Die Volkswagen-Gruppe setzt alle Hebel in Bewegung, um die drohenden Strafzahlungen an die EU wegen überzogener CO2-Flottenziele so klein wie möglich zu halten.
Wie aus jetzt veröffentlichten Dokumenten der Europäischen Union hervorgeht, sind mehrere weitere Autobauer zu dem bereits bestehenden offenen CO2-Pool der VW-Gruppe hinzugestoßen. Der Pool mindert für das zurückliegende Jahr 2020 und auch für 2021 die zu erwartenden Strafzahlungen des VW-Konzerns.
Beteiligt an dem legalen Verfahren der EU sind nun im VW-Pool auch der chinesische Hersteller Aiways Automobile Europe, die zur chinesischen Geely-Gruppe gehörende britische Elektromarke London EV Company und der kleine Aachener Elektroautobauer Next E.Go Mobile.
"Im Dezember sind drei weitere Partner zum Pool hinzugekommen", bestätige ein VW-Sprecher gegenüber der Automobilwoche. Die Erweiterung des Pools gelte bereits für das vergangene Jahr. "Für 2020 hilft uns das, den Wert weiter zu verbessern." Um wie viel der Flottendurchschnitt durch die drei neuen Pool-Partner sinkt, ließ er offen.
Ganz erreichen werde VW das angepeilten CO2-Flottenziel 2020 aber dennoch nicht. "Wir rechnen aktuell weiter damit, dass wir das Ziel 2020 leicht verfehlen werden, um weniger als ein Gramm", sagte der Sprecher. In diesem Jahr sehe es besser aus. "2021 werden wir das Ziele erreichen."
Pool läuft zunächst bis 2022
Der Pool läuft zunächst bis 2022. Zu den konkreten Vereinbarungen mit den neuen Partnern wollte sich VW nicht äußern. Offen bleibt damit auch, in welcher Höhe die Partner Ausgleichszahlungen erhalten.
E.Go Mobile hatte im vergangenen Sommer Insolvenz angemeldet und war von dem niederländischen Investor "nd Industrial Investments B.V." übernommen worden.
Bereits zuvor waren in den offenen VW-Pool die zu Geely gehörende britische Elektro-Marke MG Motor sowie der ebenfalls chinesische Hersteller SAIC Motor Europe gestoßen. Sie erhalten von VW Geldzahlungen für ihre Bereitschaft, den Pool zu unterstützen. Die Höhe dieser Zahlungen ist unbekannt.
"Sicherheitsmaßnahme für 2021"
"Die Beteiligung weiterer Elektroauto-Hersteller am Pool von Volkswagen ist vor allem eine Sicherheitsmaßnahme für 2021", sagt dazu der Elektromarkt-Experte Matthias Schmidt von Schmidt Automotive Research in Berlin. "Für 2020 lohnt sich diese Erweiterung des Pools praktisch nicht, aber für 2021 könnte sie noch von Bedeutung werden," sagte er der Automobilwoche.
Aiways hat in Europa im vergangenen Jahr weniger als 500 Fahrzeuge in den Niederlanden verkauft. E.Go Mobile hat nach der Insolvenz keine Fahrzeuge mehr verkauft, will aber im Verlauf des ersten Quartals 2021 wieder als Fahrzeughersteller zugelassen werden und die Produktion neu aufnehmen.
Schmidt erwartet, dass Volkswagen 2021 noch die Unterstützung der Poolmitglieder benötigt, um das neue Jahr möglichst ohne Strafzahlungen zu überstehen. Künftig könne VW aber sogar zum Saubermann werden und dann andere Autohersteller unter seine CO2-Fittiche nehmen. "Perspektivisch wird Volkwagen andere Hersteller nicht mehr benötigen, um über die CO2-Hürde zu kommen. Ich rechne damit, dass das ab 2022 möglich ist."
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