Die ersten SUVs waren puristische Offroader. Erst spät wechselte der Fokus vom Gelände auf die Straße, gerne in Verbindung mit mehr Leistung und mehr Luxus. Der Paradigmenwechsel zur Elektromobilität zwingt das Crossover trotz Gewichts- und Aerodynamik-Handicaps schon wieder dazu, sich neu zu erfinden. Dabei mutiert das SUV-Prinzip in neue Fahrzeug-, Größen- und Preisklassen – frei nach dem Motto "Wer das Risiko scheut, hat schon verloren".
Weil die nächste Evolutionsstufe fast zwangsläufig den Rahmen des Begriffs Sports Utility Vehicle sprengt, werden wir uns an fließende Grenzen zwischen Karosserie-Einstufungen und Eigenschaftsprofilen gewöhnen müssen. Schöne neue Auto-Welt oder breit gefächerter Klassenkampf ums Höhersitzen?
Ein modernes SUV muss weder vier angetriebene Räder besitzen noch aussehen wie der Dienstwagen von Daktaris Enkel. Es sollte aber durch ein Plus an passiver und aktiver Sicherheit in Summe dem Fahrer ein gewisses Überlegenheitsgefühl vermitteln, das sich in der Innen- und Außenwirkung manifestiert. Das ist zumindest der Wunsch der Kundschaft.
Gewichtshandicap bleibt
Im nächsten Entwicklungsschritt geht es darum, diese zeitgeistig modifizierte DNA breiter auszurollen und gleichzeitig durch alternative Antriebe das Problem der Akzeptanz zu entschärfen. In Großstädten werden SUVs allerdings auch mit Elektromotoren umstritten bleiben.
Kurzfristig nicht lösbar scheint das zwischen 250 und 600 Kilo betragende Gewichtshandicap, das Plug-in-Hybride und vollelektrische Modelle im SUV-Format auch durch windschnittigere Aufbauten nur teilweise kompensieren können. Dagegen fördert der Wechsel vom Plattformkonzept zur flexiblen Modularchitektur die Skalierbarkeit der SUV-Gene, wie es einige Hersteller vormachen.
Variabler roter Faden
Das SUV-Thema zieht sich wie ein roter Faden durch künftige Projektlisten. So ist der erste Elektro-Mini made in China ein SUV, der BMW iX fällt ebenfalls in diese Kategorie, Gleiches gilt für die als D-SUV bezeichnete Porsche-Variante des Artemis-Trios. Die Kombination aus Sportwagen und SUV verkörpert der Huracán Sterrato von Lamborghini, der Cabrio-Ableger des T-Roc ist dagegen ein Crossover-Luftikus. Die Allroad- (Audi) und All-Terrain- Derivate (Mercedes) decken den Softroader-Bereich ab. Der auch für Europa in Betracht gezogene siebensitzige Tayron gefällt als Kreuzung aus SUV und Van. Nichts ist dabei unmöglich: neue SUVs variieren die Sitzposition der Insassen (H-Punkt), die Stirnfläche und das Design.
Maybach hat schon 2018 mit der Ultimate-Luxury-Studie einen Cocktail aus GLS und S-Klasse gemixt. Ferrari stülpt dem Purosangue eine nur geringfügig höhere Crossover-Rüstung über die Sportwagen-Matrix. Mercedes plant auf Basis der nächsten A-Klasse einen SUS (Sport Utility Sedan) als Ersatz für die Limousine. Lotus gab kürzlich grünes Licht für ein Sportcoupé im SUV-Look, Aston Martin will zwei weitere Varianten des DBX anbieten. Auch Koenigsegg und Pagani suchen in der SUV-Umlaufbahn nach neuen Erlösmodellen. Denn ein Ende des Sinkflugs klassischer Coupés, Cabrios und Limousinen ist nicht abzusehen.
Lesen Sie auch:
Warum VW seine neuen Tesla-Jäger im Bulli-Werk baut
BMW iNext geht als iX in Serie
Aus dem Datencenter:
Pkw-Neuzulassungen in Westeuropa – Januar 2018 bis Oktober 2020