Konkret betroffen sind zwei der bisher 13 Produktionsstandorte in Deutschland und eines der beiden belgischen Werke. "Das betrifft in Deutschland die Standorte Wörth und Trusetal, in Belgien den Standort Geel", sagte Grammer-Chef Thorsten Seehars gegenüber der Automobilwoche. "Wir verlagern die Produktion an andere Standorte, um dort die Auslastung zu verbessern."
Alle drei Standorte seien schlicht zu klein, um wettbewerbsfähig aufgestellt werden zu können. Bis Mitte nächsten Jahres sollen Sie daher nun geschlossen werden. "Die drei Standorte haben in Summe weniger als 100 Mitarbeiter", sagte Seehars. Die Stellen sollen nun sozialvertträglich abgebaut werden. Mit dem Betriebsrat habe man sich bereits auf einen Sozialplan und Interessenausgleich geeinigt. "Durch die Schließung der kleinen Standorte sparen wir uns dort Verwaltungskosten, denn die fallen ja auch bei kleinen Standorten an."
Personalabbau triftt vor allem die Verwaltung
"Das ist Teil der Optimierung unsers Produktionsnetzwerkes", sagte Seehars. "Um eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit unseres Unternehmens sicherzustellen, haben wir die weltweite Organisation schlanker und flexibler aufgestellt und erste Restrukturierungsmaßnahmen eingeleitet." Grammer verlagere gezielt mehr Kompetenzen von der Zenrale in die Regionen. Entsprechend würden weniger Mitarbeiter in der Zentrale benötigt.
Durch die Werksschließungen erhöht sich der von Grammer bereits angekündigte Stellenabbau auf gut 400. Bereits vor drei Wochen hatte das Unternehmen angekündigt, den Sparkurs angesichts der Corona-Krise zu verschärfen und vor allem Verwaltung Stellen abzubauen. 322 Stellen sollen im indirekten Bereich wegfallen, vor allem in der Zentrale in Ursensollen. Die knapp 100 Stellen in den drei Werken kämen jetzt noch hinzu.
Standorte in China und USA werden ausgebaut
Anpassungen gibt es auch in Mexiko: Aus dem Werk in Quertétaro werde ein Teil der Fertigung an andere Standorte in Mexiko und den USA verlagert, "um unser Produktionsnetzwerk zu optimieren“, wie Seehars erklärte. In den USA werde ein Standort in Ohio sogar ausgebaut. "Wir produzieren dort künftig auch Nutzfahrzeugsitze für Kunden im Mittleren Westen." Auch in China baut Grammer sein Produktionsnetzwerk weiter aus. "Wir sind dabei, das Geschäft dort weiter auszubauen."
Grammer hatte bereits im Oktober 2019 – also vor der Corona-Krise – ein Sparprogramm aufgelegt. Seither wurden bereits weltweit 930 der zuvor knapp 15.000 Stellen weltweit abgebaut. Das Gros des Abbaus sei dabei auf die Produktionsstandorte entfallen, sagte Seehars. "Zusätzlich habe wir die Leiharbeit um 33 Prozent reduziert", fügte Finanzchefin Jurante Keblyte hinzu.
Kurzarbeiter und Zwangsurlaub
Während der Corona-Pandemie habe Grammer daneben mehr als 1000 Mitarbeiter von der Arbeit freigestellt und in Deutschland in Kurzarbeit und in den USA und Mexiko, wo es dieses Instrument nicht gibt, in Zwangsurlaub geschickt. Das habe die Personalkosten in den ersten neun Monaten 2020 um elf Millionen Euro gesenkt. Sechs Millionen Euro entfielen dabei auf Kurzarbeitergeld, das für die Mitarbeiter in Deutschland von der Bundesagentur für Arbeit ausgezahlt wurde.
Inzwischen habe sich die Lage aber deutlich gebessert, sagte Seehars. Im dritten Quartal schrieb das Unternehmen wieder schwarze Zahlen, der Umsatz lag mit 461 Millionen Euro nur noch knapp unter dem Wert des Vorjahreszeitraums, als es 498 Millionen Euro waren. "Das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Rückgang, den wir im ersten Halbjahr hatten." Vor allem in China habe man bereits deutlich Nachholeffekte gesehen. Und auch in Deutschland ziehe das Geschäft an. "An unserem größten Standort in Haselmühl sind die Auftragsbücher voll."
Keine Prognose fürs Gesamtjahr
"Uns fehlen aber im ersten Halbjahr fast anderthalb Monate, die sich nicht so einfach wegdrücken lassen", fügte Seehars hinzu. Zudem sei derzeit nicht abzuschätzen, wie sich die Corona-Lage weiter entwickle. "Für das vierte Quartal sehen wir insbesondere vor dem Hintergrund der sich aktuell wieder verschärfenden Corona-Situation weiterhin hohe Unsicherheiten. Das Virus ist weiter präsent." Eine Prognose für das Gesamtjahr wagte er daher weiter nicht. Klar sei aber bereits jetzt, dass Umsatz und Gewinn deutlich hinter den Werten des Vorjahres zurückbleiben werden.
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