Die Elektronikmesse CES in der Wüstenstadt Las Vegas hat sich in den vergangenen Jahren zu einer der wichtigsten Veranstaltungen der Automobilbranche entwickelt. Sowohl für Fahrzeughersteller wie auch für Zulieferer. Doch dieses Jahr ist alles anders. Statt glamoröser Präsentationen findet die CES vom 11. bis 14. Januar als digitales Format statt. Rund 170.000 Besucher hatten sich im vergangenen Jahr in Las Vegas noch einen persönlichen Eindruck vor Ort verschaffen können.
BMW kündigt auf der CES 2021 die künftige Generation des Anzeige- und Bediensystems BMW iDrive an. 20 Jahre sind seit dem Debüt des ersten BMW iDrive vergangen. Offiziell wird das System im weiteren Verlauf des Jahres 2021 vorgestellt. Erstmals wird sich das System im BMW iX erfahren lassen, der im Jahresverlauf auf den Markt kommen wird. Das iDrive soll einen Brückenschlag zwischen analoger und digitaler Technologie schaffen. Dank optimierter Sensorik kann es sein Umfeld wahrnehmen und analysieren. In wachsendem Maße lassen sich dadurch Bereiche des Fahrens und des Parkens automatisiert vollziehen, heißt es bei BMW.
Daten in Echtzeit
Darüber hinaus nutzen cloud-basierte Services eine wachsende Fülle an Daten, die in Echtzeit zur Verfügung stehen. In einer Vielzahl von Situationen verfüge das Fahrzeug damit über einen höheren Grad an Informationen als der Fahrer. Es könne beispielsweise Gefahrenwarnungen aus der BMW Fahrzeugflotte empfangen und anzeigen sowie Vorhersagen über die Verfügbarkeit von Parkplätzen am Zielort treffen, verspricht der Fahrzeughersteller.
Weitere BMW-Themen: Der Mobilfunkstandard 5G und möglichen Anwendungen im BMW iX, Künstliche Intelligenz und Schwarmintelligenz und wie Unreal Engine für die Entwicklung des Fahrzeuginterieurs genutzt wird. Dabei handelt es sich um ein Spiele-Programmiergerüst des US-Herstellers Epic Games, das bei der Entwicklung von Konsolen- und Computerspielen verwendet wird.
Sono Motors zeigt Prototypen
Auch Mercedes-Benz zeigt die neue Generation seines Infotainment-Systems MBUX. Der sogenannte MBUX Hyperscreen feiert 2021 im der E-Limousine EQS seine Premiere. Der MBUX Hyperscreen soll laut Hersteller Bedienung und Anzeige von Infotainment-, Komfort- und Fahrzeugfunktionen dank künstlicher Intelligenz auf ein neues Niveau heben.
Einen seriennahen Sion-Prototypen will der Elektroautobauer Sono Motors auf der CES zeigen. Für den Wagen, der über eine von Sono Motors entwickelte Solar-Technologie verfügt, sollen laut Hersteller schon mehr als 12.600 Vorbestellungen vorliegen.
Kundenwunsch nach mehr Sicherheit
Auch wenn bekannte Zulieferer wie Valeo oder Schaeffler auf der CES fehlen, sind viele Unternehmen mit virtuellen Präsentationen präsent, die sich rund um die Themen Infotainment, Mobilfunkstandard 5G, autonomes Fahren, Elektromobilität, Konnektivität, künstliche Intelligenz oder Fahrerassistenz drehen.
Die Bedeutung der Fahrerassistenz betont beispielsweise der zum Samsung-Konzern gehörende Zulieferer Harman. "Auf Grund legislativer Anforderungen als auch des Kundenwunschs nach mehr Sicherheit im Fahrzeug wachsen die Themen Infotainment, digitales Cockpit und Fahrerassistenzsysteme zunehmend zusammen", erklärt Bernhard Pirkl, bei Harman Automotive verantwortlich für die Geschäftseinheit Automated Driving im Gespräch mit der Automobilwoche. Vor allem in den Automatisierungsstufen bis Level 2 würden Komfortfeatures sehr stark zum Fahrerlebnis beitragen.
Endverbraucher rücken in den Mittelpunkt
"Bei unseren Entwicklungen rücken wir immer stärker den Endverbraucher und das Kundenerlebnis in den Mittelpunkt. Bei Fahrerassistenzsystemen sind für uns insbesondere die Komfortfunktionen ein wesentlicher Beitrag zu dem, was wir unter ‚Experiences per Mile‘ verstehen." Vor allem in den Automatisierungsstufen bis Level 2 würden Komfortfeatures sehr stark zum Fahrerlebnis beitragen. "Uns geht es also darum, bei Fahrer und Insassen eines Fahrzeugs einen möglichst starken, bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Das ist auch für die Autohersteller zunehmend wichtig, um sich vom Wettbewerb zu differenzieren", so Pirkl. Das Fahrzeug werde von vielen als erweiterter Wohnraum wahrgenommen, verbunden mit der Erwartung eines gewissen Wohlfühlcharakters.
Bosch präsentiert unter dem Motto "Sustainable #LikeABosch" Lösungen für die Bereiche Gesundheit, Wohnen und Mobilität. Im Bereich Mobilität liegt der thematische Schwerpunkt des Konzerns auf Technologien und vernetzten Services, die helfen sollen, klimafreundlicher von A nach B zu kommen sowie auf der zentralen Rolle von Software und Elektronik im Fahrzeug.
Fahrzeugcomputer spielen entscheidende Rolle
So präsentiert Bosch auf seinem virtuellen Messestand Computer für alle Fahrzeugbereiche. Einen Schlüssel für die Zukunft vernetzter, automatisierter und elektrifizierter Mobilität sieht der Zulieferer in der Elektronikarchitektur von Fahrzeugen. Fahrzeugcomputer spielen hier eine entscheidende Rolle. "Sie bündeln immer mehr Funktionen einzelner Steuergeräte in zentralen, besonders leistungsstarken Elektronikmodulen", heißt es bei Bosch.
Das Unternehmen entwickelt die Hochleistungsrechner sowohl für Cockpit- und Vernetzungsfunktionen, Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren wie auch für den Antrieb und die Karosserieelektronik. Damit lassen sich laut Bosch alle zentralen Fahrzeugfunktionen auf einer Handvoll leistungsstarker Zentralrechner zusammenführen. Für seine Fahrzeugcomputer habe das Unternehmen inzwischen Aufträge in Höhe mehrerer Milliarden Euro erhalten.
Verstärkte Nachfrage nach Systemlösungen
Zudem zeigt der Zulieferer Modullösungen für die E-Mobilität. Bosch verweist dabei auf eine Entwicklungskooperation mit dem Chassisexperten Benteler. Das von den Unternehmen entwickelte Rolling Chassis ist eine fahrbereite modulare Plattform, auf die sich Karosserien verschiedenster Fahrzeugarten flexibel aufbauen lassen. Da neue Hersteller auf dem Markt verstärkt Systemlösungen nachfragen, zeigt Bosch im Rahmen seiner Entwicklungskooperation wie die Integration seiner Erzeugnisse für E-Fahrzeuge aussehen kann und welche domänenübergreifenden Funktionen, sich beispielsweise zwischen Bremse und Lenkung realisieren lassen.
Der skalierbare Ansatz mit vorintegrierten Modulen ermögliche es, neue Fahrzeugkonzepte schnell umzusetzen und helfe Automobilherstellern, ihre Entwicklungseffizienz weiter zu steigern. Start-ups würden so das Know-how erhalten, ein Elektroauto zu bauen. Kunden könnten dabei zwischen einer Komplettlösung und vorintegrierten Modulen wählen.
Stressfaktoren für den Akku
Zudem zeigt Bosch neben Lösungen zum fahrerlosen Parken auch Services für die Elektromobilität, beispielsweise in Form von Softwarefunktionen, die den Zustand der Batterie auf Basis von Echtzeitedaten aus dem Fahrzeug und seinem Umfeld analysieren. Mit Battery-in-the-Cloud ermögliche Bosch den Akkus von Elektroautos ein längeres Leben. Smarte Softwarefunktionen analysieren den Zustand der Batterie auf Basis von Echtzeitdaten aus dem Fahrzeug und seinem Umfeld. Stressfaktoren für den Akku wie Schnellladen sollen so identifiziert werden. Aus den gewonnenen Informationen werden Maßnahmen gegen die Zellalterung abgeleitet, etwa optimierte Ladevorgänge.
Beim kanadischen Magna-Konzern steht das "Magna Electric Truck Concept" im Fokus der CES. Aber auch Entwicklungen für E-Fahrzeuge aus den Bereichen Antriebsstrang, Karosserie und Fahrwerk sowie intelligente Bildverarbeitungslösungen und Technologien, für Fahrerassistenzsysteme nach Level 2+.
Zu den Verlierern des Messe könnten 2021 allerdings die vielen Start-ups zählen, die sich in den vergangenen Jahren im Umfeld der Groß-Konzerne getummelt haben und dort ihre Aufmerksamkeit erhielten. Doch es bleibt die Hoffnung auf 2022. Dann soll die Messe wieder in altgewohnter Form stattfinden.
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