Medien-Berichte über mögliche Standortschließungen bei Renault haben eine heftige Reaktion der Mitte-Regierung in Frankreich ausgelöst.
"Wir hängen an den Standorten in Frankreich", sagte Regierungschef Édouard Philippe am Mittwoch im Senat und kündigte eine kompromisslose Haltung an. Frankreich müsse das "weltweite Zentrum für Renault" bleiben. Der Staat hat bei dem Hersteller viel zu sagen, da er zu 15 Prozent beteiligt ist.
Wie das Enthüllungsblatt "Le Canard Enchaîné" in seiner neuen Ausgabe berichtete, sind vier Standorte des Herstellers in Frankreich gefährdet; dazu gehöre auf längere Sicht auch die große Fabrik Flins im Pariser Großraum. Der Konzern nahm auf Anfrage zu dem Bericht keine Stellung.
"Das ist undenkbar", sagte der mächtige Chef der Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez, im Sender RTL mit Blick auf die angeblichen Schließungen. Er forderte eine veränderte Strategie für den Hersteller.
Garantie für Kredite
Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye sagte, die Corona-Krise habe Probleme verstärkt: "Die Lage des Automobilsektors in Frankreich und weltweit ist äußerst besorgniserregend."
Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire werde kommende Woche einen Plan für die Branche vorlegen. Premierminister Philippe sagte, Renault habe noch keinen Sanierungsplan vorgelegt. Dieser Plan müsse "offensiv" sein, forderte er.
Renault ist schon seit längerer Zeit in der Krise; die Geschäfte waren in der Coronavirus-Pandemie zu Jahresbeginn eingebrochen.
Die EU-Wettbewerbshüter erlaubten der Regierung bereits, den Hersteller mit einer Garantie für Kredite bis fünf Milliarden Euro zu unterstützen.
Die Oppositionspolitikerin und Rechtspopulistin Marine Le Pen kritisierte, diese Milliardenhilfe umfasse keine Verpflichtung, die Beschäftigung im Inland zu sichern.
Kosten sollen sinken
Renault war 2019 erstmals seit zehn Jahren in die roten Zahlen gerutscht und hatte daraufhin einen Sparkurs angekündigt.
Die Kosten sollen um mehr als zwei Milliarden Euro sinken, ein Plan soll nach früheren Angaben noch in diesem Monat präsentiert werden.
Interimschefin Clotilde Delbos hatte deutlich gemacht, dass Fabriken in Frankreich und in der ganzen Welt auf dem Prüfstand stehen.
Nach dem Skandal um den früheren Konzernchef Carlos Ghosn sucht der Hersteller schon länger nach einem Neuanfang. Ghosn war Ende 2018 in Japan unter anderem wegen angeblichen Verstoßes gegen Börsenauflagen festgenommen und angeklagt worden. Er flüchtete später spektakulär in den Libanon. (dpa/mer)
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