Der chinesische Industriekonzern und Automobilhersteller Geely hat eine neue Plattform für moderne Elektrofahrzeuge entwickelt und stellt die Kerntechnologien dieser Plattform als Open-Source-Wissen frei zur Verfügung. Die Plattform soll unter anderem elektrische Reichweiten von mehr als 700 Kilometern ermöglichen. Auf offene Ohren stößt Geely damit offenbar bei Daimler.
Eine hochrangiger Vertreter der Branche in Deutschland sagte der Automobilwoche, dass Daimler zu den ersten Interessenten einer Elektro-Kooperation gehöre. Die Geely-Holding hält 9,7 Prozent an Daimler. Zuletzt hatte es immer wieder Spekulationen gegeben, Geely-Gründer und Vorstandschef Li Shufu wolle diesen Anteil beträchtlich ausweiten und habe als Fernziel eine Mehrheitsübernahme im Sinn.
Der Geely-Chef kündigte am Mittwoch an, Ziel dieser Öffnung sei es, das Volumen künftiger E-Plattformen drastisch auszuweiten und zu erheblichen Kosteneinsparungen in der Entwicklung beizutragen.
"Unsere Entwicklung dieser veränderbaren elektrischen Fahrzeug-Architektur bedeutet den größten Schritt nach vorne bei Geely in den zurückliegenden zehn Jahren," erklärte Shufu, der sich nur sehr selten persönlich äußert. "Wir beabsichtigen, die Vorteile dieser Innovation anderen Herstellern zur Verfügung zu stellen." Dies sei im gemeinsamen Interesse der Automobilbranche angesichts der großen Herausforderungen beim Klimawandel.
"Open-Source-Architekturen werden das wesentliche Kennzeichen der neuen Mobilitätsdienstleistungen sein, bei denen Geely als Pionier tätig ist," sagte Li Shufu weiter.
Erstmals verbaut im Lynk&Co Zero Concept
Der Geely-Chef erklärte, das erste "Vorgespräche" mit anderen Automobilherstellern zur Nutzung der Geely-EV-Architektur bereits stattfinden würden, Namen nannte er aber nicht. Als sicher gilt, dass die neue Plattform für mehrere Marken der Geely Automotive-Gruppe genutzt werden wird. Dazu zählt an erster Stelle die Marke Lynk & Co., aber auch Polestar und die britische Sportwagen-Ikone Lotus.
Am Mittwoch bestätigte Geely, dass die neue Architektur erstmals im neuen Lynk & Co.-Konzeptauto "Zero Concept" verwendet wird, das ebenfalls am Mittwoch der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Serienversion des rein elektrischen "Zero" soll ab 2021 produziert und in den Markt eingeführt werden.
Die neue EV-Architektur ist nach Angaben von Geely extrem variabel und soll sich eignen für Fahrzeuge des A- und B-Segments bis hin zum D- und E-Segment. Künftig soll auch noch eine Variante der Plattform für leichte Nutzfahrzeuge entwickelt werden. Grundsätzlich soll sie Frontantrieb, Heckantrieb sowie auch Allrad-Antrieb erlauben.
Geely verspricht Reichweiten von mehr als 700 Kilometern
Der chinesische Konzern nennt seine neu entwickelte Plattform "Sustainable Experience Architecture" (SEA). Entwickelt wurde sie Geely zufolge seit 2017 in China, Schweden, Deutschland und in Großbritannien unter Leitung von Kent Bollevan, dem Leiter des Bereichs "Advanced vehicle architectures" bei der Geely Holding.
"Es handelt sich um eine hochgradig skalierbare, rein elektrische Architektur, die es uns ermöglichen wird, die besten Fahrzeuge in dieser Klasse zu bauen", sagte Bollevan. Dies gelte sowohl für den Bereich Dynamik, Konnektivität und smarte Funktionen. "SEA wird es ermöglichen, Zero-Emission-Mobilität für viele andere Konsumenten in einem sehr hohen Volumen zu bringen."
Zu den wichtigsten Eigenschaften der neuen Plattform gehört laut Geely die Möglichkeit, Batterien mit einer Kapazität einzubauen, die eine Reichweite von mehr als 700 Kilometern ermöglichen mit der Möglichkeit, diese künftig nochmals zu erweitern. Zudem soll die gesamte Elektronik drahtlos aus der Ferne upgedatet werden können.
Weitere Einzelheiten zu dem SEA-Programm nannte Geely am Mittwoch noch nicht. Eine Präsentation vor internationalen Journalisten fand zunächst ebenfalls nicht statt.
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