Der angeschlagene VW-Chef Herbert Diess will mit einer Reihe von Um- und Neubesetzungen im gesamten Konzern seine Macht festigen. Zugleich sucht Diess den Schulterschluss mit VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch und dem Betriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh.
Für die Nachfolge des Ende Juni abgetretenen VW-Konzernvorstands Komponente und Beschaffung, Stefan Sommer, verhandelt Diess nach Automobilwoche-Informationen mit Andrea Fuder. Die Einkaufsvorständin von Volvo Trucks hatte sich 2018 gegen ein VW-Angebot entscheiden – daraufhin bekam Sommer den Job.
Mit einer stark verbesserten Offerte wolle Diess die 52-jährige Deutsche, die früher bereits für VW und Scania gearbeitet hat, nach Wolfsburg locken, berichten Insider. Gelingt der Schachzug, würde Diess eine wesentliche Forderung von Pötsch erfüllen, der nach VW-Rechtsvorständin Hiltrud Werner auf eine zweite Frau im Konzernvorstand drängt. Auch Osterloh mahnt immer wieder, VW müsse "weiblicher und internationaler" werden. Zudem hätte Fuder die Unterstützung des Betriebsrats, da die Führungskraft als gewerkschaftsnah gilt.
"Er riskiert, seinen Ruf intern schwer zu beschädigen"
Sollte sich Fuder abermals gegen VW entscheiden, stünden Alexander Seitz und Thomas Schmall bereit. Seitz ist Finanzvorstand der Hauptmarke VW Pkw, macht aber keinen Hehl aus seiner wahren beruflichen Leidenschaft, dem Einkauf. Schmall brächte als Chef von VW Group Components das passende Netzwerk für Sommers Nachfolge mit. Derzeit führt VW-Konzernfinanzvorstand Frank Witter die Beschaffung kommissarisch.
Als Nachfolger des zum Monatsende ausscheidenden Škoda-Chefs Bernhard Maier präferiert Diess den Chef von VW Südafrika, Thomas Schäfer. Der Ex-Daimler-Manager aber würde auch aus privaten Gründen lieber in Uitenhage bei Port Elizabeth bleiben.
Schon bei Daimler hatte sich Schäfer gegen einen weiteren beruflichen Aufstieg entschieden. Auch einige Karriere-Angebote von Diess soll er bereits ausgeschlagen haben. "Wenn Schäfer die Führung jener Marke, die den VW-Familien Piëch und Porsche traditionell eng am Herzen liegt, verweigert, riskiert er seinen Ruf intern schwer zu beschädigen", so ein hochrangiger VW-Manager.
Oeljeklaus gut vernetzt
Hoffnungen auf den Top-Job bei Škoda machen sich Martin Jahn und Michael Oeljeklaus. Jahn ist Vizepräsident für Verkauf und Marketing beim Joint Venture FAW-VW in China. Der Tscheche hat schon als Personalvorstand bei Škoda gearbeitet und ist als Ex-Wirtschaftspolitiker in seinem Heimatland noch immer bestens verdrahtet.
Oeljeklaus, bei Škoda seit 2010 verantwortlich für Produktion/ Logistik, ist das dienstälteste Vorstandsmitglied der VW-Volumenmarke. Mit Gewerkschaftern und der tschechischen Regierung ist Oeljeklaus eng vernetzt. Durch das gemeinsame Hobby der Fliegerei unterhält er gute Beziehungen zu Mitgliedern der Eigentümerfamilien Piëch und Porsche.
Hilgenberg für Senger
Wie Jahn brächte Oeljeklaus Auslandserfahrung in China mit, Škodas wichtigstem Einzelmarkt. Oeljeklaus gilt als erfahren und selbstbewusst. Das Angebot, als Nachfolger von Thomas Ulbrich Produktionsvorstand von VW Pkw zu werden, hatte er 2017 ausgeschlagen. Den Zuschlag erhielt dann Andreas Tostmann – der im Zuge der jüngsten Revirements die MAN-Führung übernahm.
Bei der MAN-Muttergesellschaft Traton folgte jüngst Matthias Gründler als Chef auf Andreas Renschler. Bei VW Nutzfahrzeuge wiederum übergibt Thomas Sedran am 1. September die Markenführung an Carsten Intra. Die Leitung der Car-Software- Organisation von VW soll Dirk Hilgenberg von Christian Senger übernehmen. Hilgenberg kommt von BMW, wo er zuletzt im Manufacturing Engineering wirkte.
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