Der Leiter der Mercedes-Werke Berlin und Hamburg, René Reif, wird den Autobauer Ende des Jahres auf eigenen Wunsch verlassen und nach Angaben der IG Metall zu Tesla wechseln. Nach Informationen der Automobilwoche soll er den verwaisten Posten des Werksleiters im neuen Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin übernehmen. Der bisherige Chef dort musste Ende Oktober wegen unbezahlter Wasserrechnungen gehen.
Daimler bestätigte auf Anfrage der Automobilwoche, dass Reif das Unternehmen verlasse. Der 57-Jährige gehe "auf eigenen Wunsch zum 31.12.2020 in den Vorruhestand", sagte eine Sprecherin. Zum möglichen Wechsel zu Tesla wollte sie sich nicht äußern. "Wir kommentieren Personalien anderer Unternehmen nicht."
Daimler bestätigt Reifs Abgang
Reif, der 1990 zu Daimler kam, stand seit 2017 an der Spitze der Komponentenwerke in Berlin und Hamburg. Beide Posten hat der Diplom-Ingenieur bereits abgegeben. Neuer Chef beider Standorte ist Clemenz Dobrawa (48), bisher Chef des Batterietochter Accumotive in Kamenz in Sachsen. Er habe "zum 1.11.2020 die Standortleitung der Mercedes-Benz Werke Berlin und Hamburg übernommen", so die Sprecherin. "Er wird die Transformation der Mercedes-Benz-Werke vorantreiben und auf ein zukunftsfähiges Fundament stellen."
Das 1902 gegründete Berliner Werk ist das älteste Daimler-Standort, an dem heute noch produziert. Hier werden bisher vor allem Motoren hergestellt. In Hamburg werden neben Achsen, Lenksäulen und Abgaskomponenten seit 2019 auch schon elektrifizierte Achsen für die neuen EQ-Elektromodelle der Marke produziert. Beide Standorte haben jeweils rund 2500 Mitarbeiter.
IG Metall kritisiert Wechsel
Vor allem in Berlin ist die Stimmung derzeit schlecht. Dort wird der V6-Diesel gebaut. Dessen Produktion läuft 2021 aus, die Beschäftigten fürchten um ihre Arbeitsplätze. Entsprechend gereizt reagierte IG Metall auf den Wechsel Reifs zu Tesla: "Mit solchen seelenlosen Managern können wir die Zukunft nicht bauen", sagte Berlins IG-Metall-Chef Jan Otto. „Wir verstehen nicht, warum so ein traditionsreicher und innovativer Autobauer wie der Daimler-Konzern vor dem amerikanischen Konkurrenten kapitulieren will." Die Belegschaft sei "irritiert", am 9. Dezember sei eine "große Aktion" geplant.
Den neuen Berliner Werksleiter kennt Otto bereits gut. Otto war erst im September an die Spitze der Gewerkschaft in der Hauptstadt gerückt. Zuvor war er IG-Metall-Chef in Ostsachsen - und dort auch für den Batteriestandort in Kamenz zuständig. 2019 hatte Otto dort Tarifverhandlungen bei der zuvor nicht tarifgebundenen Daimler-Tochter durchgesetzt und dann auch erfolgreich zum Abschluss gebracht.
Weiterer Daimler-Manager wechselt zu Tesla
Reif hat in Konstanz Maschinenbau studiert und startete seine Karriere 1990 bei Mercedes-Benz bereits in Berlin als Betriebsingenieur. Danach ging er erst für drei Jahre für Daimler nach Brasilien und Ende 2009 schließlich nach China, wo er zuletzt Leiter Entwicklung und Produktion beim Jointventure BBAC mit BAIC in Peking war. 2017 kehrte er dann nach Berlin zurück und wurde Leiter des dortigen Mercedes-Werks.
Bereits am 1. November war ein weiterer Daimler-Manager zu Tesla gewechselt: Tristan Trémolière, der zuletzt beim Jointventure BBAC in China tätig war, gab auf LinkedIn bekannt, dass er zu Tesla nach Berlin gehe. Er sei "sehr stolz, bekannt zu geben, dass ich gerade bei #Tesla meine neue Herausforderung als Associate Manager in der Generalversammlung der #Gigafactory in #Berlin begonnen habe", schrieb der Franzose auf der Karriereplattform. Inzwischen wurde sein LinkedIn-Profil gelöscht.
Tesla sucht Mitarbeiter
Tesla baut in Grünheide bei Berlin sein erstes europäisches Werk auf. Im kommenden Jahr soll die Produktion beginnen, bis zu 500.000 Elektroautos der Baureihen Model 3 und Model Y sollen dort pro Jahr von den Bändern laufen. Tesla ist derzeit auf der Suche nach Mitarbeitern, rund 12.000 Menschen sollen einmal in dem Werk arbeiten. Vergangene Woche war Tesla-Chef Elon Musk persönlich zu Bewerbungsgesprächen vor Ort. Der bisherige Werkleiter von Tesla in Grünheide, Evan Horetsky, hatte seinen Posten Ende Oktober verloren, nachdem der Bau wegen nicht bezahlter Wasserrechnungen pausieren musste.
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