Für Anish K. Taneja, Präsident der Michelin Region Nordeuropa, ist die Richtung klar: "Unser Ziel ist es, in Deutschland mittelfristig die Premium-Reifenmarke Nummer eins zu sein." Derzeit zähle sich das Unternehmen zum Kreis von zwei bis drei weiteren Anbietern im Premiumsegment. "Aber wir wollen nicht nur mit dazu gehören, sondern wir wollen ganz deutlich die Nummer eins werden", zeigt sich Taneja angriffslustig. Eine Anspielung auf Continental kann er sich dabei nicht verkneifen, ohne den Namen des Konkurrenten zu nennen: "Einer unserer Wettbewerber hat ja hier seinen Heimatmarkt. Und den fordern wir gerne heraus."
Doch die Zeiten sind hart. So hat der Wettbewerber Continental kürzlich die Schließung eines Reifenwerkes in Aachen bis Ende 2021 angekündigt. Auch Michelin hatte im September vergangenen Jahres das schrittweise Aus seines Werkes in Hallstadt bei Bamberg bis Anfang 2021 beschlossen. Ende Juni dieses Jahres hatte Michelin gemeinsam mit dem Landkreis Bamberg und der Stadt Hallstadt eine Kooperation zur Zukunftsplanung des Michelin-Geländes vereinbart.
Rückendeckung aus Bayern
Dort entsteht auf einer Fläche von rund 88.000 Quadratmetern auf dem alten Werksgelände der sogenannte Cleantech Innovation Park Bamberg "wo wir gemeinsam mit Partnern aus Politik und Wirtschaft, Mobilitätsanbieter, Forschungseinrichtungen und junge Unternehmen ansiedeln möchten, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, die Region nachhaltig zu stärken und so die Mobilität der Zukunft mitzugestalten", so Taneja.
Wie viele neue Arbeitsplätze in Hallstadt entstehen könnten, will der Manager nicht prognostizieren. Aber er verweist in diesem Zusammenhang auf ein ähnliches Michelin-Projekt im schottischen Dundee, bei dem man gute Erfahrungen gemacht habe. Mehr als zwei Drittel der Mitarbeiter des ehemaligen Reifenwerkes seien nach der Schließung dort wieder beschäftigt worden. Laut Taneja habe der Reifenhersteller erst kürzlich von der Bayerischen Staatskanzlei eine Rückmeldung erhalten habe, dass diese mit einem hohen Betrag das Projekt finanziell unterstützen will.
Ganzheitlicher Mobilitätsanbieter
Laut Taneja habe Michelin den Anspruch, sich als "ganzheitlicher Mobilitätsanbieter" zu positionieren. Mit den Akquisitionen der vergangenen 36 Monate habe sich der Konzern unter anderem "stark mit den Themen Diversifizierung und Kreislaufwirtschaft beschäftigt". So ist der Reifenhersteller beispielsweise mit einer 20-Prozent-Beteiligung beim schwedischen Start-up Enviro eingestiegen, um aus Altreifen hochwertige Rohstoffe für neue Fahrzeugreifen zu gewinnen. In Deutschland hat sich der Zulieferer an dem Start-up Compredict beteiligt, um mehr Know-how bei der Vorhersage von Pannen zu gewinnen. "Wir haben bei Michelin ganz klar die Strategie ausgerufen, dass jede Entscheidung unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit getroffen werden muss."
Zum Bundesliga-Start im September hat Michelin deutschlandweit seine millionenschwere Markenkampagne "Motion for life" im Fernsehen und im Netz gestartet. Wie viele Millionen genau das sind, will Taneja nicht verraten. Dabei möchte Michelin bis Ende November relevante Branchen wie die Automobilindustrie und den Reifen-Handel ebenso beflügeln wie die Gastronomie, für die eine Erwähnung im Guide Michelin eine der wichtigsten Auszeichnung sei.
Kampagne wird in vielen Ländern ausgerollt
Erzählt wird in der Kampagne eine "Michelin Story", in der die technologischen Fortschritte für die Mobilität im Mittelpunkt stehen. Laut Michelin realisiere das Unternehmen über den gesamten Kampagnenzeitraum eine Reichweite von über 75 Prozent in der Zielgruppe (Erwachsene zwischen 20 und 59 Jahren). Zeitgleich zum deutschen Start wurde die Kampagne in Frankreich, wenige Tage später in China gestartet. Bis Ende dieses Jahres wird die Kampagne in Malaysia, Thailand, Vietnam und Polen an den Start gehen. Darüber hinaus wird die Kampagne in den kommenden Monaten in Michelins größten und wachstumsstärksten Märkten ausgerollt.
Taneja hat den Beginn der Kampagne zum Start der Bundesliga ganz bewusst gewählt, auch "wenn für viele der Zeitpunkt für die Kampagne sicherlich überraschend war, aber wir waren überzeugt davon, dass wir gerade in der aktuellen Situation mit der Kampagne mehr Aufmerksamkeit bekommen und so ein deutliches Zeichen an den deutschen Markt senden können", erklärt er rückblickend. Und er ergänzt: "Wir wollten ein besonderes Statement setzen."
Mobilität verändern
Ein Ziel der Kampagne sei es auch gewesen, zu zeigen, "dass es auch in dieser Zeit möglich ist Mobilität zu verändern". Der Manager begründet das so: "Die Menschen erleben derzeit überall eine Begrenzung der Mobilität. Wir aber wollten deutlich machen, dass wir uns jetzt schon mit der Frage beschäftigen, wie wir Mobilität nachhaltiger und sicherer machen können." Michelin sei davon überzeugt, "dass Mobilität die Grundlage für jedes weitere wirtschaftliche Wachstum ist".
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