Brabus startet mal wieder eine Rakete. Alle paar Jahre krönt der Tuning-Champion aus dem Ruhrgebiet sein Programm mit einem Rocket. Diesmal gibt's die Extraportion Vitamin B für den viertürigen AMG GT, der bei Mercedes ein unglückliches Schattendasein fristet. Denn als potente Alternative zum Porsche Panamera entwickelt, kann sich das Original nur schwer zwischen Reisetourer und Rennwagen entscheiden. Zwar holt auch Brabus den dicken Daimler nicht aus diesem Dilemma. Doch wenn sie in Bottrop fertig sind mit dem Viertürer, dann wird er in beiden Disziplinen deutlich besser und macht aus dem "Entweder-oder" ein "Sowohl-als-auch".
Dafür bekommen die maximal zehn Exemplare der limitierten Kleinstserie nicht nur einen imposanten Body-Kit aus Karbon und stehen deshalb so breit und bullig da, als könne die Karosserie die Kraft kaum halten. Sondern vor allem bekommt der im Original so schwer Greifbare endlich einen eingängigen Namen und trägt stolz den Schriftzug "Rocket" unter dem üppigen Spoiler auf dem Heckdeckel.
V8-Motor, 900 PS
Vor allem aber gibt es einen neuen V8-Motor. 4,5 statt 4,0 Liter Hubraum, zwei eigene Turbos mit höherem Ladedruck, ein paar neue Softwarezeilen für den Steuerchip und – von nichts kommt nichts – zwei neue Benzin-Pumpen mit größerem Durchsatz: So klettert die Leistung von 639 im GT 63 S auf jene 900 PS, die Brabus hinter den Namen geschrieben hat. Und wo dem Original 900 Nm Beine machen, warten hier bis zu 1050 Nm darauf, den frischen Asphalt der Teststrecke mit den 295er-Breitreifen im Bug und den 335ern im Heck in großen Fetzen vom Boden zu reißen. In der Theorie könnte der Rocket sogar mit 1250 Nm punkten.
Aber das würde nicht nur die Neungang-Automatik überfordern, sondern womöglich auch den Magen des Fahrers. Denn schon jetzt gräbt sich beim Kickdown eine Faust ganz tief in die Eingeweide, wenn der Rocket sein Triebwerk zündet und mit vollem Schub los jagt: Nur 2,8 Sekunden vergehen bis Tempo 100, die 200 km/h sind nach 9,7 Sekunden erreicht, nach 23,9 Sekunden flimmert eine 300 über den Tacho und auf der linken Spur wird es plötzlich ziemlich einsam. Es gibt nicht viele Viertürer, die da noch mitgehen.
Lack und Leder
Aber es ist ohnehin nicht die Endgeschwindigkeit allein, die den Rocket zu einem so spektakulären Erlebnis macht. Mindestens genauso eindrucksvoll ist, mit was für einem Spektakel der Brabus über den Boulevard bummelt und mit welcher Kraft und Kompromisslosigkeit er über einen Kurs kachelt. Klar, auch in Bottrop machen sie aus dem Großkaliber von AMG kein Präzisionsgerät und in engen Schikanen ist der GT mit seinen mehr als zwei Tonnen und fünf Metern einfach eine Nummer zu sperrig.
Aber auch ein Dickschiff taugt zum Dampfhammer, wenn nur genügend Druck auf dem Kessel ist. Außerdem will der Rocket ja kein reinrassiger Rennwagen sein. Sondern wie üblich bei Brabus gibt's zum Bodybuilding auch einen feinen Zwirn. Der Innenraum trägt deshalb mehr Lack und Leder und auffälligere Nähte als jeder Maybach, von einem gewöhnlichen Mercedes ganz zu schweigen.
Kompromisse trotz des hohen Preises
Zwar macht Brabus aus dem eher protzigen GT-Viertürer tatsächlich eine Rakete. Doch verlangen sie in Bottrop dafür auch einen hohen Preis. Denn wo bei AMG mit den rund 165.000 Euro für den GT 63 S schon Schluss ist, geht es bei Brabus erst weit jenseits von 400.000 Euro los.
Deshalb ist es umso ärgerlicher, dass die Rakete aus dem Ruhrpott ausgerechnet in der vielleicht wichtigsten Disziplin schmerzhafte Kompromisse macht: Beim Tempo. Denn gerne hätten sie bei Brabus nicht nur den stärksten, sondern auch den schnellsten Viertürer der Welt auf die Räder gestellt. Und wenn es nach den Entwicklern ginge, dann wären auch mehr als die 330 km/h drin gewesen, bei denen die Elektronik jetzt die Reißleine zieht. Denn sowohl der Motor als auch das Fahrwerk sind damit keinesfalls am Limit. Doch dummerweise haben sie niemanden gefunden, der ihnen einen passenden Reifen dafür backt. Anders als eine echte Rakete kann der Brabus ohne die nötige Bodenhaftung nicht fliegen.
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