Da geht besser nichts schief: Wenn VW Pkw in ein paar Monaten die ersten Neuwagen des Typs ID.3 an Kunden übergibt, sollte alles klappen. Sollte? Muss! Dieser reine Stromer ist 2020 das mit Abstand wichtigste Modell der Wolfsburger, bedeutsamer noch für das Wohl und Wehe des Kernlabels des VW-Konzerns als der Golf 8. Ja, der ID.3 ist von entscheidender Bedeutung für die Strategie des 12-Marken-Unternehmens insgesamt. Schließlich führen auch Seat, Škoda, Audi & Co. zeitnah zig E-Automobile ein, da darf der Boden gern schon bereitet sein.
Vor wenigen Tagen hat das "Schlüsseljahr der E-Mobilität" begonnen, wie VW-Chef Herbert Diess die kommenden zwölf Monate nennt. Mit dem ID.3 bringt VW ein Volumenauto auf den Markt, von dem sich der Konzernlenker buchstäblich bahnbrechende Erfolge erhofft. Der ID.3 ist jenes Fahrzeug, das Widerstände selbst in Kreisen gusseiserner Verbrennerfans brechen soll. Blockaden schleifen in den Köpfen potenzieller Käufer, die sich um hohe Anschaffungspreise und niedrige Reichweiten von E-Autos sorgen. Der ID.3 muss sitzen.
Das gilt für die Teams der Technischen Entwicklung unter Markenvorstand Frank Welsch, die zusammen mit jenen von "Digital Car & Services"-Chef Christian Senger unter anderem vom Start weg funktionsfähige und absolut verlässliche Software des "rollenden Computers" zu garantieren haben. Es gilt für Thomas Ulbrich und Andreas Tostmann, verantwortlich für E-Mobilität und Produktion/ Logistik, die Fahrzeuge von rundum tadelloser Qualität zu liefern haben. Und Jürgen Stackmann ist gefragt, der als Vertriebs- und Marketingchef die zum Teil noch skeptischen VW-Händler von den Vorzügen der E-Mobile überzeugen und in der Werbung so kluge wie nachhaltige Anreize zur Anschaffung eines Stromers schalten muss.
Eine Branche in Habtachtstellung
Ohne Zweifel: Der ID.3 darf schlichtweg kein Strohfeuer werden. Auch im Premiumbereich, etwa beim Taycan von Porsche, ist der VW-Konzern zum Erfolg seiner Elektroautos verdammt. Diess hat eine Transformation angestoßen, von der zurück schon angesichts der gewaltigen Investitionen kein kaufmännisch vertretbarer Weg führt. VW löst sich Schritt für Schritt von Benzin-, Diesel- und Gasantrieben – und steuert perspektivisch auf das unumkehrbare Ausrollen elektrifizierter Fahrzeuge zu. In China etwa, auf dem größten Einzelmarkt der Welt. Oder in den USA, jenem Land, in dem die Dieselkrise für VW ganz besonders schmerzlich war und ist. Auch in Europa, nicht zuletzt im heimischen Deutschland, wo E-Mobilität niemals funktionieren wird, sollte sie ausgerechnet der Marktführer vermasseln.
Potenzielle Kunden sind gespannt auf die Produktsubstanz des ID.3. Sämtliche Wettbewerber – kleine Start-ups ebenso wie Global Player – werden den Hochlauf sowie die Akzeptanz des rundlichen Stromers höchst interessiert verfolgen. Ob Opel oder BMW – alle Konkurrenten VWs, die ebenfalls auf Stromfahrt hoffen, würden letztlich selbst von einem Erfolg der Vorhut vom Mittellandkanal profitieren: Damit wäre das derzeit noch holprige Terrain für E-Mobile insgesamt schneller, tragfähiger geglättet. Die komplette Zunft der Zulieferer verfolgt gebannt, ob und wie und wo der ID.3 signifikant ins Surren kommt. Auch die Politik, von der VW immer wieder stärkeren Geleitschutz für E-Mobile fordert, in Form von Incentives und besserer Ladeinfrastruktur, richtet ihr Augenmerk verschärft auf den Wolfsburger Konzern.
VW hat diesen einen Schuss. Der ID.3 muss auf Anhieb ins Schwarze treffen.
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