Bei Volvo wird darüber diskutiert, VW hat es für die E-Fahrzeuge schon umgesetzt: Immer mehr Autohersteller bereiten sich auf ein zweistufiges Vertriebsmodell vor, in dem die Händler als Agenten eingesetzt werden. Das ist laut einer Studie von Strategy& genau der richtige Schritt – und nur eine Frage der Zeit, bis weitere Autobauer nachziehen.
"Das dreistufige Vertriebsmodell stößt an seine Grenzen", sagt Andres Gissler, Partner bei Strategy&. Denn angesichts der steigenden Anzahl an Absatzkanälen, werde der Intrabrand-Wettbewerb für die Autobauer zunehmend ruinös. Der Vorteil des Agenturmodells: Der Hersteller setzt den Preis für das Fahrzeug und hat die Rabattpolitik selbst in der Hand. Laut Prognose der Berater könnte der Umstieg auf das zweistufige Vertriebsmodell vor allem aus diesem Grund für die Fahrzeugproduzenten einen Kostenvorteil von 2,5 bis sieben Prozent bedeuten. Derzeit belaufen sich rund 30 Prozent ihrer Gesamtkosten auf das Vertriebsnetz.
Paradigmenwechsel nötig
Doch für die Umstellung ist nichts weniger als ein Paradigmenwechsel nötig. Denn Händler werden zu Service-Dienstleistern, arbeiten im Auftrag der OEM und müssen risikofreigestellt werden. "Die Einführung des zweistufigen Modells ist nicht einfach, weil große Händlergruppen derzeit gut vom dreistufigem Modell leben", sagt Gissler.
Von diesem Paradigmenwechsel müssen die Hersteller ihre Vertragspartner also erst einmal überzeugen. Doch viele Händler sehen bereits jetzt die Vorteile und stehen dieser Veränderung offen gegenüber. "Das Agenturmodell beim ID3 läuft prima, ich bin mit dem System sehr zufrieden", sagt etwa Klaus Philipp, Geschäftsführer von Autokölbl in Unterschleißheim. Letztlich tragen die Händler weniger Risiko und Rabattschlachten entfallen. "Es bedeutet nicht, dass Händler dadurch weniger Geld verdienen. Es kann eine Win-Win-Situation sein", betont auch Gissler.
Standards müssen reduziert werden
Das allerdings ist nur der Fall, wenn Standards angepasst werden. "Heute wird den Händlern viel an regelmäßigen Investitionen abverlangt", ergänzt Gissler. Sie müssten einen sehr hohen Prozentsatz der Vertriebsmarge für Fixkosten ausgeben, das sei im Agenturmodell nicht machbar. Denkbar seien zudem andere Vertriebsformate durch die sich Filialen außerhalb der Ballungszentren mit Boutiquen in den Städten ergänzen. "In Summe muss das Ziel sein, die Kosten für die Händler zu reduzieren", erläutert der Berater.
Dass dies so kommen wird, davon ist Gissler überzeugt, auch weil die Fahrzeuge in Zukunft teurer werden. "Wenn man die Kunden in den Mittelpunkt stellen und den Omnikanal-Vertrieb realisieren will, ist die Zweistufigkeit das natürlichere Modell." Die Hersteller müssen nach Aussage der Experten auf dem Weg dorthin allerdings ebenfalls noch viel lernen, sei es aus Endkundensicht zu denken oder eine dynamische Preisgestaltung zu etablieren. Auch hier gebe es noch viel Optimierungspotenzial.
Lesen Sie auch:
Vertriebssystem: Volvo Cars und Händler suchen neue Wege
DAT-Barometer: Corona zwingt jedes siebte Autohaus zu Entlassungen
Breakout-Session auf dem Automobilwoche-Kongress: Der Autoverkauf der Zukunft wird komplexer