Der Lkw- und Busbauer Traton rechnet angesichts der Coronakrise 2020 mit deutlichen Einbußen. Aufgrund der weltweit rasant voranschreitenden Ausbreitung der Pandemie und wegen der staatlichen Krisenmaßnahmen sei derzeit keine gesicherte Abschätzung über den Verlauf der Geschäfte 2020 möglich, teilte die VW-Tochter mit. Die im neuen Geschäftsbericht enthaltene Prognose basiere auf Erkenntnissen zu einem früheren Zeitpunkt und sei daher nicht mehr gültig. Die als Webcast geplante Bilanz-Pressekonferenz wurde abgesagt.
Traton habe mit umfangreichen Maßnahmen auf die Krise reagiert, hieß es. Dazu gehöre auch die Sicherung der Liquidität. Ende 2019 habe die Nettoliquidität im Industriegeschäft 1,5 Milliarden Euro betragen, sagte Traton-Finanzchef Christian Schulz.
Die Aktie lag am Vormittag knapp drei Prozent im Minus bei unter 12 Euro und schnitt damit in etwa wie der europäische Automobil- und Zuliefersektor ab. Traton war im Juni vom VW-Konzern an die Börse gebracht worden für 27 Euro die Aktie. Volkswagen besitzt knapp 90 Prozent der Anteile an Traton.
MAN hat Kurzarbeit beantragt
Bei den Marken Scania und MAN gibt es in Europa Produktionsunterbrechungen, bei MAN wurde zudem für Deutschland Kurzarbeit beantragt. Kommenden Montag stellen auch die Beschäftigten von VW Caminhoes e Onibus in Brasilien die Arbeit ein.
"In der aktuellen Krise kommt der Nutzfahrzeugindustrie bei der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten eine bedeutende Rolle zu", sagte Traton-Chef und VW-Nutzfahrzeugvorstand Andreas Renschler.
Dank Scania steigerte Traton Absatz und Gewinn im vergangenen Jahr, aber MAN hat sich fast schon zum Sorgenkind entwickelt. "Fakt ist: Die Profitabilität liegt noch weit unter den langfristigen Zielen", erklärte Traton-Vorstandschef Andreas Renschler im Geschäftsbericht. MAN verhandelt mit dem Betriebsrat über einen massiven Stellenabbau.
Traton hat im vergangenen Jahr insgesamt 227.000 Lastwagen und Busse ausgeliefert. Der Umsatz legte um vier Prozent auf 26,9 Milliarden Euro zu. Der Gewinn vor Steuern stieg um 25 Prozent auf 1,97 Milliarden Euro. Unter dem Strich blieben 1,4 Milliarden Euro, die an den VW-Konzern überwiesen werden.
Drei Viertel des Gewinns erwirtschaftete der schwedische Lkw-Bauer Scania. Er hat seine neue Lkw-Generation inzwischen auf allen Märkten eingeführt und die Produktion der Vorgängermodelle eingestellt. Auch das vergleichsweise kleine Geschäft von VW Caminhoes e Onibus kam wieder besser auf Touren.
MAN Truck & Bus hat dagegen nur noch 90.000 Lastwagen verkauft und musste zugleich viel in den Anlauf seiner neuen Lkw-Generation investieren. Das Betriebsergebnis sank um acht Prozent auf 371 Millionen Euro. Die Rendite betrug 3,3 Prozent vom Umsatz, gegenüber 10,8 Prozent bei Scania und 6,1 Prozent beim großen Konkurrenten Daimler Trucks. Renschler schrieb an die Aktionäre: "MAN arbeitet daher mit Hochdruck an nachhaltigen Verbesserungen, um die Ertragskraft zu steigern."
Europa bleibt der wichtigste Markt
Anders als Daimler macht Traton zwei Drittel seines Geschäfts in Europa, und hier war der Markt schon seit Mitte vergangenen Jahres abgekühlt. Deshalb hatte Traton schon vor der Corona-Krise mit einem Gewinneinbruch 2020 gerechnet. Die Lkw-Hersteller sind wegen der CO2-Vorgaben der EU und drohender Strafzahlungen ohnehin unter Druck.
Traton ist im Gegensatz zu Daimler auf dem großen Lkw-Markt USA kaum vertreten, sieht man von der 17-Prozent-Beteiligung am Lastwagenbauer Navistar ab. Ende Januar hat das Unternehmen aber angekündigt, es wolle sämtliche Navistar-Anteile für 35 Dollar je Aktie übernehmen. Inzwischen hat sich der Navistar-Kurs halbiert. Es gebe noch keine Übernahmevereinbarung, den Aktionären liege noch kein Angebot vor, erklärte ein Traton-Sprecher in München. (dpa/swi)
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