Der Bosch-Konzern rechnet mit der kommerziellen Verbreitung von autonom fahrenden Robo-Taxis erst nach dem Jahr 2025. "In der Breite sichtbar wird dies nicht in der ersten Hälfte des Jahrzehnts", sagte Bosch-Geschäftsführer Michael Bolle bei der digitalen Pressekonferenz zur Elektronikmesse CES. Diese findet in diesem Jahr ausschließlich digital statt. Die Industrie habe mittlerweile verstanden, dass die Komplexität bei Level 4 und 5 deutlich höher sei als zunächst angenommen und die Validierung dieser Fahrzeuge ein Problem darstelle.
Bei den Fahrassistenzsystemen als zweite Säule des automatisierten Fahrens auf Level 2 und 3 seien dagegen deutliche Fortschritte zu verzeichnen. "Hier geht es auch um die Verbesserung der Sicherheit, die Nachfrage auf den Märkten ist daher groß", so Bosch-USA-Chef Mike Mansuetti. Beim so genannten Level 2+ etwa kann der Fahrer seine Hände dauerhaft vom Lenkrad nehmen, sofern er sich weiter auf das Verkehrsgeschehen konzentriert. Dies soll durch eine im Cockpit verbaute Kamera kontrolliert werden.
Zum Jahresanfang hatte Bosch die neue Einheit Cross-Domain Computing Solutions gegründet, um für Kunden die für solche Funktionen benötigte Rechenleistung sowie die Elektronikarchitektur zu entwickeln und schneller auf den Markt zu bringen. In diesem Bereich, der von Mathias Pillin geleitet wird, sind 17.000 Mitarbeiter von Bosch zusammengezogen. Die Hälfte davon sind Software-Entwickler. Ziel ist es, die bisher hohe Zahl von verbauten Steuergeräten deutlich zu reduzieren und die verschiedenen Funktionen aus Fahrassistenz, Infotainment oder Thermomanagement zum Teil parallel zu steuern.
Gute Position im Kampf um Betriebssysteme
Um diese neuen Betriebssysteme ist ein scharfer Wettbewerb unter Zulieferern sowie Herstellern entbrannt. Konzerne wie Daimler oder VW bauen eigene Software-Abteilungen auf oder suchen sich Tech-Unternehmen als Partner, um die elektronischen Fahrzeugarchitekturen und die Anwendungen besser zu beherrschen. "Welche dieser Verbindungen am Ende den größten Erfolg hat, wird sich zeigen", sagte Bolle. Er sieht Bosch vor allem deshalb gut aufgestellt, weil das Unternehmen mit der neuen Einheit praktisch alle Domänen in einem Auto abdecke. "Wir sind sehr gut vorbereitet, um diesen Wettbewerb zu gewinnen", sagte er. Bereits mit der Ankündigung der Einheit im vergangenen Sommer habe man Milliardenaufträge eingesammelt. Im Interview mit der Automobilwoche riet der für die Einheit zuständige Bosch-Geschäftsführer Harald Kröger von Alleingängen der Autohersteller ab.
Bei der Frage nach einem möglichen Ende des Verbrennungsmotors verwies Bolle auf die von Bosch propagierte Strategie der Technologieoffenheit. "Wir beherrschen alle Antriebsarten", so Bolle. Dazu gehöre auch die Brennstoffzelle, die perspektivisch auch in Pkw zum Einsatz kommen könne. "Da diese dem Verbrenner von der Technologie her am nächsten ist, können wir hier unsere große Kompetenz nutzen", so Bolle. Bosch wolle komplette Systeme, aber auch einzelne Komponenten sowie stationäre Anwendungen bei der Brennstoffzelle anbieten. Um die CO2-Ziele zu erfüllen, müssten aber auch synthetische Kraftstoffe eine größere Rolle spielen.
Auf dem Weg zur Klimaneutralität des eigenen Unternehmens hat Bosch nach eigenen Angaben große Fortschritte gemacht und ehrgeizige Pläne für die Zukunft. So wurden im vergangenen Jahr beispielsweise alle Fabriken auf umweltfreundliche Energien umgestellt. Für Bosch seien Klimaschutz und Profitabilität zwei Seiten einer Medaille, sagte Bolle. So würden durch die Anstrengungen für den Klimaschutz etwa Kosten für Energie eingespart, Innovationen gefördert und neue Kunden durch umweltfreundliche Produkte gewonnen. Bis 2030 will Bosch auch seine indirekten Emissionen, also jene entlang der gesamten Wertschöpfungskette, um 15 Prozent reduzieren. Dies sei ein enormer Aufwand.
Lesen Sie auch:
EXKLUSIV – Bosch warnt Hersteller vor Alleingängen
Mathias PIllin führt Software-Einheit bei Bosch
Neue Geschäftseinheit: So will Bosch seine Software-Kompetenz stärken
Automatisiertes Fahren: Daimler hat neuen Partner
Betriebssysteme im Auto: Kampf um die Software-Hoheit
Aus dem Datencenter:
Prognostizierte Zuliefererumsätze im Bereich autonomes Fahren