Die Allianzpartner Renault, Nissan und Mitsubishi stehen in der Corona-Krise stark unter Druck. Nicht nur die Verkaufszahlen sinken bedrohlich, auch die Börsennotierungen rutschen seit Wochen in die Tiefe.
Niemand macht sich Illusionen über eine rasche Rückkehr zu alten Absatzzahlen. Vielmehr rechnen die Unternehmensführungen mit einem nachhaltigen und globalen Rückgang der Nachfrage. Deshalb wollen die Konzerne Ende Mai kurz hintereinander neue mittelfristige Pläne präsentieren - es sind drakonische Umbaupläne.
Neben milliardenschweren Sparprogammen sollen unter anderem bei Renault die Modelle Espace, Scénic und Talisman ersatzlos wegfallen. Nissan will seine Überkapazitäten mit mehreren scharfen Kapazitätskürzungen in den Griff bekommen. Für Europa am einschneidendsten dürfte dabei die Entscheidung sein, das Werk in Barcelona komplett zu schließen. Dessen Produktionspalette soll zumindest teilweise zu Renault wandern.
Werk Barcelona soll geschlossen werden
Nissan will seine weltweite Produktionskapazität um rund 20 Prozent verkleinern. Denn zuletzt lag die durchschnittliche Auslastung der Werke nur noch bei 65 Prozent. Einziger Ausweg lautet Kapaztitätskappung und einen wesentlichen Beitrag dazu in Europa soll die Fabrik in Barcelona leisten: Sie soll dem Vernehmen nach komplett geschlossen werden. In Barcelona werden der Pick-up Navarra sowie die E-Version des Transporters NV200 gebaut.
Das Werk in Barcelona hat eine Kapazität von rund 200.000 Einheiten pro Jahr. Im vergangenen Jahr wurden dort aber nur noch 55.000 Fahrzeuge gebaut, 38 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Allianz denkt nun über eine Verlagerung der Fertigung ins Renault-Werk nach Maubeuge im Norden Frankreichs nach. Dort werden bereits seit Jahren mehrere Transporter von Renault gebaut, jedoch kein Fahrzeug mit der Architektur eines Pick-up. Denkbar wäre somit zumindest die Fertigung des e-NV200 in Maubeuge, der ohnehin auf dem Renault Kangoo beruht.
Aus für die Budget-Marke Datsun
Außerdem haben sich die Japaner offenbar entschlossen, ihre in Asien und Russland bekannte Budget-Marke Datsun zu beerdigen. In Indonesien hatte Nissan vor kurzem bereits seine Datsun-Fertigung eingestellt. Die hohen Marketing- und Vertriebskosten für eine eigene Marke würden sich nach der Corona-Krise nicht mehr rechnen, hieß es bei Nissan.
Einher mit dieser größten Restrukturierung seit der Schaffung der Allianz im Jahr 1999 geht das endgültige Einkassieren der ehrgeizigen Wachstumsziele des früheren Allianz-Chefs Carlos Ghosn. Er hatte 2017 als mittelfristiges Marke die Zahl von mehr als 14 Millionen Fahrzeugen pro Jahr für die Allianz ausgegeben.
Bestätigt haben die Unternehmen von alledem aber noch nichts. Doch seit Wochen dringen immer mehr Einzelheiten des Gesamtplans an die Öffentlichkeit. Unternehmenssprecher bestätigten bislang lediglich hinter vorgehaltener Hand, dass die Dreier-Allianz eine neue Strategie für das Bündnis am 27. Mai präsentieren will. Einen Tag später soll dann Nissan seine Pläne offenlegen und am 29. Mai will Renault seine auf sechs Jahre angelegte Mittelfrist-Strategie vorstellen.
Nissan hatte Ende April erklärt, man erwarte für das Fiskaljahr 2019/20 erstmals seit 1999 wieder einen Verlust. Aus dem Umfeld des Unternehmens hieß es, nun sollten jährlich rund 2,8 Milliarden Dollar gespart werden.
Renault muss ebenfalls massiv kürzen. 2019 war ein Nettoverlust von 141 Millionen Euro aufgelaufen. Im ersten Quartal gingen die Verkäufe und der Börsenkurs auf Sinkflug.
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