Im Vorfeld der Elektronikmesse CES 2021 in Las Vegas (11. bis 14.1.2021) stellt der Zulieferer ZF Friedrichshafen seine neue Middleware vor. Diese offene Software-Plattform ist ein "Vermittler" zwischen dem Betriebssystem eines Fahrzeugrechners und seinen Software-Anwendungen. "Die neue ZF-Middleware unterstreicht den Anspruch von ZF, einer der weltweit führenden Systemlieferanten für das Software-definierte Auto der Zukunft zu sein", erklärt Dirk Walliser, Senior Vice President Research & Development, Innovation & Technology bei ZF.
Dabei sollen die Kunden von beschleunigten Entwicklungsprozessen und deutlich reduzierter Komplexität bei der Integration von Hard- und Software profitieren. "Während der gesamten Lebenszeit des Fahrzeugs können Funktionen aktualisiert oder zusätzlich auf Abruf angeboten werden", so der Technik-Chef.
Als Software-Plattform wird die ZF-Middleware ab 2024 in Serienfahrzeugen verfügbar sein. Ihre Entwicklung ist eng mit der Entwicklung von Anwendungssoftware für Technologiefelder wie automatisiertes Fahren, integrierte Sicherheit, Vehicle Motion Control und Elektromobilität verbunden.
Middleware stellt Systemintegration sicher
Bei ZF ist man davon überzeugt, dass sich in neuen und zukünftigen Fahrzeugplattformen die elektrische und elektronische Architektur (E/E-Architektur) drastisch verändern wird. Software-Funktionen werden künftig verstärkt auf einem zentralen System mit wenigen Domain Control Units (DCUs) laufen, beispielsweise für automatisierte Fahrfunktionen, statt auf vielen dezentralen Steuergeräten. "All diese Software-Anwendungen profitieren von einer integrierten Middleware, die die Systemintegration sicherstellt", heißt es beim Zulieferer.
Als Bindeglied zu den Software-Anwendungen und den Hardware-Komponenten eines Fahrzeugs muss nach Angaben des Unternehmens lediglich die Middleware mit dem Betriebssystem verbunden werden. Dieser Ansatz minimiere die Schnittstellen, garantiere eine schnelle Kommunikation mit allen Teilen des Systems und könne dazu beitragen, die Komplexität der Systemintegration für den Fahrzeughersteller deutlich zu reduzieren.
Das gleiche Prinzip gelte für die Entwicklung von Hardware-Komponenten. Die Middleware vereinfacht deren flexible Integration in Fahrzeuge und ermöglicht die Kommunikation in einer "universellen Sprache". Sie "übersetzt" und standardisiert die Kommunikation zwischen den verschiedenen Hard- und Software-Schichten des Fahrzeugs, heißt es bei ZF.
Beschleunigter Entwicklungsprozess
Die offene Hard- und Software-Architektur soll auch einen beschleunigten und verbesserten Entwicklungsprozess zwischen ZF, Fahrzeugherstellern und anderen Partnern ermöglichen. Und zwar vom ersten Entwicklungsschritt an und während der gesamten Lebensdauer des Fahrzeugs. Im Ergebnis sollen Autohersteller und Endkunden so von Fahrzeugfunktionen profitieren, die immer auf dem neuesten Stand der Technik sind.
Abhängig von der Software-Architektur der Fahrzeughersteller biete ZF mit seiner Middleware einen modularen Ansatz von einer kompletten Plattform-Lösung bis hin zu einzelnen Modulen, die in die Software-Plattform der Fahrzeughersteller integriert werden können. "Dank der eigenen skalierbaren Supercomputing-Plattform ZF ProAI für Fahrzeuge der nächsten Generation ist ZF in der Lage, traditionellen und neuen Automobilkunden umfassende Systeme aus Software, Computing- und Sensor-Hardware sowie angeschlossener Aktuatorik anzubieten", verspricht das Unternehmen.
Gründung des Global Software Center
Zum Jahreswechsel wird zudem ein Global Software Center unter Leitung von Nico Hartmann, Vice President, Software Solutions & Global Software Center, gegründet.
"Unser Global Software Center wird die Aufgabe haben, Software-Systeme für zukünftige Architekturen konzernweit zu entwickeln und dem gesamten Unternehmen zur Verfügung zu stellen", erläutert Walliser. "Damit kann ZF neue Trends, Technologien, Methoden, Verfahren, Tools und Funktionen koordinieren und standardisieren, um die daraus resultierende Software allen ZF-Bereichen auf einer gemeinsamen Entwicklungsplattform zur Verfügung zu stellen."
"Wir zielen nicht darauf ab, die Software-Entwicklung zu zentralisieren", macht Hartmann deutlich. "Wo erfahrene Teams seit langem auf Komponentenebene miteinander verknüpfte Hard- und Software entwickeln, werden wir keine Kompetenzen abbauen. Stattdessen unterstützen wir komplementär und schaffen durch gemeinsame Software-Integrationsprojekte ideale Rahmenbedingungen."
Einheitliche Entwicklungsumgebung als Ziel
So können sich laut Hartmann die Expertenteams auf ihre Arbeit konzentrieren und hätten dennoch über das Global Software Center Zugriff auf die neuesten Ressourcen. Zum anderen könnten reine Software-Produkte, wie beispielsweise die Middleware, zentral im Global Software Center erstellt und dann allen Bereichen zur weiteren Nutzung zur Verfügung gestellt werden.
Dies werde mittelfristig zu einheitlichen Strukturen und einer einheitlichen Entwicklungsumgebung im gesamten ZF-Konzern führen. Die Software soll durch die integrierte Zusammenarbeit mit Kunden und Partnern viel schneller entwickelt beziehungsweise angepasst werden können, um den Anforderungen zukünftiger Software-definierter Fahrzeuge gerecht zu werden.
Bosch konzentriert Software-Kompetenz
Auch andere Unternehmen konzentrieren ihre Software-Aktivitäten. Der Bosch-Konzern bündelt seine Software-Know-how zum 1. Januar 2021 in einer neuen Einheit mit 17.000 Mitarbeitern. Bereits Mitte des Jahres hatte der Zulieferer angekündigt, seine Software-Kompetenzen in einem neuen Geschäftsbereich zusammenzuführen.
Der Konzern führt für die neue Einheit Mitarbeiter aus den bisherigen Geschäftsfeldern Fahrassistenz und automatisiertes Fahren, Car Multimedia sowie Antrieb und Body Electronics zusammen, um schlagkräftiger und schneller zu werden. Sie werden aber nicht räumlich zusammengezogen, sondern bleiben an ihren über 40 Standorten weltweit.
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