Der Autobauer Daimler will im Rahmen seines Sparkurses am Konzernstammsitz in Stuttgart-Untertürkheim nach Betriebsratsangaben bis zum Jahr 2025 rund 4000 Stellen abbauen. Ein Papier mit diesem Inhalt wurde von den örtlichen Arbeitnehmervertretern unter den Beschäftigten verteilt, wie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch erfuhr. Zuvor hatten "Stuttgarter Zeitung" und "Stuttgarter Nachrichten" darüber berichtet.
Eine Daimler-Sprecherin ging auf Anfrage nicht auf diese Zahl ein. Sie sprach generell davon, dass die Kosten "optimiert" werden müssten, um die Rentabilität des Unternehmens zu sichern. Nach Informationen der Automobilwoche ist nicht nur der Standort Untertürkheim betroffen, sondern auch Berlin. Dort steht offenbar das Werk Süd mit bis zu 1000 Beschäftigten auf der Kippe. Derzeit laufen mit allen Powertrain-Werken von Daimler Verhandlungen über die so genannten Zielbilder, also die Zukunftssicherung der Standorte.
Im Werk in Stuttgart-Untertürkheim arbeiten nach Betriebsratsangaben rund 19.000 Mitarbeiter. „Als Betriebsrat setzen wir uns seit Jahren dafür ein, Untertürkheim im Bereich der E-Mobilität weiter auszubauen und für die Zukunft zu wappnen. Die aktuellen Überlegungen des Unternehmens, das Thema nun endlich stärker voranzutreiben und an unserem Standort in die Batteriezellenproduktion einzusteigen, befürworten wir deshalb grundsätzlich sehr", sagte Betriebsratschef Michael Häberle der Automobilwoche. Über die Pläne hatte die Automobilwoche bereits exklusiv berichtet.
Sparkurs verschärft
Aus diesem Grund habe man in den vergangenen Jahren Vereinbarungen geschlossen, damit sich der Wandel hin zu reiner Elektromobilität nicht nur technologisch, sondern auch in Bezug auf die Beschäftigung fair vom konventionellen Antrieb in Richtung alternative Antriebe entwickele. "Im Gegenzug für zukunftsträchtige Produkte fordert das Unternehmen aber nun, diese Vereinbarungen zu verändern oder sogar aufzuheben! Dieser harte Schnitt raubt uns die notwendige Zeit, die wir für eine faire Transformation benötigen – das können wir Arbeitnehmervertreter nur als Provokation auffassen", so Häberle weiter.
Das Unternehmen ächzt bereits seit Monaten unter Themen wie Transformation, Diesel-Krise und Sonderbelastungen wie fehlerhafte Takata-Airbags und dem gefloppten Modell X-Klasse. Die Corona-Krise verschärft die Lage und sorgte zuletzt für tiefrote Zahlen bei Daimler. Der Autobauer will den ohnehin geplanten geplanten Sparkurs daher weiter verschärfen. Im zweiten Quartal fuhr der Konzern rund zwei Milliarden Euro Verlust ein. Weil weltweit Fabriken stillstanden, Autohäuser schließen mussten und auch viele andere Unternehmen nicht arbeiten und somit auch keine Lastwagen kaufen konnten, knickten die Absatzzahlen ein.
Vorstandschef Ola Källenius hatte zuletzt betont, dass sein im Vorjahr vorgelegter Sparplan angesichts der Corona-Krise verschärft werden müsse. Dazu gehört auch ein signifikanter Stellenabbau. Eine konkrete Zahl hat Daimler bisher nicht genannt. Kolportiert worden waren zunächst Größenordnungen von 10.000 bis 15.000 der weltweit rund 300.000 Stellen, die abgebaut werden sollten. Zuletzt hatten Berichte über 20.000 bis hin zu 30.000 Stellen die Runde gemacht. (Mit Material von dpa/os)
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