Nur ein einziges Mal blitzt auf, dass Ola Källenius seine zurückhaltende Art bei Bedarf auch ablegen kann. Gleich zu Beginn seiner Rede bei der Bilanz-Pressekonferenz gibt sich der Daimler-Chef kurz kämpferisch. "Dieses Ergebnis wird diesem stolzen Unternehmen nicht gerecht. Wir werden es in den nächsten fünf bis zehn Jahren wieder da hin führen, wo es hingehört."
Der gebürtige Schwede bricht bei seinem ersten Auftritt im Carl-Benz-Center in der Nähe des Stammsitzes in Stuttgart-Untertürkheim mit einer alten Tradition. Während sein Vorgänger Dieter Zetsche die Rede zum abgelaufenen Geschäftsjahr meist Wort für Wort vom Blatt ablas, steht Källenius vor dem aufgebauten Podium und spricht frei. Trotz der schlechten Zahlen, die er verkünden muss, wirkt er wie die sprichwörtliche Ruhe im Sturm.
Das vergangene Jahr will er in seiner Präsentation so schnell abhaken wie möglich. Keines der Geschäftsfelder hat ein wirklich ordentliches Ergebnis abgeliefert. Hohe Kosten für die Dieselkrise, verpatzte Anläufe von GLE und Sprinter sowie die aussortierte X-Klasse und ein neuerlicher Rückruf bei Takata-Airbags haben bei Pkw und den Vans für miese Zahlen gesorgt. Selbst wenn man die Sondereinflüsse herausrechnet, bleibt bei den Pkw nur eine Gewinnspanne von 6,2 Prozent, bei den Vans liegt sie bei nur 1,9 Prozent. "Damit können wir nicht zufrieden sein", sagt Källenius. Der Zielkorridor bei den Pkw lautet beispielsweise acht bis zehn Prozent.
Zwar lief es bei den Lkw etwas besser, obwohl die Absatzzahlen nach unten gegangen sind. Doch auch hier wurde der eigene Anspruch nicht erreicht. Noch am besten steht das Geschäftsfeld Daimler Mobility da, wo die Finanzierungen und die neuen Services wie Carsharing angesiedelt sind. Hier erreichte die Eigenkapitalrendite 15,3 Prozent und lag – auch dank Sondereinflüssen – höher als im Vorjahr. Unter dem Strich bleibt damit ein Konzernergebnis von 2,7 Milliarden Euro. 2018 waren es noch 7,6 Milliarden Euro.
In der Nähe des CO2-Ziels
Danach schwenkt Källenius um auf seine persönliche To-Do-List für das nächste Jahr. Die steht seit dem Kapitalmarkttag im November mehr oder weniger fest, als der Daimler-Chef erstmals seine Strategie für die nächsten Jahre umrissen hat. Vor allem die ausufernden Kosten will er in den nächsten Jahren in den Griff bekommen. 1,4 Milliarden Euro sollen durch den Abbau von weltweit mindestens 10.000 Stellen eingespart werden. Der Großteil davon entfällt auf Deutschland. Spekulationen zu noch höheren Zahlen kommentiert er nicht. Auch die Materialkosten sollen runter. "Die Vorteile daraus werden wir im Jahr 2022 sehen."
Auch das Management werde seinen Teil dazu beitragen, erklärt Källenius auf Nachfrage. So sei das Gehalt des Vorstands eng mit dem Ergebnis des Konzerns sowie dem Abschneiden der Aktie verknüpft. Außerdem ist auch das Wegfallen von 1000 Führungspositionen Teil des Sparprogramms. Wie viele Mitarbeiter letztlich über ein Abfindungsprogramm ausscheiden, wollte Källenius nicht verraten.
Bei der Frage nach den CO2-Zielen bleibt der Daimler-Chef sehr zurückhaltend. Auf 137 Gramm pro Kilometer ist der Ausstoß der Neuwagenflotte im Jahr 2019 gestiegen. Bis 2021 muss ein Wert knapp über 100 Gramm erreicht werden. Da sich dieser am Gewicht der verkauften Autos orientiert, kann erst am Ende abgerechnet werden. Ziel sei es, in diesem Jahr die Absatzzahlen von Plug-In-Hybriden und rein elektrischen Autos von zwei Prozent im Jahr 2019 auf neun Prozent vervierfachen, 2021 sollen sie sich nochmals verdoppeln. Der Anteil würde dann von knapp 50.000 auf weit über 400.000 Einheiten explodieren. „Wir kommen damit in die Nähe des Ziels. Ob wir es erreichen, hängt auch von den Märkten ab“, so Källenius.
Auch beim Dauerthema der Partnerschaften lässt sich Källenius nicht aus der Reserve locken. Man sei offen für Kooperationen in der Phase der Transformation, wenn es für beide Partner einen Vorteil bedeute. Mit Geely habe man den Smart neu aufgesetzt, mit Renault den Kastenwagen Citan. Auch mit BMW bestehe eine Einkaufskooperation sowie eine Partnerschaft bei den Assistenzsystemen. Konkreter wird er nicht.
Alleingang beim Betriebssystem
So wählt Daimler sogar beim eigenen Betriebssystem den Alleingang. Das soll in den nächsten drei bis vier Jahren entwickelt werden und in den ersten Modellen an den Start gehen. „Dafür werden wir massiv investieren und Stellen aufbauen“, kündigte Källenius an. Zwar wollte er nicht ausschließen, hier künftig mit einem Partner zusammenzuarbeiten. Doch bisher sind damit eher keine Tech-Firmen gemeint als ein großer Hersteller wie etwa BMW.
Während Källenius auf jede Frage geduldig antwortet, bleibt seine Strategie doch seltsam konturlos. "Das ist mir zu wenig dynamisch, vor allem was die alternativen Antriebe angeht", kritisiert denn auch Stefan Reindl, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft in Geislingen. Wie viele Analysten rät auch er zu einer breiteren Kooperation mit BMW, um die Kosten zu senken und sich auf Dauer am Markt zu behaupten. "Daimler und BMW passen schon deshalb gut zusammen, weil sie dasselbe Anspruchsdenken haben", sagt Reindl.
Für Källenius wird die begonnene Amtszeit auch so schon anspruchsvoll genug. Für 2020 erwartet er beim Absatz von Pkw, Vans und Lkw einen leichten Absatzrückgang, dafür soll die Gewinnspanne wieder etwas besser werden. „Es wird ein Sack voll Arbeit, um die Ziele in den nächsten drei Jahren zu erreichen“, sagt Källenius. Genau daran wird er sich in Zukunft messen lassen müssen.
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