Ex-AMG-Chef Tobias Moers ist noch kein halbes Jahr an der Spitze des britischen Sportwagenbauers Aston Martin im Amt, da macht er schon mit einer entscheidenden Weichenstellung auf sich aufmerksam. Eine Technologiepartnerschaft mit seinem ehemaligen Arbeitgeber Daimler soll den traditionsreichen Hersteller zukunftsfähig machen.
"Die Ausweitung der Partnerschaft mit der Mercedes Benz AG ist ein entscheidender Schritt, um unsere Ziele bei Aston Martin zu erreichen. Die Technologie von Mercedes ist die Basis, um unsere künftigen Produkte wettbewerbsfähig zu halten und in die Bereiche investieren zu können, die unsere Autos von anderen wirklich unterscheiden", sagte Moers anlässlich der geschlossenen Vereinbarung.
Tatsächlich wäre Aston Martin, berühmt für seine James-Bond-Autos, ohne die Partnerschaft vermutlich kaum überlebensfähig. Denn in den kommenden Jahren stehen in der Autoindustrie gewaltige Technologiesprünge an, die ein kleiner Hersteller in der Entwicklung niemals alleine stemmen könnte.
Nicht mehr als 20 Prozent
Dies gilt nicht nur für die Elektrifizierung einer Fahrzeugflotte mit Hybrid- oder rein elektrischen Antrieben. Es geht vor allem um die Software, die immer wichtiger wird. Während Mercedes gerade mit Hochdruck an einem eigenen Betriebssystem arbeitet und dafür Tausende Programmierer neu einstellt, wäre dies für Aston Martin schlicht nicht leistbar.
Der Deal sieht daher vor, die Briten in den kommenden Jahren Zugang zu neuen Technologien von Mercedes erhalten, darunter Hybrid- und Elektroantriebsstränge der nächsten Generation, aber auch E/E-Architekturen für neue Fahrzeuge bis zum Jahr 2027. Aston Martin geht damit einen sehr ähnlichen Weg wie AMG, wo Moers zuletzt auch die Elektrifizierung vorangetrieben hatte.
Im Gegenzug dazu erhält Mercedes weitere Anteile an Aston Martin im Wert von umgerechnet 286 Millionen Euro. Am Ende hält Daimler damit 20 Prozent an Aston Martin, bisher sind es lediglich 2,6 Prozent. Mercedes habe nicht die Absicht, über diese Schwelle hinauszugehen, wie beide Unternehmen mitteilten. Allerdings kann Mercedes schon nach der ersten Aufstockung einen Vertreter in den Aufsichtsrat von Aston Martin entsenden.
Kooperation seit 2013
Während der Zugang zur Technologie in Form von Aktienanteilen bezahlt wird, muss Aston Martin für die eigentliche Bereitstellung der Komponenten Geld bezahlen. "Die Liefervereinbarungen für diese neuen Technologien werden zu vereinbarten kommerziellen Bedingungen erfolgen", sagte Wolf-Dieter Kurz, Leiter Produktstrategie Mercedes-Benz Cars, laut Mitteilung.
Aston Martin und Mercedes verbindet bereits seit 2013 eine Kooperation. Die Mercedes-Tochter AMG liefert die Motoren für die Briten, Mercedes-Formel-1-Chef Toto Wolff besitzt Anteile an Aston Martin, der seit Sommer amtierende Aston-Martin-Chef Tobias Moers war vorher Chef von AMG.
Für Mercedes liegen die Vorteile der Partnerschaft auf der Hand. Mit dem Aktienanteil ist das Unternehmen an einer möglichen Wertsteigerung von Aston Martin beteiligt, die durch genau jenen Technologiezugang wahrscheinlicher wird. Außerdem lassen sich die ohnehin entwickelten Komponenten verkaufen und die getätigten Investitionen amortisieren sich mit den höheren Stückzahlen schneller.
10.000 Einheiten angepeilt
Für Aston Martin könnte die Partnerschaft der endgültige Befreiungsschlag nach turbulenten Zeiten sein. Fehlende neue Modelle hatten das Unternehmen in Schieflage gebracht. Im Oktober 2018 hatte Aston Martin Aktien zu 1900 Pence ausgegeben. Danach ging es rasant bergab mit dem Kurs - im ersten Halbjahr 2020 belastete zudem die Ausgabe neuer Aktien. Zuletzt kostete die Aktie nur noch etwas mehr als 50 Pence.
Gerettet wurde Aston Martin durch den Einstieg des kanadischen Milliardärs und Formel-1-Enthusiasten Lawrence Stroll, der mit Hilfe eines Konsortiums mehrere Finanzspritzen für den angeschlagenen Autobauer ermöglichte. Stroll holte auch AMG-Chef Tobias Moers ins Unternehmen, um mit ihm eine langfristige Strategie für Aston Martin zu erarbeiten.
Moers peilt nun an, bis 2025 jährlich rund 10.000 Einheiten der Nobelmarke zu verkaufen. Dabei soll der Umsatz auf zwei Milliarden Pfund steigen, der Gewinn 500 Millionen Pfund betragen. Damit würde Aston Martin eine operative Rendite von 25 Prozent erzielen und damit deutlich mehr als etwa Porsche mit rund 15 Prozent.
SUV DBX als Stütze
Eine wesentliche Stütze ist dabei das neue SUV DBX. Dieser befinde sich derzeit im Hochlauf, um die Nachfrage der Kunden bedienen zu können, teilte Moers mit. Gleichzeitig habe man im dritten Quartal die Lagerbestände bei den Händlern deutlich reduziert, um eine angemessene Produkt-Pipeline für 2021 zu erreichen.
Zwischen Juli und Ende September lag der Umsatz mit 124 Millionen Pfund rund die Hälfte unter den Erlösen im Vorjahreszeitraum. Der Verlust vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Sonderposten betrug 29 Millionen Pfund nach einem operativen Gewinn von 43 Millionen Pfund vor Jahresfrist.
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