösungen gesucht und sie auch oft gefunden. Doch als Solo-Tänzer wird die Autosparte von Honda Motor Company keine Zukunft haben, das ist schon lange klar.
Der am vergangenen Freitag zum neuen Vorstandschef gekürte Toshihiro Mibe (59) macht in seinen ersten Äußerungen nach dieser Ankündigung deutlich, dass Honda noch weit mehr mit anderen Autobauern kooperieren könnte als das bisher geplant war.
Honda stehe vor einer "großen und schnellen Transformation", kündigte Mibe in einer ersten Pressekonferenz an. "Ich denke, dass wir uns nicht nur auf uns selbst verlassen sollten. Ich werde dafür eintreten, Allianzen zu nutzen oder externe Experten hinzuzuziehen, um den Prozess (der Veränderungen) zu beschleunigen."
Der scheidende Vorstandschef Takahiro Hachigo machte deutlich, Mibe sei gewählt worden, weil man ihm diese Öffnung zutraue wie keinem anderen. Schließlich hat Mibe die bestehende Kooperation mit General Motors wesentlich vorangetrieben. Mibe sei offen für Veränderungen und verstehe wie kein anderer, vor welchen Herausforderungen die Antriebstechnik angesichts der Umweltgesetze weltweit stehe, sagte Hachigo.
Entwicklungschef erneut an der Spitze
Mit der Nominierung von Mibe, der zum 1. April sein neues Amt antreten soll, gelangt wieder ein ehemaliger Entwicklungschef an die Spitze des ingenieurgetriebenen japanischen Autobauers. Er leitete die Entwicklung von Honda Motors seit 2019, kam aber schon 1987 als junger Mann zu Honda.
Während der scheidende Vorstandschef Hachigo Chassis-Experte war, ist Mibe ein Motoren- und Antriebsexperte. 2012 wurde er Abteilungsleiter im Powertrain-Bereich, 2015 übernahm er die Antriebssparte komplett.
Doch bei allem Stolz auf dieses Motoren-Know-How gilt Mibe auch als Kenner der Herausforderungen rund um die Elektrifizierung des Automobils. Er war und ist derjenige Honda-Experte, der all die Gespräche führte, bei denen es in den vergangenen Jahren um eine vertiefte Kooperation im Bereichs Elektrifizierung ging.
Kooperation mit GM hat womöglich Grenzen
Auf ihre leistungsfähigen und effizienten Benzinmotoren, insbesondere auf die spezielle variable Ventilsteuerung namens VTEC, sind die Honda-Ingenieure sehr stolz - so stolz, dass sie sich lange Zeit nicht wirklich mit dem Thema Elektromobilität beschäftigen wollten.
In den letzten Jahren wurde immer deutlicher, dass Honda in diesem Bereich ein großes Know-How-Defizit hat. Mit dem im vergangenen August gestarteten Honda-e gelang ihnen zwar ein eigenständiges und international anerkanntes E-Auto, das jedoch wegen seines relativ hohen Preises nicht gerade als Verkaufsschlager bezeichnet werden kann.
Deshalb hatte Honda im vergangenen September entschieden, die bislang eher auf Sparflamme kochende Kooperation mit General Motors auszuweiten. Man vereinbarte, künftig auf dem nordamerikanischen Markt gemeinsame Plattformen zu entwickeln. Außerdem wollen beide Unternehmen im Bereich Batterien, Brennstoffzelle und autonomes Fahren stärker zusammenarbeiten.
Doch so harmonisch wie gedacht scheint diese Kooperation nicht zu funktionieren. GM-Chefin Mary Barra hat die Devise "electric first" ausgegeben. Von 2035 an soll GM kein Fahrzeug mehr mit Diesel- oder Benzinmotor bauen.
Der designierte Honda-Chef Mibe sagte jetzt zur Kooperation mit GM, es gebe dabei "unterschiedliche Perspektiven." Hinter dieser etwas verklausulierten Formulierung steckt die Erkenntnis, dass beide Autobauer unterschiedliche Prioritäten haben auf ihren sehr unterschiedlichen Märkten.
Die Botschaft jedoch ist klar: Honda sucht nach weiteren Partnern, die bereit sind, auf Augenhöhe mit der stolzen Marke kooperieren zu wollen.
Lesen Sie auch:
Toshihoro Mibe wird neuer Chef von Honda
Ab Herbst nur noch als Hybrid: Honda startet neuen HR-V
Fehlende Halbleiter: Honda und Nissan senken Absatzprognose
Verbrenner-Aus bis Mitte der 30er Jahre: Japan forciert Wechsel zu Elektro- und Hybrid-Autos
Aus dem Datencenter: