Der Sanierungsplan von Renault-Vorstandschef Luca de Meo mit dem schwierig auszusprechenden Namen "Renaulution" hat als oberstes Ziel die nachhaltige Profitabilität. Gleichzeitig will Renault bis 2050 in Europa den CO2-Fußabdruck der Gruppe auf Null reduzieren.
Das bereits 2020 gestartete Sparprogramm wird ausgeweitet: Es soll nun bis 2025 laufen und soll bis dahin zu Einsparungen von drei Milliarden Euro geführt haben. Bisher war von zwei Milliarden Euro Einsparungen bis 2022 die Rede gewesen.
Ob damit einher auch noch mehr Stellenstreichungen gehen, blieb zunächst unklar. Während der Pressekonferenz ging de Meo dazu nicht ein. Er sagte lediglich, der Umbau sei auch für die Zukunft der Mitarbeiter wichtig. Bereits Anfang 2020 hatte Renault den Abbau von rund 15.000 Stellen angekündigt.
Das Unternehmen will seine Leistung künftig nicht mehr an Marktanteilen und Umsatz messen, sondern an Rentabilität, Cash-Generierung und Effektivität der Investitionen. Der übergreifende Leitspruch de Meos lautet: "From Volume to Value."
Dies geht einher mit einem umfassenden Umbau der inneren Organisation. De Meo will vier Geschäftseinheiten schaffen, die alle ein hohes Maß an Eigenständigkeit haben: Renault, Dacia-Lada, Alpine und die neue Marke "Mobilize."
Drei Phasen eines langjährigen Prozesses
Der Plan soll in drei Phasen ablaufen. Eine erste Phase der Erholung ("Ressurection") ist für die nächsten drei Jahre vorgesehen. Bis 2023 soll der Fokus auf der Verbesserung der Margen und der Cash-Generierung liegen.
Danach startet eine Phase der Erneuerung ("Renovation") von Ende 2023 bis 2025. In dieser Zeit will de Meo die Rentabilität verbessern und neue Fahrzeugsegmente erschließen.
Erst dann beginnt dem Konzernchef zufolge die eigentliche "Revolution:" ab 2025 will de Meo das Geschäftsmodell verstärkt auf Technologie, Energie und Mobilität ausrichten. Fernziel: Die Renault Gruppe soll ein Vorreiter der neuen Mobilität werden.
Wert ist das Ziel, nicht Volumen
"Bei der Renaulution geht es darum, das gesamte Unternehmen von Volumen auf Wert umzustellen. Es ist mehr als ein Turnaround, es ist eine tiefgreifende Transformation unseres Geschäftsmodells."
De Meo zufolge ist in den vergangenen Monaten ein solider und realistischer Plan entwickelt worden. "Wir haben unsere Prozesse verschlankt, angefangen bei der Entwicklung, unsere Größe angepasst, wenn es nötig war, und unsere Ressourcen in Produkte und Technologien mit hohem Potenzial gelenkt."
Die Marken der Gruppe sollen sich im Verlauf dieses Prozesses stärker profilieren und mehr Eigenständigkeit erhalten. "Dies wird unsere Marken stärken, jede mit ihrem eigenen klaren, differenzierten Gebiet; verantwortlich für ihre Profitabilität und Kundenzufriedenheit", erklärte de Meo.
Vom Autobauer zum Tech-Unternehmen
De Meo will dem Autobauer mittelfristig einen technologischen Schub verleihen. "Wir werden uns von einem Autokonzern, der mit Technologie arbeitet, zu einem Tech-Unternehmen entwickeln, der mit Autos arbeitet und bis 2030 mindestens 20 Prozent seines Umsatzes mit Dienstleistungen, Daten und Energiehandel erzielt."
Wesentliche Maßnahmen des Plans sind eine höhere Effizienz in Engineering und Produktion. Das Ziel lautet, die Fixkosten zu senken und die variablen Kosten weltweit zu verbessern.
Besser nutzen will de Meo die enormen und vielfach nicht ausgelasteten industriellen Assets der Gruppe. Konsequenter nutzen will er auch "die Führungsposition in der E-Mobilität."
Unbedingt festhalten will de Meo an der Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi. Deren Potenziale sollen noch mehr ausgeschöpft werden.
Deutlich mehr Elan will de Meo in neue Geschäftsfelder stecken: Die Bereiche Mobilitätsservices sowie Energie- und Datenmanagement sieht er als künftige Ertragssäulen.
Neue Finanzziele
Bis 2023 soll eine operative Konzernmarge von mehr als drei Prozent erreicht werden und ein kumulativer operativer Free Cashflow im Automobilbereich von etwa drei Milliarden Euro (2021-23); die Investitionen (F&E und Capex) sollen auf unter acht Prozent des Umsatzes sinken.
Bis 2025 soll eine operative Konzernmarge von mindestens fünf Prozent erreicht werden, ein kumulativer operativer Free Cashflow im Automobilbereich von etwa sechs Milliarden Euro (2021-25) und eine Verbesserung der Kapitalrendite (ROCE) um mindestens 15 Punkte gegenüber dem Jahr 2019.
Der Weg dorthin bedeutet massive Umstrukturierungen in allen Bereichen. Hier die Vorstellungen von de Meo in Stichworten:
- Entwicklung und Fertigung: Reduzierung der Zahl der Fahrzeugplattformen und der Antriebsstränge; alle Modelle, die auf den bestehenden Plattformen eingeführt werden, werden in weniger als drei Jahren auf dem Markt sein; Anpassung des Produktionsvolumens von vier Millionen Einheiten im Jahr 2019 auf 3,1 Mio. Einheiten im Jahr 2025 (Harbour-Standard); erhöhte Effizienz mit Lieferanten
- Internationalen Präsenz: Konzentration auf das margenstarke Geschäft. Strikte Kostendisziplin: Senkung der Fixkosten und der variablen Kosten sowie der Investitionen. Ziel dieser Maßnahmen ist die Senkung der Gewinnschwelle (Break-even) bis 2023 um 30 Prozent.
- Produktportfolio: Die vier Geschäftsbereiche Renault, Dacia-Lada, Alpine und Mobilize sollen eine starke Identität erhalten. Geplant sind 24 Neueinführungen bis 2025 – die Hälfte davon in C/D-Segmenten – und mindestens zehn vollelektrische Fahrzeuge. De Meo nennt diese Neueinführungen "La nouvelle Vague" (Neue Welle). Ziel ist die Führungsrolle bei der Energiewende durch Elektro- und Wasserstofflösungen.
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