Schwarze Bildschirme, kryptische Fehlermeldungen, stark verzögerte Reaktionen – seit der neue Golf auf dem Markt ist, hagelt es Kritik am Bediensystem des Bestsellers. Nicht nur, dass die Niedersachsen bei ihrer Digitaloffensive womöglich etwas zu weit gegangen sind und ein paar Schalter zu viel durch Slider oder Sensorfelder ersetzt haben. Sondern obendrein hat offenbar auch noch die Software zahlreiche Hänger.
Deshalb zieht Wolfsburg jetzt die Notbremse und startet eine groß angelegte Service-Aktion: In den nächsten Tagen schickt VW deshalb einen Brief an die Käufer der ersten 56.000 ausgelieferten Golf, von denen rund 26.000 durch Deutschland fahren, und offeriert ein Update. "Um das Software-Erlebnis bei Ihrem Golf 8 deutlich zu verbessern, haben wir ein umfangreiches Paket zur Fehlerbehebung und Performanceverbesserung Ihres Fahrzeugs geschnürt. Wir laden Ihren Golf deshalb zu einem Software-Update bei uns ein", steht in dem Schreiben, das der Automobilwoche in Auszügen vorliegt.
Werkstattbesuch nötig
Anders als etwa beim ID3 funktioniert dieses Update beim Golf nicht "over the air" über eine Mobilfunkverbindung, sondern nur in der Werkstatt – zumal die übertragene Datenmenge wohl jedes Netz in die Knie zwingen würde, heißt es dazu aus der Entwicklung. Während eines Aufenthalts, den VW mit etwa fünf Stunden veranschlagt, wird die gesamte Software ausgetauscht und alle Steuergeräte werden neu geflasht.
Damit wollen Entwickler und Programmierer der Trägheit des Infotainment-Systems und der verzögerten Reaktion auf Touch-Eingaben ein Ende machen, die Zuverlässigkeit von Assistenzsystemen wie der Rückfahrkamera oder der Einparkhilfe verbessern und das Aufpoppen nicht nachvollziehbarer Fehlermeldungen abstellen. Betroffen sind davon nur Autos, die vor KW30 im Juli 2020 ausgeliefert wurden, alle jüngeren Fahrzeuge haben die neue Software bereits im Werk erhalten.
Kunden bekommen Entschädigung
Weil das Update vergleichsweise aufwändig ist, bekommen die Kunden für den Tag einen Leihwagen und als Entschädigung obendrein eine einjährige Anschlussgarantie sowie einen Gutschein, der bei der nächsten Inspektion oder im Shop des Händlers angerechnet werden kann, hat die Automobilwoche erfahren. Zwar nennt VW keine Kosten für die Aktion, doch bei allein 280.000 Werkstatt-Stunden dürfte schnell ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag zusammenkommen.
Zwar sollen mit dem Software-Update schwarze Bildschirme und kryptische Fehlermeldungen passé sein. Doch Änderungen an der Hardware oder wenigstens der überfällige Einbau einer Beleuchtung zum Beispiel für den so genannten Slider sind nicht vorgesehen. Nennenswerte Verbesserungen und Vereinfachungen bei der Bedienung sind deshalb wohl frühestens zum Facelift zu erwarten.
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