Laurens van den Acker ist die ewige Diskussion um die Reichweite von Elektroautos leid: Die einen sind vernünftig und wollen nicht mehr Akkus bezahlen, als sie wirklich brauchen - erst recht, wenn sie mit ihrem Auto doch nur durch die Stadt fahren. Und die anderen wollen für alle Eventualitäten gerüstet sein und verlangen einen Aktionsradius wie bei ihrem Verbrenner - selbst wenn sie den nur wenige Tage im Jahr ausnutzen.
Statt für beide Gruppen unterschiedliche Autos zu bauen und die Modellpalette weiter aufzufächern, will der Renault-Designchef jetzt beide Ansprüche mit einem ungewöhnlichen Konzept unter einen Hut bringen. Und so ist seine jüngste Studie Morphoz zu einer Stretchlimousine der etwas anderen Art geworden. Denn sie ist zunächst ein kurzer Kompaktwagen.
Variable Reichweite dank Zusatzakku
Doch auf Knopfdruck geht der Wagen in die Länge und bietet dann Platz für eine zweite Batterie. Diese nimmt er in der Vision van den Ackers in speziellen Wechselzentren am Stadtrand auf. So geschehen, ist der Morphoz dann 4,80 Meter lang hat zusätzlich 50 Kilowattstunden (kWh) an Bord und soll bis 700 Kilometer weit kommen, um auch längere Autobahnetappen zu bewältigen.
Das Gegenprogramm ist der "City Modus" vor dem Knopfdruck: Dann auf 4,40 Meter gestutzt, sind mit der ersten Batterie nur 40 kWh an Bord, die im Stadtverkehr das Laden dank dann immerhin noch möglichen rund 400 Kilometern. Damit soll man im Stadtverkehr gut gewappnet sein, ohne allzu oft nachladen zu müssen.
Nur eine schöne Utopie?
Natürlich weiß van den Acker, dass dieses Wechselspiel nicht viel mehr ist als eine schöne Utopie, wie auch der Innenraum mit den quietschgelben Drehsesseln. Doch Designer müssten auch mal etwas weiter und freier denken dürfen, sagt der Niederländer. "Nur mit neuer Technik und frischen Ideen lässt sich das Auto sauberer gestalten." Und wer weiß schon genau, ob solche Ideen grundsätzlich nicht doch einmal aufgegriffen werden.
In einem Punkt ist es sogar schon so weit: Laut van den Acker steht die Studie auf einer neuen Plattform für kommende Elektromodelle, die tatsächlich variabel ist - wenngleich Radstand und Batteriegröße nur in der Fabrik verändert werden können.
Eine neue Architektur wollen sie auch bei Hyundai etablieren und stimmen die Kundschaft darauf mit der Studie Prophecy ein. Sie ist eine Prophezeiung für eine elektrische Limousine, die binnen Jahresfrist in den Handel kommen soll, hört man bei dem koreanischen Hersteller.
Joysticks statt Lenkrad
Während das strömungsgünstige Design mit langem Radstand und kurzen Überhängen genau wie die neuartigen Pixelscheinwerfer dem Hersteller zufolge durchaus Chancen auf eine Serienumsetzung haben, geht der Innenraum weit über die Vorstellungskraft von Kunden und Zulassungsbehörden hinaus.
Denn statt eines Lenkrads gibt es nur noch zwei Joysticks, mit denen Fahrer den Wagen steuern - wenn er die Arbeit nicht gleich dem Autopiloten überlässt. Das Fehlen des Lenkrads allerdings gibt den Blick frei auf ein neues Cockpit mit einem Bildschirm auf der gesamten Breite des Armaturenbretts. Wer mehr von der Straße sehen will, kann die gesamte Technik auf Knopfdruck auch verschwinden lassen.
Kampfansage an Tesla
Wo Renault und Hyundai weit in die Zukunft schauen, hält BMWs i4 dem Realitäts-Check schon eher stand. Die Studie soll den Bayern zufolge schon einen sehr konkreten Ausblick auf das Serienmodell einer elektrischen Limousine geben, das für 2021 geplant ist. Das gilt für den Antrieb mit bis zu 390 kW/530 PS genauso wie für das Design - selbst wenn die riesigen Nieren wie eine Karikatur der bisherigen BMW-Fronten wirken.
Doch auch den Energiegehalt der Batterie von rund 80 kWh (rund 600 Kilometer Reichweite) soll das Verkaufsmodell bieten. Gleiches gilt für Innenraumdetails wie das gebogene Display hinter dem Lenkrad und das von nahezu allen Schaltern befreite Armaturenbrett. Lediglich auf dem Mitteltunnel gibt es noch eine kleine Bedieninsel rund um den einstigen Getriebewählhebel, der im i4 zu einem unauffälligen Schieber schrumpft.
Am anderen Ende der elektrischen Skala fährt der Dacia Spring Electric vor: Denn während BMW mit dem i4 endlich eine Antwort auf den Erfolg Teslas sucht, will die rumänische Renault-Tochter mit dem Kleinwagen (rund 200 Kilometer Reichweite) Elektromobilität endlich für alle erschwinglich machen, lässt mancher der Manager in Paris vernehmen.
E-Mobilität endlich bezahlbar
Für Deutschland ist nach Informationen aus Unternehmenskreisen ein Preis angestrebt, der nach Abzug der Förderung bei rund 10.000 Euro liegen und den Dacia zum Discounter unter den Stromern machen soll. Marktstart ist 2021.
Das Ziel der Rumänen erscheint ambitioniert - doch im Grunde ist das Projekt Spring schon angerichtet. Der Billig-Stromer hat seinen Serienanlauf im Prinzip sogar schon hinter sich. Denn als weitgehend baugleicher Renault K-ZE läuft das Steckdosen-Modell in China bereits seit ein paar Monaten vom Band. Kostenpunkt: umgerechnet in etwa tatsächlich so günstig wie für den Spring Electric in Aussicht gestellt. (Von Thomas Geiger, dpa/fuh)
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