Der Daimler-Konzern hat in Berlin das Konzept eines Brennstoffzellen-Lkws für die Fernstrecke präsentiert. Er hat flüssigen Wasserstoff an Bord und soll mit einer Tankfüllung über 1000 Kilometer schaffen. „Wir verfolgen konsequent unsere Vision eines CO2-neutralen Transports“, sagte Daimler-Chef Martin Daum bei der Vorstellung. Die Sattelzugmaschinen mit Brennstoffzelle sollen allerdings erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts in Serie gehen. Zuvor plant Daimler das Angebot an batterieelektrischen Lkw zu erweitern.
Das vorgestellte Konzeptfahrzeug wird auch mit finanziellen Mitteln des Bundes gefördert. Vor einigen Wochen hatte die Bundesregierung die nationale Wasserstoff-Strategie vorgestellt. Mit dieser soll der alternative Energieträger wettbewerbsfähig gemacht werden. „In Wasserstoff steckt ein Riesen-Potenzial für den Schutz unserer Umwelt und eine starke Wirtschaft“, sagte Verkehrsminister Andreas Scheuer. Zur Unterstützung klimafreundlicher Antriebe solle die Fahrzeugförderung deutlich ausgeweitet werden, kündigte er an.
Neue Plattform geplant
Für die Antriebsarten plant der Daimler-Konzern die Entwicklung einer neuen Plattform, die über alle Marken von Mercedes bis Freightliner oder Fuso ausgerollt werden kann. Je nach Anwendungsfall kann die Zugmaschine dann mit Batterie oder Brennstoffzelle ausgestattet werden. „Je leichter die Ladung und je kürzer die Distanz, desto eher wird die Batterie zum Einsatz kommen. Je schwerer die Ladung und je länger die Distanz, desto eher wird die Brennstoffzelle das Mittel der Wahl sein“, so Daum.
Während die Plattform eine Eigenentwicklung ist, setzt Daimler bei der Brennstoffzelle auf die Zusammenarbeit mit Volvo. Diese soll größere Skaleneffekte ermöglich und so die Kosten für die Entwicklung senken und die Markteinführung beschleunigen. Bei den Fahrzeugen seien beide Hersteller aber wie bisher Wettbewerber, betonte ein Sprecher. Daimler bevorzugt zudem flüssigen Wasserstoff, weil dieser eine deutlich höhere Energiedichte hat als gasförmiger und somit größere Reichweiten ermöglicht. Allerdings muss dieser bei unter minus 250 Grad gelagert werden. Zur Leistungsunterstützung etwa bei Anstiegen und voller Ladung ist zusätzlich eine Batterie an Bord.
Brennstoffzelle erst nach 2025
Da der Brennstoffzellen-Truck erst deutlich nach 2025 in die Serie gehen soll, setzt Daimler bis dahin verstärkt auf rein batterieelektrische Antriebe. Bereits im Testbetrieb ist der eActros mit einer Reichweite von rund 200 Kilometer. Diese soll bis zum für 2022 geplanten Serieneinsatz nochmals deutlich verbessert werden. Auch in den USA sind bereits Lkw bei Kunden. Der eCascadia von Freightliner ist auf eine Reichweite von bis zu 400 Kilometer ausgelegt. Mit der neuen Plattform und einer verbesserten E-Achse sollen dann bis zur Serienreife 2024 Reichweiten von 500 Kilometer möglich sein. Innerhalb eines Baukastensystems kann der E-Antrieb je nach Markt, Segment und Fahrzeugtyp angepasst werden.
Vor allem auf planbaren und nicht allzu langen Routen etwa zwischen zwei Logistikzentren soll der e-Actros Long Haul zum Einsatz kommen. „Ein großer Teil der Anwendungen im Fernverkehr erfordert ohnehin keine größere Reichweite als die 500 Kilometer, die mit einer Aufladung ermöglicht werden", sagen die Experten bei Daimler. Lenkpausen der Fahrer schaffen zudem die Möglichkeit, in dieser Zeit nachzuladen. Wie beim Wasserstoff dürfte es allerdings notwendig sein, dass die Speditionen die benötigte Ladeinfrastruktur zunächst in den Betriebshöfen selbst aufbauen.
Iveco prescht voran
Mit seiner Strategie für alternative Antriebe fährt Daimler in der Nutzfahrzeugbranche keineswegs voran. Asiatische Hersteller wie Hyundai haben etwa in der Schweiz bereits Lkw mit Brennstoffzelle in der Erprobung im Alltag. Konkurrent Iveco verfolgt einen ähnlichen Plan wie Daimler, will diesen aber bereits deutlich früher umsetzen. Zusammen mit dem amerikanischen Start-up Nikola sollen am Standort Ulm von 2021 an batterieelektrische Sattelzugmaschinen auf einer neuen Plattform produziert werden.
Hier ist die Rede von einer Reichweite von 400 Kilometern. Ab 2023 will Iveco dann einen Brennstoffzellen-Lkw ins Rennen schicken. Der Stack kommt dabei von Bosch. „Wir können beim Thema Wasserstoff in Führung gehen“, sagte Iveco-Chef Gerrit Marx kürzlich im Interview mit der Automobilwoche. Ein Satz, den man früher eher von Daimler kannte.
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Aus dem Datencenter:
Entwicklung der Elektroautos in Deutschland von 2018 bis 2020