Trotz mancher Schwächen ist Tesla die weltweit führende Marke in der E-Mobilität geworden. Siemens Advanta Consulting hat in einer Studie die Erfolgsfaktoren untersucht und was andere Hersteller von den Kaliforniern lernen können. Die Automobilwoche stellt die Ergebnisse der Studie "Tesla demystified" exklusiv vor.
Nach Ansicht der Berater gibt es nicht den einen Erfolgsgaranten. "Teslas Erfolg ist eine einzigartige Kombination und in der Gesamtheit kaum reproduzierbar", sagt Philipp Grosse Kleimann, Head of Automotive & New Mobility von Siemens Advanta. Die Münchner Studienmacher nennen insgesamt neun Erfolgsfaktoren für Teslas unaufhaltsamen Aufstieg in den vergangenen Jahren.
Erstens die zentrale E/E-Architektur: Modelle werden von Grund auf um die Elektrik herumgedacht. Der Autobauer besitzt eine selbst entworfene, zentrale Steuereinheit. Sie übernimmt die Aufgaben wie ein Gehirn. Zweitens die Batterie-Performance: Durch ständige Optimierung der Energieeffizienz im Fahrzeug ist die Batterieleistung besser als bei Wettbewerbern.
Eigenes Ladenetz hilft
Drittens autonomes Fahren: Tesla trainiert seinen Autopiloten ständig mit Flottendaten. Als Ziel verfolgt Tesla Level 5. Viertens die Ladeinfrastruktur: Tesla hat mit den "Superchargern" ein enges, markeneigenes Schnellladenetz aufgebaut.
Fünftens der Ökosystem-Anspruch: Tesla versteht sich als Tech-Unternehmen, das ähnlich wie Apple auf einer Plattform digitale Ökosysteme baut. Sechstens die Produktion: Tesla hat eine vertikale Integration in den Werken aufgesetzt. Die Wertschöpfungstiefe ist deutlich höher als bei anderen Herstellern. Das mindert die Abhängigkeit von Zulieferern.
Siebtens die Batteriefertigung: Tesla baut Batteriezellen gemeinsam mit Partnern in einem Werk Seite an Seite. Damit kontrolliert der Hersteller den größten Kostenblock im E-Auto und sichert sich Produktionskapazitäten. Achtens der Direktverkauf: Tesla nutzt den Online-Direktvertrieb, um Kosten zu sparen, und besetzt die Kundenschnittstelle. "Ich würde keinen Tesla machen, wenn er nicht für den Direktverkauf wäre", sagte Tesla-Chef Elon Musk jüngst in einem Interview in der Automobilwoche (19/2020). Und neuntens das Markenimage: Tesla positioniert sich erfolgreich als innovative Technologiefirma.
Produktpalette ist noch klein
Grosse Kleimann: "Bei all diesen Themen ist Tesla anderen teils um Jahre voraus." Was andere Autohersteller von Tesla lernen können, benennt die Siemens-Advanta-Studie ebenfalls: ein zentriertes Technologieunternehmen werden, Kundenerlebnisse in den Mittelpunkt stellen, Wertschöpfung und Wertschöpfungsketten überdenken, neue Geschäftsmodelle vorantreiben und Partnerschaften mit den Besten eingehen.
Dennoch gibt es immer wieder Zweifel am Modell Tesla, wie die Studienmacher schreiben. Da wäre als Unwägbarkeit erstens der "CEO-Faktor": Was wäre Tesla ohne Elon Musk? Zweitens der operative Gewinn: Er entspringt dem Verkauf von CO2-Zertifikaten und nicht dem Kerngeschäft. Drittens die geringe Modellauswahl: Tesla hat ein schmales Portfolio und ist zu Model-3-lastig. Und viertens: die Qualität der Produkte – zuletzt bekam Tesla vermehrt schlechte Noten von unabhängigen Prüfern.
Um den Mangel im Portfolio weiß Musk: "Mit der Zeit sollten wir alle wichtigen Segmente abdecken." Als Beispiele nannte er einen Kompaktwagen und einen Minivan. Bereits angekündigt sind das Model Y für Europa, der Pick-up Cybertruck und der Lastwagen Semi.
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