Der britische Autohersteller Bentley hält für den Fall, dass es bei einem ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) zu Schwierigkeiten beim Import von Bauteilen über den Land- und Seeweg kommt, fünf Frachtflugzeuge bereit. Aktuell befindet sich das Land in einer Brexit-Übergangsfrist, diese endet jedoch am ersten Januar 2021 – und noch haben sich beide Seiten nicht auf die künftigen Handelsbeziehungen geeinigt. Industrieunternehmen befürchten deshalb Verzögerungen durch Zollkontrollen sowie Einfuhrzölle auf Basis der Regeln der Welthandelsorganisation.
Wie der "Guardian" berichtet, hat sich Bentley nun Teilnutzungsrechte an fünf Flugzeugen des Typs 747 gesichert. Auf diesem Weg sollen notfalls Bauteile importiert werden, sollte es auf den herkömmlichen und günstigeren Transportwegen zu Verzögerungen kommen.
Adrian Hallmark, Chef der noblen Volkswagen-Tochtermarke, sagte demnach bei einem Kongress der "Financial Times": "Wir sind bereit, mit einem Fallschirm von einer Klippe zu springen, der vorher nicht getestet worden ist." Er habe jedoch sogleich eingeschränkt: "Viel lieber würden wir gar nicht erst mit einem Fallschirm von einer Klippe springen."
Lagerbestände erhöht
Bentley und andere Hersteller in Großbritannien haben ihre Lagerbestände zudem vorsorglich erhöht, um Produktionsausfälle zu verhindern. Bentley lagert in eigens dafür angemieteten Hallen nun Teile für bis zu 14 Produktionstage. Normalerweise reichen die eingelagerten Bauteile gerade einmal für zwei Tage aus. Der Automobilwoche sagte Hallmark im November: "Wir horten wie ein Eichhörnchen".
"Es ist klar, dass ein harter Brexit uns treffen würde. Viele Komponenten, die wir in unserem Werk in Crewe verwenden, die Hälfte unserer Autos, kaufen wir in der EU ein. Und Europa ist für uns auch ein wichtiger Absatzmarkt", sagte Hallmark in dem Interview: "Wenn es hier zu Verzögerungen an der Grenze kommt oder zu Zöllen, dann werden wir das deutlich zu spüren bekommen."
Bentley produziert im Jahr gerade einmal 11.000 seiner Premium- und Luxusfahrzeuge. Für Hersteller, die in weit größeren Stückzahlen und bei deutlich geringeren Margen produzieren, würden sich die erwarteten Schwierigkeiten umso mehr bemerkbar machen. Nissan betreibt in Sunderland die größte Autofabrik im Vereinigten Königreich und hatte bereits gesagt, dass Tarife bei der Einfuhr von Bauteilen die Nachhaltigkeit des Engagements in Großbritannien in Frage stellen würden. (mer)
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