Im Jahr 2019 hatte Audi immerhin Absatz, Umsatz und operatives Ergebnis steigern können. Auf dieser Basis sollte der Ingolstädter Automobilhersteller 2020 wieder angreifen, um den Abstand zu den Rivalen Mercedes-Benz und BMW zu verringern.
Das war der Plan.
Stattdessen steht nun wegen der Corona-Pandemie die Produktion in den Automobilwerken auch bei Audi still. Patentrezepte zur Bewältigung dieser Krise haben auch die Wettbewerber nicht. Aber die deutschen Automobilhersteller werden sie überstehen. Danach muss Duesmann an die Umsetzung des vorübergehend blockierten Aufholplans gehen.
Mit der Vereinbarung für einen Abbau von unter dem Strich 7500 Stellen hat Vorgänger Bram Schot schon ein Problem für Duesmann beiseite geräumt. Wo der Fokus des Aufholplans liegen muss, hat VW-Konzernchef Herbert Diess schon klar festgelegt: "Vorsprung durch Technik zur unmissverständlichen Handlungsmaxime bei Audi zu machen. Dies muss der Anspruch der Audi-Führung sein".
Duesmann und Diess kennen sich aus BMW-Zeiten
Duesmanns Vorteil: Er und Diess dürften die gleiche Sprache sprechen, kennen sie sich doch aus gemeinsamen BMW-Zeiten. Und beide sind Ingenieure - anders als Duesmanns Vorgänger Rupert Stadler und Bram Schot. Diess war BMW-Entwicklungsvorstand, als er 2014 zu Volkswagen wechselte. Duesmann leitete bei BMW die Antriebsentwicklung und war zum Einkaufsvorstand aufgestiegen, als Diess Mitte 2018 den Manager bewog, aus seinem noch bis Herbst 2019 laufenden Vertrag bei BMW auszusteigen und in die VW-Gruppe zu wechseln.
Zwangspause vor dem Start bei Audi
Seither dürfte der Tatendrang des heute 50-jährigen Duesmann eher gestiegen sein, wurde ihm doch von BMW eine Zwangspause verordnet, mit der VW-Chef Diess wohl nicht gerechnet hatte. Denn der Münchner Automobilhersteller pochte auf eine Wettbewerbsklausel, derzufolge Duesmann erst ein Jahr nach Auslaufen des Vertrags für Wettbewerber tätig werden dürfe – also im Oktober 2020. Schließlich konnte VW die Sperrfrist doch noch um ein halbes Jahr herunterhandeln, sodass Duesmann heute an die Audi-Spitze rücken konnte.
Neue Prioritäten für die Audi-Entwicklung
Raum, um die mutmaßlich aufgestaute Energie einzusetzen, bietet sich bei Audi genug. Dass Audi sich wieder des Slogans "Vorsprung durch Technik" würdig erweisen muss, meint nicht nur Konzern-Chef Diess. Auch viele andere Experten führen den Rückstand gegenüber BMW und Mercedes-Benz auf die Schwäche von Audi in diesem Feld zurück. Doch in diesem Bereich zu liefern, wird für Duesmann eine enorme Herausforderung. Denn er muss die Leitlinien für die Entwicklungsanstrengungen verschieben und dazu vorhersagen, was den Kunden der Zukunft wirklich wichtig wird – was sie als Vorsprung durch Technik wahrnehmen. Mit höherer Motorleistung, verbesserter Fahrdynamik und mehr Komfort ist es schon lange nicht mehr getan.
Um Audi voranzubringen, wird Duesmann sich weit von seinen bisherigen technischen Schwerpunkten in Antriebsstrang und Fahrdynamik entfernen müssen. Bei BMW leitete der begeisterte Motorradfahrerer vor seinem Einstieg in die Antriebsentwicklung das Formel-1-Team von BMW-Sauber. Nun als Audi-Vorstand hat VW-Chef Diess ihm nicht nur zusätzlich die Verantwortung für Forschung und Entwicklung im Gesamtkonzern übertragen. Auch der Konzernteil für die Entwicklung des künftigen Auto-Softwarebetriebssystems soll seinen organisatorischen Schwerpunkt in Ingolstadt haben.
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