Als das Auto auf die Bühne fährt, werden im Publikum gleich hundertfach die Aufnahmeknöpfe der Smartphones gedrückt: Mit einer nahezu hollywoodreifen Inszenierung hat Daimler auf der CES sein Showcar für die Zukunft präsentiert. Der Mercedes AVTR blinkt mit dem Strip in Las Vegas um die Wette und ist vom Blockbuster Avatar inspiriert. Er soll zeigen, wie sich Mensch und Maschine harmonisch in die Natur einfügen können.
"Der konsequente Schritt von Daimler zur Nachhaltigkeit hat mich von der Zusammenarbeit überzeugt", sagte der anwesende Avatar-Regisseur James Cameron bei der Keynote von Daimler-Chef Ola Källenius im Park Theatre in Las Vegas. Die Erhaltung der Natur sei inzwischen ein wichtiges Motiv seines Handelns. "In diesem Auto kann man die Zukunft spüren."
Seit rund eineinhalb Jahren haben sich Designer und Ingenieure von Daimler sowie Vertreter von James Camerons Produktionsfirma Lightstorm Entertainment gemeinsam Gedanken gemacht über die individuelle Mobilität der Zukunft. Herausgekommen ist ein Showcar, das mit seinen runden Reifen aussieht wie eine Mischung aus Amphibien- und Mondfahrzeug.Ähnlich der Fortbewegung einer Krabbe kann das Auto sogar diagonal fahren.
Äußeres und inneres Design enthalten viele Anleihen aus dem Film. Die geschwungene Linienführung der Sitze kopiert beispielsweise die fliegenden Drachen, die auf dem fernen Mond Pandora durch die Lüfte schweben. Gleichzeitig erinnern sie an die Blätter, in denen das Volk der Na'vi für gewöhnlich die Nächte verbringt. Das Auto soll einem lebenden Organismus ähneln. "Man fühlt sich eins mit ihm", schwärmt Mercedes-Designchef Gordon Wagener.
Die Steuereinheit auf der Mittelkonsole hebt und senkt sich wie der Brustkorb eines Tieres, sobald der Passagier Platz nimmt. "Wir wollten die physikalische Verbindung der Na'vi mit anderen Lebewesen darstellen", sagt Harmut Sinkwitz, Leiter Interieur-Design.
Organische Batterie an Bord
Die eigentliche Show aber beginnt mit der Nutzererfahrung. Während der Fahrt wird die Welt von Pandora auf das Cockpit projiziert. Es entsteht das Gefühl, als schwebe das Auto durch den Raum. Über eine einfache Handbewegung lassen sich Elemente der Na'vi-Welt wie Wind oder magnetische Felder sowie die Landschaft erkunden. „Es gibt keine Displays mehr, alles ist integriert in das Interieur“, sagt Klaus Frenzel, Leiter des Designs für Nutzererfahrung.
Selbstverständlich sind die Materialien so umweltfreundlich wie möglich. Sitzbezüge bestehen aus dem veganen Dinamica-Material, das über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg nachhaltig hergestellt wurde. Für die Holzapplikationen wurde Rattan verwendet, das schnell nachwächst und in Indonesien von Hand geerntet wird. Zwar finden sich erste Ansätze wie ein Dachhimmel aus recyceltem Material bereits im Elektroauto EQC. Noch aber sind solche nachhaltigen Stoffe deutlich kostspieliger als herkömmliche Lösungen.
Auch beim Antrieb blickt Mercedes weit in die Zukunft. Der Energiespeicher für den elektrischen Antrieb verzichtet gänzlich auf problematische Rohstoffe wie Kobalt oder Lithium. Stattdessen kommt eine organische Batterie auf Grundlage eines Wertschöpfungskreislaufes zum Einsatz. Tatsächlich gibt es vielversprechende Forschungsansätze in diese Richtung, eine Umsetzung in die Praxis dürfte aber noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Zwar wird der Mercedes AVTR ein Einzelstück bleiben und nie in Serie gehen. Elemente daraus könnten sich aber durchaus in zukünftigen Fahrzeuggenerationen wiederfinden. Spätestens in 20 Jahren dürften vor allem die nachhaltigen Materialien eine Selbstverständlichkeit sein. Dann nämlich will Mercedes seine Neuwagenflotte entsprechend den Pariser Klimazielen CO2-frei auf die Straße bringen.
Lesen Sie auch:
CES: Bosch wettet auf die Künstliche Intelligenz
Ola Källenius, Ivanka Trump und die Zukunft des Autos
CES 2020 in Las Vegas: Diese Technik haben Hersteller und Zulieferer im Gepäck
Norddeutscher Zulieferer vor der CES: Continental verheißt den "Wow-Faktor"
Bosch auf der CES 2020: Ein Kamerasystem für den Innenraum