Die Ankündigung löst in Hannover Feierstimmung aus: Im dortigen VW-Werk, wo bisher vor allem der VW Transporter gebaut wird, sollen künftig auch Elektro-SUVs der Premium-Klasse gebaut werden. Und zwar "völlig neue elektrische Premium-E-Fahrzeuge" und "echte Leuchtturmprojekte", wie VW-Nutzfahrzeuge-Chef Carsten Intra sagt: "Premium, vollelektrisch und hoch automatisiert". Und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der selbst im VW-Aufsichtsrat sitzt, fügte hinzu:: "Das werden die Flaggschiffe der Elektromobilität für den gesamten Konzern sein."
680 Millionen Euro steckt VW dafür in den Ausbau des Standorts, bereits 2024 soll die Produktion der neuen Luxus-SUVs der oberen Mittelklasse anlaufen. Um welche Modelle es sich handeln wird, will VW noch nicht verraten. Doch der genannte Zeitplan und der Verweis auf die Premiummarken des Konzerns gibt erste Hinweise, was künftig aus Hannover kommen könnte: Die "Tesla-Fighter" von Audi, Porsche und Bentley.
Bentley: Erster Stromer kommt 2024
So hatte die britische Luxustochter Bentley erst vor einer Woche ihr erstes Elektromodell angekündigt, und zwar für 2025, also genau den Zeitpunkt, wenn in Hannover die Produktion anlaufen soll. Und Bentley-Chef Adrian Hallmark deutete bereits an, dass es sich dabei um ein SUV handeln könnte. Das würde perfekt zur Ankündigung aus Hannover passen.
Für die britische Tochter hätte die Produktion in Hannover einen großen Vorteil: Anders als beim eigenen Stammwerk in Crewe gibt es hier auch nach einem möglicherweise harten Brexit keine Probleme mit Zöllen und Grenzkontrollen.
Ganz neu wäre eine Bentley-Fertigung in Deutschland nicht. 2004/05 und 2013/14 war die VW-Tochter bereits zweimal in Dresden eingesprungen. Um den schwächelnden Phaeton-Absatz auszugleichen, wurde dort in der Gläsernen Manufaktur dann zusätzlich der Bentley Flying Spur montiert. Insgesamt 2186 Bentleys wurden dort produziert. Zudem bezieht Bentley die Karosserien für den Bentayga aus dem VW-Werk in Zwickau.
Audi setzt auf Artemis
Ebenfalls 2024 soll bei Audi das gerade gestartete Artemis-Projekt das erste völlig neu entwickelte Elektromodell liefern. Und die Unschreibung "Premium, vollelektrisch und hoch automatisiert", die der VW-Nutzfahrzeuge-Chef verwendet, klingt wie eine extakte Beschreibung des Artemis-Projekts.
Details zu dem ersten Artemis-Fahrzeug hat Audi bisher noch nicht verraten. Allerdings wird bisher eher mit einer großen Limousine oberhalb des A8 gerechnet, nicht mit einem SUV, wie es in Hannover gebaut werden soll. In Betracht käme stattdessen womöglich der Elektro-Q5, den Audi derzeit unter der internen Bezeichnung EQ5 entwickelt. Klar ist bisher nur, dass der EQ5 erst nach dem 2023 erwarteten Elektro-Macan von Porsche anlaufen wird, mit dem er sich die PPE-Plattform teil. Es könnte also gut 2024 werden.
Als dritte Premium-Marke aus Hannover käme Porsche in Betracht. Hier wird 2024 mit einem Elektro-SUV als Nachfolger des Cayenne gerechnet. Mit der Marke hat das Bulli-Werk in Hannover bereits Erfahrung: Von 2009 bis 2016 wurden hier die Karosserien für die erste Generation des Porsche Panamera produziert. 2024 könnte nun sogar ein kompletter Porsche aus Hannover kommen.
Mehrmarkenstandort für PPE-Plattform
Alle drei Modelle, die in Hannover anlaufen sollen, dürften sich die PPE-Plattform teilen, die Audi und Porsche gemeinsam entwickeln und auf die auch Bentley zugreifen will. Und alle drei könnte dann bereits von der Artemis-Matrix profitieren, die Audi nach der Premiere des eigenen Modells auch den Konzernschwestern zur Verfügung stellen will.
Um hier Synergien zu heben, könnte es daher sinnvoll sein, alle Modelle am selben Standort zu bauen. Beim Modularen E-Antriebsbaukasten (MEB) für die kleinere Stromer hat VW dies bereits vorgemacht: In Zwickau werden neben ID.3 und ID.4 auch die Schwestermodelle von Audi (Q4 e-tron) und Seat (Cupra el-Born) gebaut.
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Aus dem Datencenter:
Entwicklung der reinen E-Mobile in Deutschland Januar 2018 bis Oktober 2020