Nach dem Aus für die prestigeträchtige Autoschau IAA sucht die Frankfurter Messe nach Ersatz.
Die Branche habe sich mit dem Votum gegen die Mainmetropole für einen "vollständigen Neubeginn entschieden", sagte der Frankfurter Messe-Geschäftsführer Uwe Behm am Donnerstag.
Nun müsse man sich nach Alternativen umsehen. "Bei der Messe Frankfurt sind wir nun frei, den verfügbaren, hochattraktiven Zeitslot mit anderen lukrativen Veranstaltungen zu füllen", sagte Behm.
Er dankte der Stadt Frankfurt und dem Land Hessen, die sich für den Verbleib der IAA am Main eingesetzt hatten.
Die Internationale Automobilausstellung IAA fand seit 1951 in Frankfurt statt und zählt neben der Buchmesse zu den prominentesten Branchenschauen am Main.
Am Mittwochabend hatte der Verband der Automobilindustrie (VDA) unter sieben deutschen Bewerber-Städten eine Vorauswahl getroffen und schon in der ersten Runde gegen Frankfurt entschieden.
Im Rennen bleiben Berlin, Hamburg oder München. Die Entscheidung für den neuen Standort soll in den nächsten Wochen fallen.
Die letzte IAA-Ausgabe vergangenes Jahr gilt mit einem Besuchereinbruch als Misserfolg. Nur noch 560.000 Besucher kamen zur Ausstellung – davor waren es 810.000 gewesen.
Zudem wurde viel Kritik laut, die Autobranche setze zu stark auf spritfressende schwere Modelle wie SUVs. Der VDA will die Messe zu einem Impulsgeber für neue Mobilitätskonzepte umwandeln.
Hessens FDP-Chef poltert gegen Frankfurter OB
Für Frankfurt hatten sich neben Wirtschaftsdezernent Markus Frank (CDU) auch Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) und Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) stark gemacht.
Feldmann hatte allerdings selbst Kritik an der IAA geübt, auf der er nach seiner Darstellung im September 2019 kein Grußwort sprechen durfte.
Hessens FDP-Chef Stefan Ruppert hat als Reaktion auf die Niederlage umgehend Feldmanns Rücktritt gefordert. Das Aus für die IAA sei ein fatales Signal für Frankfurt und das gesamte Rhein-Main-Gebiet, sagte Ruppert. "Oberbürgermeister Peter Feldmann trägt gemeinsam mit der Landesregierung die Verantwortung an dieser Entwicklung."
Feldmann habe die Veranstalter bewusst brüskiert und deutlich gezeigt, dass er als Stadtoberhaupt von Frankfurt den Wert der Messe gering schätzt, kritisiert der FDP-Chef. "Ein Oberbürgermeister, der das Ansehen seiner Stadt stark beschädigt, Arbeitsplätze mutwillig vernichtet und einen gigantischen finanziellen Schaden verursacht, ist in einem solch verantwortungsvollen Amt nicht länger tragbar."
Das IAA-Aus sei keine politische Marginalie, sondern ein harter Schlag für den Automobilstandort Hessen, mahnte Ruppert: "Entsprechend halten wir personelle Konsequenzen für notwendig."
Hotels und Restaurants befürchten "immense Umsatzeinbußen"
Hoteliers und Gastronomie reagieren indes geschockt auf das Aus für die IAA in Frankfurt. "Diese Entscheidung ist ein schwarzer Tag in der Messe-Historie Frankfurts", erklärte der Branchenverband DEHOGA Hessen am Donnerstag.
Die IAA sei eine der bedeutendsten Messen für Frankfurt und über die Stadtgrenzen hinaus gewesen. "Insbesondere die Dienstleistungsbranche wird dies mit immensen Umsatzeinbußen bezahlen müssen."
Mit dem Votum des Autoverbands VDA gegen Frankfurt habe man nicht gerechnet, sagte Kerstin Junghans, Leiterin der DEHOGA-Geschäftsstelle Frankfurt Rhein-Main, der Deutschen Presseagentur. Noch am Mittwoch habe bei einem runden Tisch mit Vertretern der Stadt großer Optimismus geherrscht, dass Frankfurt auch die kommende IAA 2021 ausrichten werde. Nun müsse die Automechanika in Frankfurt gesichert werden.
Für die Gastronomie sei es wichtig, dass die Frankfurter Messe zudem eine neue Branchenschau an den Main hole, sagte Junghans weiter. Dabei habe der DEHOGA viel Vertrauen. "Eine über 70 Jahre hinweg gewachsene Messe wie die IAA lässt sich aber nicht einfach wettmachen. Das wird Zeit brauchen."
Wie viel Geld die Automesse Hoteliers und Gastronomie einbrachte, konnte Junghans nicht beantworten.
Proteste wird es auch am neuen Standort geben
Die Proteste gegen die IAA werden mit dem Standortwechsel voraussichtlich aber kein Ende nehmen. Tausende hatten vergangenes Jahr in Frankfurt gegen die Messe demonstriert – und die Organisatoren des Protests haben eine Neuauflage angekündigt, egal an welchem Standort die Schau künftig stattfinden wird.
"Ich kann mir vorstellen, dass es sogar noch einmal deutlich mehr Zuspruch geben wird, wenn die IAA in Hamburg oder Berlin stattfindet", sagte der politische Geschäftsführer des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) in Hessen, Heiko Nickel, am Donnerstag.
Am Publikumswochenende hatten Umwelt- und Klimaaktivisten vergangenes Jahr direkt vor den Toren der IAA in Frankfurt demonstriert, andere Aktivisten blockierten Zugänge zum Messegelände. Der VCD Hessen war Teil des Bündnisses der Organisatoren – "Sand im Getriebe" –, das von mehr als 25.000 Teilnehmern berichtet hatte.
Es gab auch eine großangelegte Fahrrad-Sternfahrt. "Wir bleiben überall ungehorsam", erklärte das Bündnis nun auf Twitter. "Das bleibt nicht ohne Wirkung, wenn so viele Menschen eine Verkehrswende fordern und von der Industrie andere Fahrzeuge haben wollen", sagte Nickel. "Die Menschen wollen nicht einfach nur Auto fahren, sie wollen Mobilitätsangebote."
Dass die IAA Frankfurt verlasse, sei ein klares Zeichen, dass ein Wechsel stattfinde. (dpa/mer)
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