Toyota-Deutschland-Chef Alain Uyttenhoven glaubt nicht an den rein digitalen Autokauf der Zukunft. Er sieht die größte Aufgabe darin, den digitalen und stationären Handel miteinander zu verbinden, dafür hat er das Kunstwort "phygital" kreiert, das die Verbindung von physisch und digital beschreibt.
Künftig könnten bis zu 80 Prozent des Autokaufprozesses online stattfinden, 20 Prozent erfolgen weiterhin offline. Händler sollen künftig nicht Fahrzeuge, sondern Mobilität verkaufen. "Der Händler bleibt das wichtigste Bindeglied zum Kunden, aber es bleibt nicht alles beim Alten", sagt Uyttenhoven unter Verweis auf die Kernthemen der Digitalisierung, die in der Branche unter dem Schlagwort CASE (Connected Car, Autonomes Fahren, Shared Mobility und Elektromobilität) zusammengefasst werden.
Für Toyota wird daraus CHASE, das H steht für "human touch". Die Transformation von der produktzentrierten Industrie zur Dienstleistungsbranche werde durch Künstliche Intelligenz (KI) stark unterstützt, "aber die Händler müssen den Kunden auch auf der emotionalen Ebene ansprechen", betont Uyttenhoven: "Emotion und Leidenschaft werden bei uns auch künftig eine Rolle spielen". Nicht ohne Grund habe der Hersteller bei der jüngsten Testkaufstudie von Concertare "mit Toyota und Lexus zwei von drei Podiumsplätzen belegt".
Digitalisierungsoffensive bei Hyundai
Wettbewerber Hyundai Deutschland hat 2020 seine Digitalisierungsoffensive gestartet und neben einem Online-Shop auch einen Online-Showroom eingerichtet. Im „New Normal“ sei manches neu und manches wie bisher, sagt Importeurschef Jürgen Keller. "Die Customer Journey ist fragmentierter geworden. Wir sind da noch nicht perfekt, aber wir arbeiten gemeinsam mit dem Händlerverband daran."
Kunden erwarteten, dass sie theoretisch online kaufen könnten, präferierten aber nach wie vor die Auslieferung ihres Fahrzeugs beim Handel. Gleichzeitig wollten sie mehr Informationen online haben und Beratung rund um die Uhr nutzen können. Das zeige auch der neue Online-Showroom von Hyundai. Die Zahl der Nutzer ist Keller bisher „weit über sechsstellig“. Eine Online-Beratung dauere im Schnitt sieben Minuten. "Wir verkaufen dort keine Autos, sondern übergeben den Lead an den Händler."
Um den Wandel zu bewältigen, seien alle Beteiligten in der Pflicht: Die Hersteller müssten die Onlinetools optimieren und neue Vertriebskanäle wie das Auto-Abo implementieren. Der Gesetzgeber müsse weitere Anreize für E-Mobilität schaffen, insbesondere im Bereich Wasserstoffantrieb. "Und der Handel muss die Veränderung annehmen und sie nicht als Bedrohung sehen", appelliert Keller an die Vertriebspartner.
Mobile.de: Radikaler Fokus aufs Digitale
Vorreiter im Netz sind schon seit langem die Gebrauchtwagenplattformen und Mobile.de-Chef Malte Krüger will dafür sorgen, dass die Börsen auch künftig im Vertrieb eine entscheidende Rolle spielen. Dafür wurde in den vergangenen Jahren das Angebot kontinuierlich ausgebaut – auf einem Markt, in den immer mehr Wettbewerber drängen.
Nicht zuletzt hat die Corona-Pandemie die Kundenerwartungen verändert. Krüger sieht das positiv – "Wir hatten über 20 Prozent Leadwachstum im Lockdown" – und setzt für die Zukunft zwei Schwerpunkte. "Der radikale Fokus aufs Digitale und die bessere Verknüpfung von realer und digitaler Welt." Vorbilder sieht der Mobile-Chef vor allem in den USA, etwa beim Start-up Carvana aus Arizona, das den Handel nach dem Vorbild von Amazon & Co. weitgehend ins Internet verlagert und als einer am schnellsten wachsenden Gebrauchtwagenhändler in den USA gilt.
Nutzer setzten zunehmend auf digitale Kanäle, deshalb müsse die Verschmelzung von Online und Offline gelingen, sagt Krüger. Wichtig sei die Preistransparenz über alle Kanäle. Seit man die Finanzierungstools auf mobile.de integriert habe, seien die Finanzierungsanfragen um 250 Prozent gestiegen. Krüger: "Je einfacher wir es den Kunden machen zu kaufen, umso einfacher wird es für den Handel zu verkaufen".
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