Autos aus China waren in Europa bisher schwer verkäuflich. Brilliance und Landwind fielen durch, wiederbelebte Traditionsmarken wie Borgward oder MG blieben unter der Wahrnehmungsschwelle. Doch jetzt bringen europäische Hersteller die ersten Modelle aus ihren chinesischen Werken auch nach Europa. Statt wie bisher nur für den lokalen Markt, produzieren BMW und die PSA-Premiummarke DS in China erstmals für den Export.
Von außen sind die Autos kaum zu unterscheiden: Vorn ein neuer iX3, dahinter auf demselben Band ein altbekannter X3. Nur die für den Fototermin eingehüllte BMW-Niere am neuen Elektro-SUV verrät den Unterschied.
"Wir produzieren den vollelektrischen iX3 zusammen mit dem BMW X3 mit Verbrennungsmotor auf der gleichen Linie", erklärt Robert Küssel, der das Werk im chinesischen Dadong leitet. Dort werden beide Modelle gebaut – der X3 nur für China, die Elektroversion für die ganze Welt. Noch läuft beim iX3 die Vorserie. Doch im Spätsommer soll es richtig losgehen. Ende des Jahres werden dann laut Plan die ersten Fahrzeuge ausgeliefert.
Auch der DS 9 kommt aus China nach Europa
Für BMW ist es eine Doppelpremiere: In dem Gemeinschaftswerk mit Brilliance setzen die Münchner erstmals ihre neue E-Auto-Strategie um, alle Antriebe in einer Baureihe anzubieten – und dann auch im selben Werk auf einem Band zu montieren. Und erstmals baut BMW ein Modell für den Weltmarkt ausschließlich in China. Starten soll die Auslieferung zwar im Reich der Mitte. Doch "kurz danach folgen EU und Asien", kündigte ein Sprecher an. Die Zulassung für Europa liege bereits vor.
Ähnlich das Bild 2300 Kilometer weiter südlich: In Shenzhen lässt der PSA-Konzern sein neues Topmodell DS 9 montieren – auch für den europäischen Markt, wo die Franzosen auf Präsident Emmanuel Macron als Erstkunden hoffen. Die Serienproduktion soll noch in diesem Jahr starten.
China vor allem für E-Autos attraktiv
Der Trend dürfte sich noch verstärken. Gerade für Elektrofahrzeuge sei China der ideale Produktionsstandort, um die Weltmärkte zu bedienen, sagt Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research in Duisburg. "Elektroautos werden in China in höheren Volumen gebaut werden und damit machen sich Skaleneffekte bemerkbar." Es sei daher kein Wunder, dass BMW mit einem Elektro-SUV den Anfang mache. "Gerade für batterieelektrische Autos wird der Standort China bedeutend werden."
Den Auftakt hatte schon 2018 Volvo gemacht. Die Elektro-Marke Polestar wurde von Anfang an nur bei der chinesischen Konzermutter Geely produziert. Zwar erhalte der Trend durch Corona-Krise und US-Handelskriege derzeit einen Dämpfer, sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Doch das werde wohl nur vorübergehend sein. "Langfristig spricht vieles dafür, dass der Trend eher stärker wird, in China zu produzieren und zu exportieren."
Peking lockert Joint-Venture-Zwang
Zur Hilfe kommt den Herstellern dabei die neue Politik Pekings. Geistiges Eigentum genießt dort seit Jahresbeginn mehr Schutz, und der Joint-Venture-Zwang für Autobauer wurde aufgeweicht. 2022 soll er ganz fallen.
Auch die Fertigungsqualität bereite keine Sorgen mehr, sagt Dudenhöffer. Die sei in den jungen Fabriken dort oft sogar etwas besser als in den alten Stammwerken.
Statt "made in China" heiße es künftig "made by BMW". Diesen Anspruch müsse die Marke dann auch erfüllen, betont Autoexperte Bratzel. "Die Marke muss dafür bürgen, dass die Qualität stimmt, egal wo produziert wird." Das sei BMW aber schon mit den X-Modellen aus den USA gelungen und werde sicher auch in China klappen.
Auch Smart und E-Mini kommen bald aus China
Die nächsten Kandidaten stehen schon bereit. Daimler will die kommende Generation des Elektrokleinwagens Smart ab 2022 gemeinsam mit Geely in China bauen. Die eigene Produktion im französischen Hambach läuft dann aus.
Und BMW errichtet zusammen mit Great Wall in Zhangjiang ein neues Werk, in dem elektrische Mini entstehen sollen – ausdrücklich auch für den Export nach Europa. Die bisherige E-Mini-Fertigung in Oxford gehe aber weiter, versichert eine Sprecherin. Ob das auch nach dem nächsten Generationswechsel so bleibt, lässt sie offen. "Es ist zu früh, darüber zu spekulieren."
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