Die Brennstoffzelle als Alternative für elektrische Antriebe hat in den vergangenen Monaten kräftigen Auftrieb erhalten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Europäische Union und die Bundesregierung die Technologie mit milliardenschweren Programmen fördern wollen. Nach langem Zögern machen nun auch Hersteller und Zulieferer ernst und investieren viel Geld, um ihre Produkte in den nächsten zur Serienreife zu bringen. Hier ein Überblick über die wichtigsten Aktivitäten bei Herstellern und Zulieferern.
Klar führend bei der Brennstoffzelle sind derzeit die asiatischen Autobauer. So haben beispielsweise Toyota, Honda und Hyundai bereits Autos in Serie auf dem Markt, die von einer Brennstoffzelle angetrieben werden. Toyota bringt noch in diesem Monat die zweite Generation des Mirai auf den Markt, der mit Preisen ab 63.900 Euro deutlich günstiger ist als der Vorgänger und mit 700 Kilometer eine bessere Reichweite haben soll. Zwar wurden vom ersten Mirai in Europa gerade mal rund 1000 Exemplare verkauft, was sicher auch an der fehlenden Tankstellen-Infrastruktur liegt. Doch immerhin haben Toyota, Honda und Hyundai ein Angebot auch für private Kunden. Mercedes dagegen hat seinen GLC F-Cell nur in homöopathischen Dosen für 800 Euro im Monat an ausgewählte Kunden verleast und bereits verkündet, dass es keinen Nachfolger geben wird.
Ehrgeizige Pläne von Iveco
Auch bei den Nutzfahrzeugen haben die asiatischen Hersteller die Nase vorn. Zwar haben Daimler und Volvo ein Joint Venture für Brennstoffzellen gegründet. Mit dem GenH2-Truck will Daimler außerdem in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts einen Langstrecken-Lkw mit bis zu 1000 Kilometer Reichweite in Serie bringen. Doch auch hier ist Hyundai längst weiter. In der Schweiz fahren bereits die ersten Brennstoffzellen-Lkw in einem Pilotprojekt. Bis Ende des Jahres sollen 40 Sattelzugmaschinen im Einsatz sein. Da in der Schweiz die Straßensteuer für emissionsfreie Lkw entfällt, sollen die Betriebskosten mit denen eines Diesel-Lkw vergleichbar sein. Hyundai kündigte außerdem an, einen Brennstoffzellen-Lkw mit 1000 Kilometern Reichweite für die Langstrecke zu entwickeln.
Aufhorchen lassen die ehrgeizigen Pläne von Iveco und dem amerikanischen Start-up Nikola. So will die Fiat-Tochter Iveco in Ulm ab 2021 zunächst rein batterie-elektrische Sattelzugmaschinen auf Basis des Iveco S-Way produzieren, bevor 2023 auch die Brennstoffzellen-Technologie zum Einsatz kommt. Iveco verspricht Reichweiten mit der Brennstoffzelle von über 1000 Kilometer und hat dafür eine eigene Architektur entwickelt, in die beide Antriebsarten integriert werden können. Trotz Rücktritts des schillernden Nikola-Chefs Trevor Milton hält Iveco am Zeitplan fest. Erste Prototypen sollen noch in diesem Jahr am Standort Ulm ihre Runden drehen. Zulieferer für das Projekt sind unter anderem die deutschen Technologie-Konzerne Bosch und Mahle, die in der Vergangenheit ihre Aktivitäten bei der Brennstoffzelle deutlich ausgebaut haben.
Mahle kooperiert mit Ballard
Gerade unter den Zulieferern ist ein regelrechtes Wettrennen um die Technologie entbrannt. Vor allem Unternehmen, die bisher stark vom Verbrenner abhängig waren, sehen hier eine Chance, Umsatz und Beschäftigung in Zukunft zu sichern. So investiert Bosch allein bis Ende 2021 rund 500 Millionen Euro in die Brennstoffzelle und hat die Zahl der Entwickler auf 500 verdoppelt. Um schneller in Serie gehen zu können, hat sich Bosch mit dem schwedischen Brennstoffzellen-Spezialisten PowerCell verbündet, der bereits einen Stack entwickelt hat. Diese sollen in den unter anderem in den Iveco-Trucks zum Einsatz kommen und werden ab 2022 an den Standorten Homburg, Bamberg und Stuttgart-Feuerbach gefertigt.
Partner von Nikola und Iveco ist auch der Mahle-Konzern, der sich bisher vor allem auf das Thermomanagement von Brennstoffzellen konzentriert hat. Nun aber wollen die Stuttgarter ihre Kompetenzen deutlich erweitern und haben sich mit Ballard Power Systems verbündet, um in Zukunft Systeme für den Einsatz in Nutzfahrzeugen unterschiedlicher Gewichtsklassen zu entwickeln. "Langfristiges Ziel der Kooperation ist die Fertigung von kompletten Brennstoffzellensystemen für den europäischen, nordamerikanischen und asiatischen Markt", heißt es bei Mahle. Gerade beginnen die Stuttgarter mit dem Aufbau einer Wasserstoff-Testinfrastruktur am Stammsitz. Ballard wiederum hat erst Ende Oktober mit Audi eine Vereinbarung unterzeichnet, wonach die Ingolstädter einen Brennstoffzellen-Stack von Ballard für den Fahrzeugbetrieb verwenden sollen. Wann dieser zum Einsatz kommen soll, ist aber noch unklar.
Faurecia investiert 50 Millionen Euro pro Jahr
Neben Mahle und Bosch hat vor allem der Zulieferer ElringKlinger in den vergangenen Wochen auf sich aufmerksam gemacht. Zunächst kündigte ElringKlinger-Chef Stefan Wolf eine Partnerschaft mit Airbus zur Entwicklung der Brennstoffzellen-Technologie für die Luftfahrt an. Wenig später gründete ElringKlinger zusammen mit dem französischen Konzern Plastic Omnium ein Gemeinschaftsunternehmen, um die Brennstoffzelle in Serie zu bringen. ElringKlinger verfügt nach eigenen Angaben über einen Stack mit der höchsten Leistungsdichte und will diesen sowohl in Nutzfahrzeugen wie auch Pkw verbauen. Plastic Omnium ist auf die Speicherung des Wasserstoffs spezialisiert. Das Joint Venture mit dem Namen EKPO mit Sitz in Dettingen/Erms bei Stuttgart verfügt bereits über Produktionskapazitäten für 10.000 Einheiten pro Jahr. Beide Unternehmen streben die Marktführerschaft mit einem Anteil von zehn bis 15 Prozent bis 2030 an und wollen damit bis zu einer Milliarde Euro Umsatz generieren.
Ein weiterer bedeutender Spieler im Wettlauf um die Brennstoffzelle ist der französische Zulieferer Faurecia. 2019 hat sich das Unternehmen mit Michelin verbündet und das Joint Venture Symbio gegründet, um komplette Systeme auf den Markt zubringen. Symbio hat bereits einen Großauftrag von Hyundai zur Entwicklung des Speichersystems für den Langstrecken-Lkw erhalten. Nach Aussagen von Faurecia-Chef Patrick Koller im Interview mit der Automobilwoche steckt das Unternehmen pro Jahr 50 Millionen Euro in die Technologie. Symbio strebe im Jahr 2030 einen Marktanteil von 25 Prozent und einen Umsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro an. Das Gemeinschaftsunternehmen wird über drei Industrieanlagen verfügen, um die wichtigsten Automobilmärkte der Welt zu beliefern: Europa, Asien und die Vereinigten Staaten.
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